Dritter Akt

 
Gemach im Königlichen Schlosse mit einem offenen Ausgang in der Mitte.

 Q 

Emma, die Jungfrauen

 

Erste Szene

Emma, Jungefrauen.

 
Emma mit ihren Jungfrauen; letztere in mehreren Gruppen beisammen, winden Kränze usw.
 
[N. 18 - Chor der Jungfrauen]

 N 

 

JUNGFRAUEN

Bald tönet der Reigen,  

Die Lust füllt das Herz,

Die Trauer muss schweigen,

Es weichet der Schmerz.

Die quälenden Plagen,

Die Sorgen entflieh'n,

In wonnigen Tagen

Wird Freude erblühn.

Bald tönet der Reigen,

Die Lust füllt das Herz,

Die Trauer muss schweigen,

Es weichet der Schmerz.

 

EMMA

Aus diesen Tönen strömet Lebenslust,

Ein süßer Hoffnungsstrahl in meine Brust,

Mögt ihr die Wahrheit mir verkünden,

Möcht' ich mein Glück einst wiederfinden!

Alles hait' ich aufgegeben,

Was das Herz mit Lust erfüllt,

Blühte mir ein neues Leben

Aus der Zukunft heitrem Bild.

 

JUNGFRAUEN

Ja, es blüht ein neues Leben

der Zukunft heitrem Bild.

EMMA

Blühte mir ein neues Leben,

Aus der Zukunft heitrem Bild.

Zusammen

DIE JUNGFRAUEN

Ja, es blüht ein neues Leben

Aus der Zukunft heitrem Bild.

 
 
König Karl tritt am Schlusse des Gesanges ein, nachdem er sich eine Zeitlang umgesehen.

<- König Karl

die Jungfrauen ->

 

Zweite Szene

Die Vorigen, Karl.

 

KÖNIG KARL

Mit Freude seh' ich, wie der Tochter edle Sorge  

Der tapfern Friedensbringer Heimkehr festlich hier

Bereitet... Es ist des Kriegers höchster Lohn,

Wird ihm von zarten Frauenhänden

Verdienter Dank mit frommer Huld gereicht.

O, wären sie zurück. Ich kann es mir nicht hehlen,

Mich quälet bange Unruh' um der Edlen Los.

EMMA

(gespannt und sictbar beklommen)

Wie meinst du das, mein Vater?

KÖNIG KARL

Zwei Tage sind verflossen und noch keine Spur von ihnen.

Nicht ferne ist des Maurenfürsten Sitz,

Und kurz und einfach ihre Sendung.

Sollt' ein Verrat?

EMMA

(einfallend)

Um aller Heil'gen Willen!

KÖNIG KARL

Sei unbesorgt. Die Ritter kenn' ich; Mut und Tapferkeit

Erfüllet ihre Brust, und einem Heere widersteht ihr Arm;

Den Einen nur kann... weniger erfahren...

Gefahr bedrohen... Eginhard...

EMMA

(unwillkürlich losbrechend)

Wohl gar verloren schon?

Ihr Himmelsmächte, schützet ihn!

KÖNIG KARL

(zu ihr tretend, ihre Hand nehemend, und sie scharf beobachtend)

Du nimmst den wärmsten Anteil, wie ich sehe.

EMMA

(ist vergebens bemüht, sich zu fassen)

Der Sehreck... die Angst... die Sorge...

(an seiner Brust)

O mein Vater!

KÖNIG KARL

Du kannst sie mir nicht bergen.

(für sich)

Ein furchtbarer Gedanke!... Wie? Bald soll sich's zeigen.

(zu ihr tretend, ernst aber mit Güte)

Wär' je ein Wunsch in Emmas Brust gediehn,

Der ihrem Vater fremd geblieben?

Hätt' sie's vermocht, dem Drang des Herzens nachzugeben,

Und mir verschwiegen, was sie still beschloß?

Wär' auch ein Frevel selbst die Tat?!...

Das erste Recht auf kindliches Vertrauen

Hat wohl der Vater; fordern darf er's selbst...

Du schweigst?

(streng)

Du hast mich hintergangen!

EMMA

(zu seinen Füßen, im Ausbruch des höchsten Schmerzes)

Vernimm es und verdamme mich!...

