FIERRABRAS
Heroisch-romantische Oper.
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Text Joseph KUPELWIESER.
Musik Franz SCHUBERT.
Uraufführung: 07.Mai 1835, Wien.
Personen:
KÖNIG KARL |
Bass |
EMMA seine Tochter |
Sopran |
ROLAND fränkische Heerführer |
Bariton |
OGIER fränkische Heerführer |
Tenor |
OLIVIER fränkische Heerführer |
Andere |
GUI VON BURGUND fränkische Heerführer |
Andere |
RICHARD VON DER NORMANDIE fränkische Heerführer |
Andere |
GERARD VON MONDIDUR fränkische Heerführer |
Andere |
EGINHARD Ritter an Karl's Hofe |
Tenor |
BOLAND Fürst der Mauren |
Bass |
FIERRABRAS sein Sohn |
Tenor |
FLORINDA seine Tochter |
Sopran |
MARAGOND ihre Vertraute |
Sopran |
BRUTAMONTE maurischer Anführer |
Bass |
Ein maurischer HAUPTMANN |
Andere |
Fränkische und Maurische Ritter und Krieger. Jungefrauen. Volk.
Ort und Handlung: An Ort König Karl's Hoflager, an der französischen Grenze und in Agrimore, dem Sitz des Maurenfürsten.
Frauengemach im Königlichen Schlosse.
Emma, ihre Jungfrauen.
Emma, mit weiblicher Handarbeit beschäftigt; ihre Jungfrauen, spinnend.
[N. 1 - Introduktion]
CHOR DER JUNGEFRAUEN
Der runde Silberfaden
Läuft sinnig durch die Hand;
Zum Frommen, nie zum Schaden,
Webt sich ein Liebespfand.
EINE JUNGFRAU
Wie er die Welt begrüßet,
Der Säugling, neu belebt,
Die Hülle ihn umfließet,
Von Spinnerhand gewebt.
JUNGFRAUEN
Der runde Silberfaden,
usw.
EINE JUNGFRAU
Am Tag der höchsten Freude:
Am frohen Hochzeitstag,
Formt schön zum Feierkleide,
Was Spinnerhand vermag.
JUNGFRAUEN
Der runde Silberfaden,
usw.
EMMA
(welche während des Gesanges in düsterem Nachdenken versunken blieb, aufstehend)
Noch eine Strophe hat die schöne Weise;
Zwar minder anmutsvoll, doch traurig wahr.
Sie paßt so sehr zu meiner Stimmung, dass
Ich meinem Herzen stets Erleichterung gewähre,
Indem ich ihre Worte wiederhole:
EMMA
Zur Hülle selbst im Grabe,
Zur Klag' um Treuebruch,
Webt sich als Spinnergabe
Das Grab- und Tränentuch.
EMMA, JUNGFRAUEN
Der runde Silberfaden
Läuft traurig durch die Hand,
Gedeiht zum ew'gen Schaden
Solch herbes Trauerpfand.
Eginhard, welcher während der letzten Strophe eingetreten und im Hintergrunde lauschend geblieben, tritt nach beendigtem Gesange vor.
Vorige, Eginhard.
EMMA
Ihr habt gelauscht... so wie ich merke.
Es ist nicht schön, die Geheimnisse der Damen
ungebeten erforschen zu wollen.
EGINHARD
(dem man seine heftige innere Bewegung ansieht)
Das ist fürwahr mein Zweck hier nicht,
Vielmehr... verzeiht, Prinzessin, eine
Frohe Botschaft ist es, die ich bringe.
EMMA
Mir? Und durch Euch?
Ja, dann muss sie wohl erfreulich lauten.
EGINHARD
(für sich)
Gerechter Himmel! Jetzt, gerade jetzt!
EMMA
So lasset mich sic hören.
EGINHARD
Euer Vater, unser König Karllicher Herr...
EMMA
Mein Vater?
Sprecht, o gebt mir Nachricht!
Habt Ihr von ihm eine frohe Kunde überbracht?
EGINHARD
Den Feind hat er besiegt,
Der Mauren Heer zerstreut, gefangen.
Die Edelsten der Führer hat er herberufen,
Um dem verwegnen Maurenfürsten
Ruh' und Friede zu gebieten.