In stiller Liebe, hingegeben, die willkürlos

In unsrer Brust entstand, entglühten unsre Herzen.

KÖNIG KARL

Und du verschwiegst?

EMMA

Noch mehr!... Die Furcht

Vor deinem Zorn vermocht' uns,

selbst die Freundschafzt zu verraten.

KÖNIG KARL

Halt ein! Das konnte meine Tochter nicht.

EMMA

Verstoße sie! Sie hat's getan... in jener Nacht...

KÖNIG KARL

Sprich, Unglückselige!

EMMA

Unschuldig leidet Fierrabras.

KÖNIG KARL

Wär's möglich?

EMMA

Beim ewigen Gott, nicht er war's... Eginhard.

Für ihn ward schuldlos er zum Opfer,

Zur Flucht hat die Hand er ihm selbst geboten;

Nur Schein war sein Vergehn.

KÖNIG KARL

Zu viel!

(rufend)

Schnell, Fierrabras befreiet aus dem Kerker!

Ihm sei sein Recht in vollem Maß gegeben

Und seine Unschuld reich belohnt.

(zu Emma)

Du geh und büße; unwert bist du nun

Des Vaters Liebe.

EMMA

O Gnade, Vater! Mir und ihm!

 
[N. 19 - Quartett]

 N 

 

KÖNIG KARL

Bald, bald, bald wird es klar,  

die Tat muss ich ergründen.

Du hast des Vaters

milde Huld verschmäht,

Wohlan! Den Richter sollt

ihr in mir finden,

Der auf verdienten Lohn besteht.

EMMA

Wo werd' ich Trost

in meinem Leiden finden,

Da mir des Vaters

milde Huld entgeht?

Will er der heil'gen Bande

sich entbinden,

So hat mein Glück

ein wilder Sturm verweht.

KÖNIG KARL

Die Gnade muss weichen,

Mein Grimm nur erwacht;

Und soll sie erbleichen,

Ich dring' durch die Nacht

Zusammen

EMMA

Die Freuden entweichen,

Der Schreck nur erwacht,

Mich fassen die bleichen

Gestalten der Nacht.

 
Fierrabras wird, von Wachen begleitet, hereingeführt.

<- Fierrabras, Die Wachen, Ein Ritter

Die Wachen ->

 

Dritte Szene

Vorige, Fierrabras, Ein Ritter.

 

KÖNIG KARL

An meine Brust, Unschuldiger! Verratner!  

(zu Emma)

Sieh hier dein Werk und freu dich des Gelingens.

FIERRABRAS

Du weißt schon, Herr?

EMMA

O herbe Schmerzensstunde!

 

FIERRABRAS

Ich übte heil'ge Freundschaftspflicht,  

Laß dies Gefühl auch dem Barbaren,

Die Leidenstage, ach, sie waren

Für mich ein wohlverdient Gerich.

KÖNIG KARL

Noch fass' ich seine Worte nicht.

Zusammen

EMMA

Die Scham bedecket mein Gesicht.

 
In ganz zerrüttetem Zustande, stürzt atemlos Eginhard herein.

<- Eginhard

 

Fierte Szene

Vorige, Eginhard.

 

EGINHARD

Wo ist mein Königlicher Herr?  

EMMA, FIERRABRAS, KÖNIG KARL

Ha! Eginhard!

EGINHARD

(erstaunt, als er Fierrabras erblickt)

Ich bin's und fleh' um deinen Schutz!

Vom Maurenfürst gefangen,

Bezwungen immerdar,

Und treulos hintergangen

Seufzt deiner Treuen Schar.

KÖNIG KARL

Entsetzen bringst du, Unglücksbote,

Ich rufe Wehe über dich!

EGINHARD

Die Freunde rette erst vom Tode,

Dann treff' des Fluches Fülle mich!

(mit Eile)

Verworfen ward die Friedenskunde,

Und Kerkersschmach ward unser Los;

Dem Tod verfallen trauert Roland,

Und kann ich bald nicht Rettung bringen,

So harrt der andren gleiches Los.

EMMA, FIERRABRAS, KÖNIG KARL

Ha, schändlich!

KÖNIG KARL

Sprich, was ist zu tun?

EGINHARD

Die Mutigsten gib mir heraus

Von deinem tapfern Heere,

Und auf des Sturmes Flügeln

Eil' ich zur Rettung hin!

Vertraue mir die schöne Tat,

Vollführen will ich sie... und sterben!

EMMA

Zu schreckensvoll ist solche Tat,

Erliegen muss er, dem Verderben.

KÖNIG KARL

Vollbringen musst du sie, die Tat,

Und selbst im Tode Ruhm erwerben.

Zusammen

FIERRABRAS

Vollbringen musst du sie, die Tat,

Nach kühn vollbrachter Heldentat

Wirst du des Glückes Gunst erwerben.

EGINHARD

Vertraue mir die schöne Tat,

Vollführen will ich sie... und sterben!

 

KÖNIG KARL

(zu einem Ritter)  

Dass schnell sich alles rüste auf mein Wort,

Kein Tapfrer fehle auf dem Zuge;

den schönsten Sieg gilt's zu erringen.

 
(Der Ritter geht ab.)

Ein Ritter ->

 

KÖNIG KARL

(zu Eginhard)

Dich, undankbaren, drücken zwei Verbrechen,

Und zweifach ist dein Leben auch verwirkt.

Ist dir's zu tun, es wieder zu erringen,

Musst du den Freunden Schutz und Rettung bringen.

Du, Fierrabras, den Mut und Taten zieren,

Magst, wenn er fällt, die Kriegerscharen führen.

 
(König Karl geht ab.)

König Karl ->

 

Fünfte Scene

Vorige ohne Karl.

 

EGINHARD

O meine Emma! Einmal noch nenn' ich dich so  

Vor dem verratnen Freund, eh' mich

Des Todes bleiche Schrecken fassen.

Unendlich war mein Glück wie meine Liebe.

Leb wohl! Ich kehre nimmer wieder,

Und wenn du kannst, weih' eine Träne einst

Dem Frühgefallnen, der, weil er dich entbehrt,

Den Tod mit Lust gewählt. Leb ewig, ewig wohl!

EMMA

(an seinem Halse)

O bleibe, Eginhard! Du darfst nicht sterben!

FIERRABRAS

Er soll es nicht! Beim Ewigen!

So lang' noch Kraft in diesen Adern lebt.

Für euch... vernimm's, Prinzessin, jetzt,

Für die ich selbst mit heißer Sehnsucht glühte,

Für ihn, der meinem Herzen wert,

Eil' ich mit ihm, der Freundschaft heil'ge Pflicht zu lösen.

O, zaget nicht! Dem tapfern Roland konnt' ich nur erliegen

Es beugt kein andrer die geübte Kraft;

Der Mut entflamnt in oft bewährten Siegen,

Wir retten sie und sprengen ihre Haft!

 
[N. 20 - Terzett]

 N 

 

FIERRABRAS

Wenn hoch im Wolkensitze  

Der Götter Grimm erwacht,

Dann spott' ich ihrer Blitze,

Mich ruft der Sturm der Schlacht,

Um solchen Preis zu ringen,

Hol' ich den Siegerkranz;

Es muss die Tat gelingen

Imblut’gen Waffentanz.

Wenn der Götter Grimm erwacht

Mich ruft der Sturm der Schlacht,

Um solchen Preis zu ringen,

Hol' ich den Siegerkranz;

Es muss die Tat gelingen

Imblut’gen Waffentanz.

EGINHARD

Lebt wohl! Im todeskampfe klaget

Mein Herz und das verlorne Glück

EMMA

Dahin, wo all mein Hoffen taget

Sehnt sich um dich der trübe Blick.

FIERRABRAS

Laßt nicht vom Wahne euch betrüben

Geheim ist uns des Schicksals Lauf.

EMMA, EGINHARD

Die Seelen, die so treu verbunden,

Sie schweben bald vereint hinauf.

EMMA, EGINHARD

Bald endet die Leiden

Versöhnend der Tod,

Es heischet zu scheiden

Sein mächtig Gebot.

Leb wohl!

Es endet die Leiden der Tod.

Zusammen

FIERRABRAS

Bald endet die Leiden

Des Siegers Gebot,

Und lohnende Freuden

Verscheuchen die Not.

Es endet die Leiden

Des Siegers Gebot.