EMMA
(mit Bangigkeit)
So ist er unterwegs?
EGINHARD
(bedeutungsvoll)
An seines Hofes Spitze naht er diesem Schlosse.
EMMA
(unwillkürlich erschreckend)
Ach!
(Die Fräulein erheben sich von ihren Sitzen und entfernen sich auf einen Wink Emmas.)
EGINHARD
(zu Emma)
Faßt Euch! Die Freude hat Euch übermannt, Prinzessin!
(Leise zu ihr, mit einem Blick auf die abgehenden Fraülein.)
Wir sind verloren, wenn Ihr euch verratet!
Emma, Eginhard.
EMMA
Wir sind allein, vielleicht zum letzten Male!
O, Eginhard! Die Seele fühlt nie empfundne Angst!
Was haben wir getan?
EGINHARD
Was unsere Herzen länger nicht verhehlen konnten:
Ihr, eines König Karls hohe Tochter,
Mit Anspruch auf die Weltenherrschaft ausgerüstet;
Ich, eines Edelmannes armer Sohn, kaum Ritter noch.
O, leicht wird es, mich zu verderben!
Ein Wort, ein Blick, und in den Abgrund taumelt
Der Verworfne, der es gewagt,
Nach eines König Tochter Herz und Hand zu heben.
EMMA
(mit Fassung, ihn tröstend)
Den König kennst du, so wie ich:
Streng ist er, doch auch mild,
Und Pflicht und Ehre sind ihm über Alles teuer.
Zwar würd' er, wenn er jetzt erführe,
Dass während er den Feind bekämpft,
Sich uns're Herzen liebevoll verbunden,
Mit seines Fluches Fülle uns beladen;
Doch hoff' ich Vieles von der Zeit und uns'rem Mute.
EGINHARD
Wie? Noch ein Strahl von Hoffnung soll mir lachen?
EMMA
Erringe sein Vertrauen:
Du hast schon seine Gunst. Ein weites Feld
Des Ruhmes und der Ehre steht dir offen:
Durchwandl' es kühn um mich;
Die Lieb sei dein Siegspanier.
Und stehst du dann am Ziele, vom Glück
Begünstigt und seines hohen Lohnes wert,
Dann lag zu seinen Füßen
Das Geständnis der Liebe bringen;
Er wird die Tochter nicht verderben,
Weil dem geprüften Freund
Sie Herz und Hand gereicht.
EGINHARD
O Emma! Süßes Himmelsbild!
Du gibst mir Muth und neues Leben wieder.
[N. 2 - Duett]
EGINHARD
O mög' auf froher Hoffnung Schwingen
Bald unser Glück der Nacht entziehn!
EMMA
Zum fernern Ziele laß uns ringen,
Mit reiner Sehnsucht heißem Glühn.
Zusammen
EGINHARD
O mög' auf froher Hoffnung Schwingen
Bald unser Glück der Nacht entziehn!
EMMA
Mit reiner Sehnsucht heißem Glühn.
EMMA UND EGINHARD
Treue Liebe wahrt die Seele
Sorgend in verschwiegner Brust;
Das Geschick, wie es auch quäle,
Lacht noch dem, der treubewusst.
(Ab.)
Festlicher Prunksaal im Schlosse.
König Karl, von Roland, Ogier, Olivier, Gui, Richard, Gerard, Eginhard und mehreren Großen seinem Geleite umgeben, naht in feierlichem Zuge und besteigt einen an der linken Seite errichteten Thron, während ihm von dem eindringenden Volke laute Huldigungen dargebracht werden. Ritter, Damen, Pagen und Trabanten. Letztere tragen die eroberten Trophäen voraus.
König Karl, Roland, Ogier, Olivier, Gui, Richard, Gerard, Eginhard, Geleite, Ritter, Damen, Pagen, Trabanten, Volke.
[N. 3 - Marsch und Chor]
MÄNNER UND RITTER
Zu hohen Ruhmespforten
Klimmt er auf schroffem Gleis;
Nicht frönt er schalen Worten,
Die Tat nur ist,
die Tat nur ist sein Preis.
FRAUEN UND JUNGFRAUEN
Den Sieger laßt uns schmücken,
Vom frischen Kranz umlaubt!
Mut strahlet aus den Blicken,
Der Lorbeer um das Haupt.
ALLE
Zu hohen Ruhmespforten,
usw.
KÖNIG KARL
(sich erhebend)
Des Himmels Segen hat der Waffen Glück begünstigt!
Frei stehen wir hier an unsren Grenzen;
Ersticket ist des Feindes tolle Wut,
Verbannt der Schreck des Krieges, darum soll,
Solang mein Zepter friedlich waltet
So hoff' ich es, kein Unheil dieses Land bedrohen.
Doch, daß auch der Erfolg den frommen Willen kröne,
Zieht als Gesandtschaft mit des nächsten Tages Grauen,
Ihr, Roland, Ogier und du, Eginhard...
(Eginhard fährt bestürzt zusammen, scheint sich aber in dem Augenblicke wieder zu fassen und verbeugt sich mit den Übrigen.)
KÖNIG KARL
Mit noch fünf anderen Edlen meines Heeres,
Ins Lager hin des Maurenfürsten.
Den Frieden bietet ihm und nachbarlichen Schutz,
Will er des Glaubens Wahrheit mit uns teilen
Und länger nicht versagen die geraubten Heiligtümer.
(Vom Throne steigend.)
Zieht hin und mit des Ew'gen Hilfe
Vollzieht erfolgreich das Geschäft, wenn ihr
des Sieges Beute erst geteilt.
[N. 4a - Rezitativ und Chor]
OGIER
Die Beute laß, o Herr, die Krieger teilen,
Uns lohnet deine Gunst.
ROLAND
KÖNIG KARL
So sprich, er ist gewährt!
ROLAND
KÖNIG KARL
Noch faß' ich nicht...
ROLAND
Während des folgenden Chores werden die gefangenen Mauren gebracht, welche zu des Königs Füßen fallen. Fierrabras befindet sich unter ihnen; er allein bleibt mit verschlungenen Armen stehen, ohne aufzublicken.
MÄNNER, RITTER, FRAUEN UND JUNGFRAUEN
Des Siegers Lohn,
Der Feinde Zahl,
Vor deinem Thron,
Hier nahn sie all!
[N. 4b - Ensemble und Chor]
KÖNIG KARL
Des Krieges Los hat euch mir übergeben,
Doch bang' euch nicht;
Im wilden Sturm der Schlacht selbst
Sei'n der Menschheit Rechte nicht vergessen!
Steht auf! Steht auf!
Zur Heimat kann ich euch nicht senden,
Doch wandle jeder frei in meinem Staat,
Bis segenvoll der Friede wiederkehrt.
MÄNNER, RITTER, FRAUEN UND JUNGFRAUEN
Dem Fürsten Heil, der Segen
und milde Eintracht beut!
Es sprießt auf seinen Wegen
Der Lohn der Ewigkeit.
O Heil dem Fürsten,
der milde Eintracht beut.
[N. 4c - Rezitativ und Erzälung]
KÖNIG KARL
(nachdem erden noch immer unbeweglich stehenden Fierrabras scharf beobachtet)
Wer bist du, dessen tiefgesenkter Blick die Erde sucht,
Ob Zorn, ob Scham dich leite? Sag an!
(Fierrabras macht eine Bewegung des Unwillens.)
KÖNIG KARL
Auch kühn bist du, wie ich erfahre.
ROLAND
KÖNIG KARL
Macht ihn verwegen;
Doch soll er Rede stehn!
Sag, kühner Fremdling, was bindet deine Sinne?
(scharf)
Gib mir Antwort!
FIERRABRAS
Verdammens wertes Schicksal!
ROLAND
(Zeichen des Unwillens von seiten Fierrabras.)
KÖNIG KARL
Darum ward er besiegt von einem Helden.
(zu Fierrabras, freudig)
Nur Mut! Solch edle Leute fessl' ich nicht.
ROLAND
KÖNIG KARL
Den Helden acht' ich nur.
ROLAND
KÖNIG KARL
An meinem Hof erwarte ihn der Friede.
ROLAND
KÖNIG KARL
(nach einigem Bedenken)
Du hast mein Wort,
Ich stell' ihn frei dir in die Siegerarme.