 
(Fierrabras mit Eginhard zur einen, Emma zur anderen Seite ab.)

Fierrabras, Eginhard, Emma ->

 
 

Sechste Szene

Das Innere des Turmes wie im Zweiten Akt.
Die Ritter, mit Ausnahme Rolands und Eginhards, sind um die erschöpfte Florinda beschdftigt, ihre Waffen liegen zerstreut auf dem Boden. Olivier steht beobachtend am Fenster.

 Q 

Die Ritter, Florinda, Olivier, Ogier

 

OGIER

Ergebt euch standhaft dem Geschick, noch ist  

Der Freund uns nicht verloren;

Denn Eginhard entkam. Auf eines Mauren Roß

Sah ich ihn deutlich dem Gedräng' entfliehn,

Als Roland kaum gefangen.

Auf ihn baut eure Hoffnung,

Denn bei den Unsern ist er schon, und eh'

Der Tag sich neigt, kommt Rettung aus dem Vaterlande.

FLORINDA

Und so lang, wähnt ihr, wird mein Vater zaudern?

O, ihr kennt ihn nicht! Was er beschlossen, pflegt

Er schnell entscheidend auszuführen.

Darum verzweifelt an des Teuren Leben!

O, würde mir mit ihm der Tod gegeben!

 
[N. 21a - Arie mit Chor]

 N 

 

FLORINDA

Des Jammers herbe Qualen  

Erfüllen dieses Herz,

Zum Grabe muss er wallen,

O unnennbarer Schmerz!

In bittrer Todesstunde

Fehlt ihm der Liebe Gruß,

Und nicht von Freundes Munde

Wird ihm der Scheidekuß.

DIE RITTER

Lass dein Vertraun nicht schwinden,

Noch leuchtet uns ein Hoffnungsstrahl,

Noch kann sich Rettung finden

Und spurlos flieht der Leiden Zahl.

FLORINDA

Mit des Geliebten Leben

Flieht auch das meine hin.

DIE RITTER

Vertrauen und Ergeben

Bringt lohnenden Gewinn.

FLORINDA

Und seines Todes Stunde

Bringt mir Verderben auch.

DIE RITTER

Des Herzens tiefste Wunde

Heilt froher Hoffnung Hauch.

FLORINDA

Und seines Todes Stunde

Bringt mir Verderben auch,

Mit des Geliebten Leben

Flieht auch das meine hin.

Zusammen

DIE RITTER

Heilt froher Hoffnung Hauch.

Vertrauen und Ergeben

Bringt lohnenden Gewinn.

 
 
[N. 21b - Marcia funebre (mit Melodram) und Ensemble]

 N 

 
(Olivier sieht erwartungsvoll durch das Fenster, die übrigen in höchster Spannung.)
 

FLORINDA, DIE RITTER

Welch neuer Schreck!  

Was ist geschehn?

OLIVIER

Vom Schlosse naht ein langer Zug von Volk begleitet

und Kriegern. Es schimmern Fackeln überall in den Reihen...

Sie nain dem Turm, jetzt halten sie...

Ein Holzstoß wird in Eil'errichtet...

DIE RITTER

(hinzu drängend)

Was sagst du?

OLIVIER

Der Haufe teilt sich.

FLORINDA

Was siehst du weiter?

OLIVIER

In ihrer Mitte...

(zurückbebend)

Ha!

FLORINDA

(dringend)

Was siehst du, Unglücksel'ger?

OLIVIER

(rasch)

Das Opfer ihrer Tücke... Roland!

FLORINDA, DIE RITTER

Ha! Ha!

 
(Florinda eilt, nachdem sie sich einen Augenblick besonnen, mit Anstrengung ihrer letzten Kräfte an das Fenster, stößt Olivier weg und ruft in Verzweiflung)
 

FLORINDA

Erbarmen, haltet ein!

Verlangt mein Leben

Und was ihr wollt,

Für ihn sei es gegeben!

(Sie eilt herab.)

DIE RITTER

Was ist zu tun?

Wer bringt ihm Rettung?

FLORINDA

(zu den Rittern)

Nun gibt's kein Mittel mehr,

als mit ihm sterben!