Emma naht mit ihren Jungfrauen und überreicht König einen Kranz.
[N. 4d - Ensemble und Chor]
EMMA
Der Landestöchter fromme Pflichten
Weihn, Edler, dir die Heldenzier;
Mir ward das Amt, es zu verrichten,
Ich reich' für sie den Kranz nun dir.
(König Karl schließt Emma zärtlich in die Arme.)
JUNGFRAUEN
Vaterhuld und milder Sinn
Schmückt den hohen Helden,
Seiner Tugenden Gewinn
Bleibt der Dank der Welten.
KÖNIG KARL
Mir dürft ihr, Gute, diesen Kranz nicht weihen;
Der Held des Tags hat ihn verdient.
(auf Roland zeigend)
Ihm, Roland, ihm, dem Sieger, und dem Heere,
Ihm gebt, ich gönn' sie gern, des Sieges Ehre.
Die Jungfrauen nahen, Roland läßt sich ehrfurchtsvoll und bescheiden auf ein Knie nieder tie, und empfängt den Kranz.
JUNGFRAUEN
Dir reichen wir mit Wonne
Den Kranz, du starker Held!
Sei unsers Glückes Sonne
Zum Schutz und Schirm gewählt.
(Während Roland den Kranz empfängt, hat der neben ihm stehende Fierrabras Emma erblickt und fährt in einer heftigen Bewegung zurück, doch so, daß es nur von Roland und Emma bemerkt wird. Emma tritt scheu zurück und stellt sich mit ihren Jungfrauen wieder an den Thron ihres Vaters auf
der entgegengesetzten Seite.)
FIERRABRAS
(unwillkürlich ausrufend)
Ha!
ROLAND
FIERRABRAS
Sie ist es!
ROLAND
FIERRABRAS
Und meine Liebe!
ROLAND
FIERRABRAS
Götter!
[N. 4e - Quartett mit Chor]
OGIER UND RITTER
Dem Erfolg vertrauen
Wir des Friedens Glück;
Nach des Kampfes Grauen
Kehrt die Ruh' zurück.
Zusammen
EMMA, EGINHARD
(zueinander)
Eine Nacht voll Grauen
Sieht der trübe Blick,
Einmal laß mich schauen
Noch mein fliehend Glück.
FIERRABRAS, ROLAND
Vor der Zukunft grauen
Läßt mich mein/ihn sein Geschick,
Auf den Zufall bauen
Muß ich/er all mein/sein Glück.
Zusammen
ROLAND
EGINHARD
(zu Emma)
Vor der Trennungsstunde
Wird im Schutz der Nacht
Dir von meinem Munde
Noch ein Gruß gebracht.
OGIER, KÖNIG KARL, RITTER
Dem Erfolg vertrauen,
usw.
EMMA
Vor der Trennungsstunde
Wird im Schutz der Nacht
Mir von seinem Munde
Noch ein Gruß gebracht.
FIERRABRAS
Schweigen ziemt dem Munde,
Weil Gefahr hier wacht,
Meines Herzens Wunde
Deck' des Schweigens Nacht.
Zusammen
EMMA, EGINHARD, FIERRABRAS, ROLAND
O Nacht voll Grauen!
OGIER, KÖNIG KARL, DIE RITTER
O Friedensglück!
Zusammen
OGIER, KÖNIG KARL, RITTER
Dem Erfolg vertrauen,
Wir des Friedens Glück;
Nach des Kampfes Grauen
Kehrt die Ruh' zurück.
EMMA, EGINHARD
Eine Nacht voll Grauen,
Sieht der trübe Blick,
Einmal laß mich schauen
Noch mein fliehend Glück.
FIERRABRAS
Vor der Zukunft grauen
Läßt mich mein,
Auf den Zufall bauen
Muß ich er all mein.
ROLAND
[N. 4f - Marsch und Chor]
MÄNNER UND RITTER
Zu hohen Ruhmespforten
Klimmt er auf schroffem Gleis;
Nicht frönt er schalen Worten,
Die Tat nur ist,
die Tat nur ist sein Preis.
FRAUEN UND JUNGFRAUEN
Den Sieger laßt uns schmücken,
Vom frischen Kranz umlaubt!
Mut strahlet aus den Blicken,
Der Lorbeer um das Haupt.