(Sie reißt ihren Schleier ab, knüpft ihn an eine auf dem Boden gelegene Lanze und streckt sie zum Fenster hinaus. Stummes Erstaunen der Ritter. Sie schreit aus dem Turm:)

Lasst ab von ihm!

Der Turm sei übergeben!

 

FLORINDA

(Wieder herab kommen zu den Rittern.)  

Jetzt schnell ans Tor hinab,

Die Riegel laßt erklirren,

Eh' sie zum Flammengrab

Den Freund, den teuren, führen.

Hinab! Hinab!

DIE RITTER

Ja, eilig nun hinab,

Laßt schnell die Riegel klirren,

Ins offne Flammengrab

Laßt mit dem Freund uns führen.

Hinab! Hinab!

Zusammen

FLORINDA

(Wieder herab kommen zu den Rittern.)

Jetzt schnell ans Tor hinab,

Die Riegel laßt erklirren,

Eh' sie zum Flammengrab

Den Freund, den teuren, führen.

Hinab! Hinab!

 
(Alle eilen ab.)

Florinda, Die Ritter ->

 
 
 

Siebte Scene

Platz vor dem Turme. Florindas Schleier flattert vom Fenster. Roland, von maurischen Kriegern umgeben. Alles sieht gespannt auf die Pforte des Turmes.

 Q 

Roland, Die Mauren

 
[N. 22 - Chor der Mauren und Ensemble]

 N 

 
(Im Anfange dieses Chores tritt der Maurenfürst ein; Gegen den Schlug des Chores öffnet sich die Pforte. Die Ritter und Florinda treten aus derselben. Gegenseitige Umarmung von seiten Rolands und der Ritter.)

<- Boland, Die Ritter, Florinda

 

DIE MAUREN

Der Rache Opfer fallen,  

Vergeblich war ihr Drohn,

Laut wird die Luft erschallen,

Empfangen sie den Lohn.

Zu spät ist nun ihr Flehen,

Hier gilt kein Widerstand,

Sie müssen untergehen

Durch strenge Richterhand.

Der Rache Opfer fallen, usw.

FLORINDA

(zu ihres Vaters Füßen)

Erbarmen fleht zu deinen Füßen

Die Tochter um den Freund gebeugt,

Laß deine Gnade mich nicht missen,

Wenn schon des Vaters Liebe schweigt.

BOLAND

Verworfene, mit ihnen teile

Der Strafe wohlverdientes Los!

Den Frevler kann kein Bitten retten.

FLORINDA

Ich lieb' ihn, hör es und vergib!

Hier an des Grabes nahem Rande

Ist er mein schwer erworbnes Gut,

Uns ketten ew'ger Treue Bande,

Um ihn verriet ich Glück und Blut.

BOLAND

Ich kenne dich nicht mehr,

Und aufgegeben hab' ich

Des Vaters milde Pflicht;

Dem Feinde hat der Sohn

sich leicht ergeben,

Die Tochter übt Verrat...

Ich kenn' euch nicht!

DIE RITTER

Kann dich ihr Schmerz nicht rühren?

Uns schone nicht, nur sie.

BOLAND

Mich kann ihr Schmerz nicht rühren,

Mit ihnen falle sie.

Zusammen

DIE MAUREN

Ihr Schmerz kann nicht verführen,

Verschonet ihrer nie.

BOLAND

Ergreift sie! Ergreift sie!

Fort! fort, fort, fort!

ROLAND

Die Tochter musst du, Wütrich, schonen!

Soll kein Gefühl in deinem Busen wohnen?

Die Tochter sollst du, Wütrich, schonen!

Zusammen

FLORINDA

Vergib, vergib!

 

BOLAND

Zum Tode fort! Den finstren Höllenmächten

Verfallen ist der Franken freche Brut!

DIE MAUREN

(bemächtigen sich Florindas und der Ritter)

Nie soll der Schwache mit dem Glücke rechten,

Denn jede Schuld zahlt er mit seinem Blut.

BOLAND

Zum Tode fort! Den finstren Höllenmächten

Verfallen ist der Franken freche Brut!

DIE RITTER

Zum grausen Tod in finstren Höllenmächten

Verdammet uns der Feinde tolle Wut.

Zusammen

DIE MAUREN

Nie soll der Schwache mit dem Glücke rechten,

Denn jede Schuld zahlt er mit seinem Blut.

 
(Die Rohre hinter der Bühne.)
 
Brutamonte in Eile hereinstrürzend.

<- Brutamonte

 

Achte Szene

Vorige, Brutamonte.

 

BRUTAMONTE

Herr, rüste dich und fliehe, wenn du kannst!  

Verheerend sind die Feinde eingedrungen:

Im wilden Sturm naht siegend ihre Schar,

Von einem Jüngling kühn geführt. Nicht möglich

Ist hier mehr Widerstand; die Unsern fliehen

Von Furcht und Schrecken übermannt, drum eile,

Dich selbst zu retten, wir beschützen dich.

FLORINDA, DIE RITTER

Die Rettung naht, die Hoffnung ist erfüllet.

BOLAND

Sie sollen ihrer Beute sich nicht freu'n,

Zu Boden schnell mit den Verrätern!

Ihr andern, folget mir!

 
Getümmel von außen, welches immer näher kommt. Die Mauren versammeln sich; ein Teil Maures derselben will mit gezückten Säbeln auf die Ritter eindringen, der Fürst reißt Florinda mit sich fort und eilt dem Turme zu.
 

Neunte Szene

Eginhard und Fierrabras dringen mit einem Haufen fränkischer Soldaten vor. Eginhard befreit die Ritter, Roland bemächtigt sich eines Schwertes, haut sich durch die Scharen und ereilt den Fürsten in dem Augenblick, als dieser mit Florinda in den Turm treten will. Mit der einen Hand entreißt er ihm Florinda, mit der anderen zückt er Schwert gegen den Fürsten, wird aber von dem herzueilenden Fierrabras in dem Augenblick aufgehalten, als er ihn durchbohren will.

<- Eginhard, Fierrabras, fränkischer Soldaten

 
Vorige, Eginhard, Fierrabras, fränkischer Soldaten.
 
 
[N. 23a - Finale III - Rezitativ]

 N 

 

FIERRABRAS

(zu Roland)  

Er ist mein Vater, halte ein!

FLORINDA

Verschone!

 
(Die Mauren erliegen. Die Ritter umarmen Eginhard.)
 

DIE RITTER

(zu Eginhard)

Hab Dank, du mutiger Erretter!

 
König Karl mit Emma und Gefolge erscheinen.

<- König Karl, Emma, Gefolge

 

Zehnte Szene

Vorige. König Karl mit Emma und Gefolge.

 
[N. 23b - Ensemble]

 N 

KÖNIG KARL

Der Sieg begleitet meine tapfern Heere,  

(zu Eginhard und Fierrabras)

Doch euch geziemt des Tages hohe Ehre.

 

KÖNIG KARL

Den Heldenruhm, den ihr erfochten,  

Ihm sei auch euer Glück verflochten.

(zum Fürsten)

Ihr saht das Glück sich günstig für uns wenden;

gefiel's Euch nun des Zwistes Grund zu enden.

BOLAND

Durch Wahn und Täuschung war mein Herz gebunden;

Sie sind besiegt - den Sohn hab' ich gefunden.

DIE RITTER UND DIE MAUREN

Die Tat ist gelungen,

Das Glück ist errungen,

Der Friede erwacht

Aus blutiger Nacht

Der Friede erwacht.

EGINHARD

(indem er sein Schwert zu des König Karls Füßen legt und auf ein Knie sinkt)

Nun naht der Frevler reuig zu des Richters Füßen,

Bereit, in harter Strafe seine Schuld zu büßen.

 

KÖNIG KARL

Gesündigt hast du frech an meiner Gnade.  

Zusammen

EMMA

O Gott!

 

KÖNIG KARL

Und irrtest selbst vom Freundschaftspfade.

Doch hat dein Mut meinen Zorn versönnt.

Der beste Demant aus der Königskrone

Sei dir dafür zum wohlverdienten Lohne.

(Er führt Emma zu Eginhard.)

EMMA

(entzückt)

Mein Vater!

EGINHARD

(kann sich von seinem Staunen kaum erholen)

O mein Königlicher Herr!

 

DIE RITTER UND DIE MAUREN

Gepriesen sei des Fürsten Huld,  

Der so belohnt versöhnte Schuld!