MÄNNER, RITTER, FRAUEN UND JUNGFRAUEN
Zu hohen Ruhmespforten,
usw.
(Während des Chores alle ab, bis auf Roland und Fierrabras.)
Fierrabras, Roland.
FIERRABRAS
Wie, dir, dir dank' ich meine Freiheit?
ROLAND
FIERRABRAS
So viele Großmut übst du an dem Feinde!
O, lehr auch mich die Heldentugend üben,
Mit deren Kraft du auch mein Herz gefangen.
ROLAND
FIERRABRAS
Unfreundliches Gestirn, das heute jedem Schritt mir folgt!
ROLAND
FIERRABRAS
So höre und beklage mich. - Nach meines Vaters Wunsch
Ging ich nach Welschland vor vier Jahren,
Die Schwester führt' ich mit und einen sicheren Begleiter,
der das Vertrauen des Vaters ganz besaß.
Rom sah ich staunend und die heiligen Gebäude,
Und schon wandt' damals sich
Mein Geist dem hohen Glauben zu;
Doch mehr als all das Hohe, Heilige,
Strahlt mir aus einer Jungfrau Blick,
Die dort wie ich, auch fremd, in furstlichem Geleite,
Das hohe Altertum verehrend angestaunt.
Oft sah ich sie, doch mehr auch nicht,
Und als mein Herz in erster Liebe Glut
Sich unverwandt ihr rein und ewig weihte,
Dann...
ROLAND
FIERRABRAS
War sie dem sehnsuchts vollen Blick entschwunden.
ROLAND
FIERRABRAS
So ist es, ja, und meine Schwester, so wie ich,
Lernt' einen Ritter aus des Fräuleins Zuge kennen;
Doch sie war glücklicher als ich.
ROLAND
FIERRABRAS
Der sie gekannt, geliebt und Gegenliebe fand,
Verschwand zugleich mit meinem hohen Bilde.
ROLAND
FIERRABRAS
Nie.
ROLAND
FIERRABRAS
Wie? - So muss ich endlich doch
An des Geschickes wunderbare Fügung glauben?
Vernimm es, Roland, und beklage mich:
In dieser Königstochter fand ich auch die Geliebte wieder...
Und der Erinn'rung Glut erwacht' in tiefbewegter Brust.
Mein Entschluß steht!... Von jeder Hoffnung fern
Will ich dem Land, dem Volk doch angehören,
Das meines Lebens höchste Güter mir bewahrt.
(Roland die Hand reicherd.)
Ich bleib'b ei dir und will der finstern Heimat gern entsagen,
So wie selbst hier der Liebe süßem Glück.
Du ziehe hin in meines Vaters Reich,
Dir ist's vergönnt, in meiner Schwester
Wieder die Geliebte dort zu finden.
Hast du des Friedens Werk ruhmwürdig erst vollbracht,
Dann magst du deines Glücks
An ihrer Seite dich erfreuen.
Ich bin gefasst, des Schicksals ärgsten Sturm zu tragen.
ROLAND
[N. 5 - Duett]
FIERRABRAS UND ROLAND
Laß uns mutvoll hoffen,
Wandeln auf der Bahn,
Die, dem Dulder offen,
Uns sich aufgetan.
In bescheidnen Blüten
Prangt des Lebens Kranz,
Nach des Sturmes Wüten
Lacht der Sonne Glanz.
Laß uns mutvoll hoffen, usw.
(Beide ab.)
Garten mit einem hellerleuchteten Flügel des Schlosses.
Nacht.
Eginhard kommt tiefsinnig; nachdem er wahrend des Ritornells durch längere Zeit umhergespäht, singt er zu einer Laute.
[N. 6а - Romanze (Duett)]
EGINHARD
Der Abend sinkt auf stiller Flur,
Es soll der Treue scheiden!
Ach! Erst vernimm der Liebe Schwur,
Muß er sein Glück schon meiden.
Sein Herz erbebt im Schlachtgetos,
Die Träne schwimmt im Blicke,
Sein herb Geschick, es reißt ihn los
Vom kaum gefühlten Glücke.
EMMA
(welche auf dem Balkon sichtbar geworden)
Doch kehrt er heim im Siegesglanz,
Dann naht der Tag der Weihe.
Der Liebe und des Ruhmes Kranz
Reicht ihm die Hand der Treue.
EMMA UND EGINHARD
Der Liebe und des Ruhmes Kranz
Reicht ihm die Hand der Treue.
(Emma verschwindet vom Balkon. Die Türe des Schlosses öffnet sich und wird schnell wieder geschlossen, nachdem Eginhard eingetreten.)
[N. 6b - Rezitativ und Arie]
(Fierrabras kommt von der entgegengesetzten Seite, mit gesenktem Haupte und verschlungenen Armen.)
FIERRABRAS
(bleibt plötzlich stehen)
Was quälst du mich, o Mißgeschick!
Will der Gedanke mich nicht fliehen?
Ich sauge Lust aus ihrem Blick.
Hinweg! Ach, mächtig fühl' ich's glühen!
In tiefbewegter Brust
Regt sich ein leises Sehnen,
Kaum meiner selbst bewusst,
Darf ich dies Glück nicht wähnen.
O schweig, betrognes Herz!
Verstummt, vergebne Klagen!
Dem Manne ziemt nicht Schmerz,
Er muss mit Fassung tragen.
In tiefbewegter Brust,
usw.
(Bewegung im Schlosse, die Fenster werden bald mehr, bald weniger erleuchtet.)
[N. 6с - Ensemble und Chor]
FIERRABRAS
Doch horch! Was regt sich noch in stiller Nacht?
Des Flügels Fenster sind erleuchtet.
Bald mit leisem Murren,
Bald mit wildem Lärm.
Zusammen
MÄNNER
(von innen, erst entfernt, dann immer näher)
Wo ist sie? Wo ist sie?
Schnell verschwunden ist jede Spur!
FIERRABRAS
Seltsam Treiben!
FIERRABRAS
Was mag das sein?
Mit Vorsicht will ich das Ende erwarten.
(tritt seitwärts)
MÄNNER
Ohne Weilen verfolgt die Spuren.
Schnell verschwunden ist jede Spur!
Wo ist sie? Wo ist sie?
Schnell verschwunden ist jede Spur!
Die Pforte des Schlosses öffnet sich plötzlich. Emma geleitet Eginhard und bedeckt ihn im Fliehen mit ihrem Schleier.
Emma, Eginhard, Fierrabras.
EMMA, EGINHARD
Angst und Schrecken
Tief erfassen,
Dumpf bedecken sie die Brust.
Zusammen
MÄNNER
Ohn' Verweilen
Verfolgt die Spuren.
Schnell verschwunden ist jede Spur.
EMMA, EGINHARD
Angst und Schrecken
Tief erfassen,
Dumpf bedecken sie die Brust.
Flucht nur rettet,
Der verspätet schuldbewusst.
(Eginhard will auf der entgegengesetzten Seite entfliehen, wo er auf Fierrabras stößt. Emma steht vor Scbreck wie an den Boden gewurzelt.)
[N. 6d - Terzett]
FIERRABRAS
Ha, hier waltet ein Verrat!
(zu Eginhard)
So schnell nicht, als ihr wähnet!
EGINHARD
Ha! Fierrabras!
EMMA
Ha! Fierrabras!
FIERRABRAS
Wer ihr auch seid,
Die ihr des Hauses Ehre höhnet,
Zur Rache seht mich hier bereit!
EMMA
O schont! Erbarmt!
FIERRABRAS
(Eginhard anhaltend)
Götter! Emma!
EGINHARD
O laß mich fliehn!
FIERRABRAS
(ihn erkennend)
Wie, auch du?
Zusammen
FIERRABRAS
Was muss ich sehn! Weh mir!
EMMA
O schont! Erbarmt!
EGINHARD
O laß mich fliehn!
Zusammen
FIERRABRAS
Der Rache Glut ersticket in mir,
In mir des Mitleids Drang:
Er ist's, den sie beglücket,
Wie hart, wie hart ist dieser Zwang!
EGINHARD UND EMMA
Wie er verworren blicket,
Kaum birgt, kaum birgt er seinen Zwang.
Die Schuld, die mich bedrücket,
Erfüllt das Herz so bang.
EMMA
Schütze! Rette!