Gepriesen sei des Fürsten Huld.

KÖNIG KARL

(zu den Rittern)

Ihr edle Ritter, meines Reiches Zierde,

Ihr hebt des Thrones

hohen Flanz und Würde!

FIERRABRAS

(zum Fürsten, nachdem er Rolands Hand gefasst)

Wollt ihr beglücken in so schöner Stunde,

So reich die Hand zu ihrer Herzen Bunde.

BOLAND

(Florindas Hand in die Rolands legend)

Mög' sie Euch das erlittne Leid vergelten.

FLORINDA UND ROLAND

Wir sind vereint,

Errungen ist das Ziel!

KÖNIG KARL

(zu Fierrabras)

Und du mein Held,

der ernst sich selbst besieget

Und um den Freund

das Faterland bekrieget,

Wo ist ein Lohn,

den ich für dich bereite?

FIERRABRAS

(unter die Ritter tretend)

Den Weg des Ruhms zu bahnen,

An Kampfes Lust gewohnt,

Sei unter diesen Fahnen

Mir jede Tat gelohnt.

 
(Die Ritter bilden einen Kreis um ihn, fassen seine Hände, während die fränkischen Fahnen hoch geschwungen werden.)
 

DIE RITTER

Ja, folge unsren Fahnen,

An Siegeslust gewohnt,

Wo sie die Wege bahnen,

Wird hoch der Mut belohnt.

 
[N. 23c - Rezitativ und Schlussgesang]

 N 

KÖNIG KARL

Nun laßt des langersehnten Glücks uns freuen,

Den fernen Schmerz soll keine Macht erneuen.

 

KÖNIG KARL

Vereint durch Bruderbande

Gedeiht nur Menschenglück,

Es weilt im Vaterlande

So gern der Söhne Blick.

DIE RITTER UND DIE MAUREN

Nach langer Leiden Qualen

Erwacht die reine Lust,

Und Jubellieder schallen

Aus der entzückten Brust.

EGINHARD, FIERRABRAS, ROLAND, KÖNIG KARL

In Nebel zerronnen

Sind Schrecken und Pein,

Das Glück ward gewonnen

Durch Treue allein.

FLORINDA

In Nebel zerronnen

sind Schrecken und Pein,

Ja, gewonnen durch Treue allein.

EMMA

Das Glück ward gewonnen

durch Treue allein.

Zusammen

EGINHARD, FIERRABRAS, ROLAND, KÖNIG KARL

Ja, zerronnen sind Schrecken und Pein,

Ja, gewonnen durch Treue allein.

 

DIE RITTER UND DIE MAUREN

Nach langer Leiden Qualen

Erwacht die reine Lust,

Und Jubellieder schallen

Aus der entzückten Brust.

 
Der Vorhang fällt. Ende del oper.
 

Ende (Dritter Akt)

Erster Akt Zweiter Akt Dritter Akt

Gemach im Königlichen Schlosse mit einem offenen Ausgang in der Mitte.

Emma, die Jungfrauen
 

[N. 18 - Chor der Jungfrauen]

Jungfrauen, Emma
Bald tönet der Reigen
Emma, die Jungfrauen
<- König Karl
Emma, König Karl
die Jungfrauen ->

Mit Freude seh' ich

[N. 19 - Quartett]

Emma, König Karl
<- Fierrabras, Die Wachen, Ein Ritter
Emma, König Karl, Fierrabras, Ein Ritter
Die Wachen ->

An meine Brust, Unschuldiger! Verratner!

Fierrabras, Emma, König Karl
Ich übte heil'ge Freundschaftspflicht
Emma, König Karl, Fierrabras, Ein Ritter
<- Eginhard
Eginhard, Emma, Fierrabras, König Karl
Wo ist mein Königlicher Herr?

Dass schnell sich alles rüste auf mein Wort

Emma, König Karl, Fierrabras, Eginhard
Ein Ritter ->

Emma, Fierrabras, Eginhard
König Karl ->

O meine Emma! Einmal noch nenn' ich dich so

[N. 20 - Terzett]

Fierrabras, Eginhard, Emma
Wenn hoch im Wolkensitze
Fierrabras, Eginhard, Emma ->

Das Innere des Turmes wie im Zweiten Akt.