Zusammen
EGINHARD
(zu Fierrabras, ans Schwert greifend)
Durch deine Brust bahn' ich den Weg!
EMMA
O, schütze, schütze, rette, rette!
FIERRABRAS
(nach einer Pause, während eines sichbar innerem Kampf zu Eginhard, entschlossen)
So flieh, so flieh!
Glüht schon in mir die Rache,
Und brauchst du meinen Arm,
Gern biet' ich ihn.
EMMA, EGINHARD
Hab' Dank, du Retter in Gefahr!
EMMA, EGINHARD, FIERRABRAS
Leb' wohl, leb' wohl,
Dich des Himmels Schutz bewahren!
Leb' wohl, leb' wohl,
Mög' dich des Himmels Schutz bewahren!
Leb' wohl!
(Eginhard entflieht.)
Emma, Fierrabras
[N. 6е - Rezitativ]
FIERRABRAS
Nun fasset Mut! So sehr mein Herz auch bebt,
Kämpf' ich mit Pflicht und mein bewusstsein siegt.
(in merklicher Bewegung zu Emma)
Wollt Ihr mir folgen, hohe Königstochter,
Ich führ' euch bald an eures Vaters Brust.
EMMA
(erschrickt)
Nein, nimmermehr!
EMMA
O schone, ach erbarme!
Daß schnell dein Herz erwarme,
Sieh meiner Tränen Flut!
Lass nichts den Vater wissen,
Den Frevel würd' ich büßen
Mit des Geliebten Blut.
FIERRABRAS
Ja, zähle auf mein Schweigen!
Der Not will ich mich beugen
Mit männlich festem Mut.
Ja, zähle auf mein Schweigen!
(Fierrabras faßt Emma an der Hand, um sie in das Schloß zu geleiten; wie sie an der Pforte sind, tritt der König mit Gefolge aus derselben. Fierrabras und Emma beben.)
Vorige, König Karl, Gefolge
[N. 6f - Rezitativ, Terzett und Ensemble]
EMMA UND FIERRABRAS
Ha!
KÖNIG KARL
Wie? Emma hier? An des Barbaren Arm?
(zu Fierrabras)
So achtest du des Gastrechts heil'ge Sitten?
Verführer!
FIERRABRAS
Nein, zu viel! So wisset...
KÖNIG KARL
Ich weiß genug, dich zu verachten!
(zum Gefolge)
Eginhard!
(Einige aus dem Gefolge entfernen sich, um Eginhard zu holen.)
EMMA UND FIERRABRAS
Wie, ihn?
Zusammen
EMMA UND FIERRABRAS
Das Blut fühl' ich erstarren
Im Kampf mit Lieb' und Pflicht;
Wird er die Schuld gewahren,
Trifft uns/sie sein Strafgericht.
KÖNIG KARL
Mit Strenge zu verfahren
Gebeut mir Vaterpflicht;
In Haft muss ich ihn wahren,
Der so Verträge bricht.
Indem Eginhard aufgetreten, bebt er unwillkürlieh zurück und bleibt bis zum Schluß ängstlich und sichtbar betroffen.
Vorige, Eginhard.
KÖNIG KARL
Dich rief ich, Eginhard, den einzig Treuen,
Der meines Hauses Ehre stets bewacht.
In deine Hände stell' ich den Verräter,
Dass er den Frevel büß' in Kerkers Nacht!
EGINHARD
Was ist geschehn?
Weh mir!
KÖNIG KARL
Wohl wirst du staunen:
An Emma wagt' der Kühne sich vermessen,
Entführte mit Gewalt sie meinem Arm.
EGINHARD
Er nicht! Er nicht!
KÖNIG KARL
Mit Grund ist, Edler, dein Entsetzen,
Drum fort mit ihm!
EGINHARD
(für sich)
Vermag ich es?
KÖNIG KARL
Kein Mitleid!
Solch frevle Tat verdienet solchen Lohn.
Du zauderst? Fort! fort!
EGINHARD
(nach kurzem Kampfe zu des Königs Füssen)
O Herr, vergib!
Zusammen
EMMA UND FIERRABRAS
Ha, schweige!
KÖNIG KARL
Ich will's! Ich will's!