Die Ritter, Florinda, Olivier, Ogier
 

Ergebt euch standhaft dem Geschick

[N. 21a - Arie mit Chor]

[N. 21b - Marcia funebre (mit Melodram) und Ensemble]

Welch neuer Schreck!

Olivier, Ogier
Florinda, Die Ritter ->

Platz vor dem Turme. Florindas Schleier flattert vom Fenster. An der Seite ein Holzstoß.

Roland, Die Mauren
 

[N. 22 - Chor der Mauren und Ensemble]

Roland, Die Mauren
<- Boland, Die Ritter, Florinda
Roland, Die Mauren, Boland, Die Ritter, Florinda
<- Brutamonte

Herr, rüste dich und fliehe, wenn du kannst!

Roland, Die Mauren, Boland, Die Ritter, Florinda, Brutamonte
<- Eginhard, Fierrabras, fränkischer Soldaten

[N. 23a - Finale III - Rezitativ]

Er ist mein Vater, halte ein!

Roland, Die Mauren, Boland, Die Ritter, Florinda, Brutamonte, Eginhard, Fierrabras, fränkischer Soldaten
<- König Karl, Emma, Gefolge

[N. 23b - Ensemble]

Der Sieg begleitet meine tapfern Heere

König Karl, Boland, Chor, Eginhard
Den Heldenruhm, den ihr erfochten

Gesündigt hast du frech an meiner Gnade

[N. 23c - Rezitativ und Schlussgesang]

 
 
Erste Szene Zweite Szene Dritte Szene Fierte Szene Fünfte Scene Sechste Szene Siebte Scene Achte Szene Neunte Szene Zehnte Szene
Frauengemach im Königlichen Schlosse. Festlicher Prunksaal im Schlosse. Garten mit einem hellerleuchteten Flügel des Schlosses. Nacht. Freie Gegend über der französischen Grenze, von einer Anhöhe begrenzt, über welche die Ritter und später von... Gemach im Schlosse des Maurenfürsten Boland zu Agrimore, nach Art eines Zeltes, mit einem Vorhange... Gemach in einem festen Turme, mit einer starken eisernen Türe verschlossen. Einige Stufen führen zu Öffnung,... Gemach im Königlichen Schlosse mit einem offenen Ausgang in der Mitte. Das Innere des Turmes wie im Zweiten Akt. Platz vor dem Turme. Florindas Schleier flattert vom Fenster. An der Seite ein Holzstoß.
[N. 1 - Introduktion] [N. 2 - Duett] [N. 3 - Marsch und Chor] [N. 4a - Rezitativ und Chor] [N. 4b - Ensemble und Chor] [N. 4c - Rezitativ und Erzälung] [N. 4d - Ensemble und Chor] [N. 4e - Quartett mit Chor] [N. 4f - Marsch und Chor] [N. 5 - Duett] [N. 6а - Romanze (Duett)] [N. 6b - Rezitativ und Arie] [N. 6с - Ensemble und Chor] [N. 6d - Terzett] [N. 6е - Rezitativ] [N. 6f - Rezitativ, Terzett und Ensemble] [N. 6g - Quartett mit Chor] [N. 7 - Lied mit Chor] [N. 8a - Rezitativ, Marsch (mit Melodram) und Ensemble] [N. 8b - Duett mit Chor] [N. 9 - Duett] [N. 10 - Quintett] [N. 11 - Chor] [N. 12 - Terzett mit Chor] [N. 13 - Arie] [N. 14 - Chor der Ritter] [N. 15a - Melodram, Rezitativ und Ensemble] [N. 15b - Duett mit Chor] [N. 16 - Chor und Melodram] [N. 17a - Finale II - Terzett und Chor] [N. 17b - Melodram] [N. 18 - Chor der Jungfrauen] [N. 19 - Quartett] [N. 20 - Terzett] [N. 21a - Arie mit Chor] [N. 21b - Marcia funebre (mit Melodram) und Ensemble] [N. 22 - Chor der Mauren und Ensemble] [N. 23a - Finale III - Rezitativ] [N. 23b - Ensemble] [N. 23c - Rezitativ und Schlussgesang]
Erster Akt Zweiter Akt

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