KÖNIG KARL
(mit einem Wink auf sein Gefolge)
Ihr haftet mir für ihn.
(Während man sich Fierrabras bemächtigt, welcher beinahe besinnungslos mit sich verfahren lässt, und Emma und Eginhard vor Angst und Screcken überwältigt scheinen, tönt ein Tropetenstoss worauf alle aufmerksam werden.)
KÖNIG KARL
Du hörst dies Zeichen, Eginhard,
Bald will es tagen,
An euer Werk ermahnt der frühe Ruf;
Drum eile, dich den Freunden zu gesellen,
Dass ihr die Friedenssendung klug vollbringt.
Eile, dich den Freunden zu gesellen,
Dass ihr die Friedenssendung klug vollbringt.
(auf Fierrabras deutend)
Für meinen Zorn bleib' er indes verwahrt.
Was er verbrach an meines Hauses Ehre,
Erheischt, dass es der Strafe Last vermehre.
Während des folgenden Chores kommen bei allmähligem Tagesanbruch mit Ritter und Krieger, welche zum Gesandtschaftszuge gehören. Sie führen eine weiße Fahne, eine Palme und mehrere Symbole des Friedens.
[N. 6g - Quartett mit Chor]
RITTER UND KRIEGER
Fort zum Siegesreigen
Auf sein Machtgeheiss!
Eures Ruhmes Zeugen
Bringt des Friedens Preis.
Zusammen
EMMA, EGINHARD, FIERRABRAS
Dulden nur und Schweigen
Ziemt um solchen Preis,
Und kein Blick darf zeigen
Was die Seele weiss.
KÖNIG KARL
Ernst und Strenge zeigen
Ist mir Pflichtgeheiß,
Vor des Frevels Zeugen
Werd' der Schmach er Preis.
Zusammen
RITTER UND KRIEGERS
Fort zum Siegesreigen,
Auf sein Machtgeheig!
Eures Ruhmes Zeugen
Bringt des Friedens Preis.
EMMA, EGINHARD, FIERRABRAS
Dulden nur und Schweigen
Ziemt um solchen Preis,
Und kein Blick darf zeigen
Was die Seele weiss.
KÖNIG KARL
Ernst und Strenge zeigen
Ist mir Pflichtgeheiß,
Vor des Frevels Zeugen
Werd' der Schmach er Preis.
Der Vorhang fällt.
Freie Gegend über der französischen Grenze, von einer Anhöhe begrenzt, über welche die Ritter und später von der entgegen gesetzten Seite die Mauren herabkommen.
Es ist Morgen.
Roland, Eginhard, Ogier, Olivier, Gui, Richard, Gerard, Ritter.
Roland, Eginhard, Ogier, Olivier, Gui, Richard, Gerard, Ritter und die übrigen Ritter mit der weißen Fahne, Palme und den übrigen Friedensinsignien. Eginhard trägt eine Harfe nach Art der Troubadours. Als sie am Abhang der Höhe stehen, kehren sie sich noch einmal nach der Seite, von welcher sie gekommen, und bleiben in dieser Richtung bis zu Ende des folgenden Gesanges.
[N. 7 - Lied mit Chor]
EGINHARD
Im jungen Morgenstrahle,
Den Blick dir zugewandt,
Grüß' ich zum letzten Male
Dich, teures Vaterland.
DIE RITTER
Im jungen Morgenstrahle,
usw.
ROLAND
DIE RITTER
Wie leichte Wolken ziehen,
usw.
EGINHARD UND ROLAND
O ew'ge Mächte weilet
Ob uns in milder Huld,
Eh' uns Verrat ereilet,
Befreit von Schmach und Schuld.
DIE RITTER
O ew'ge Mächte weilet,
usw.
ROLAND
OGIER
Nicht fern von hier haust jener freche Maurenfürst.
An seines Heeres Trümmern mag er sich nun ergötzen,
Da er den Frieden nicht gewollt.
ROLAND
OGIER
Verbannt sei jeder Übermut;
Der Sieger wisse den bezwungnen Feind zu ehren.
Ist's nicht so, Kampfgenossen?
GUI VON BURGUND
Dein Wort ist Gold.
RICHARD VON DER NORMANDIE
Und weise stets dein Rat.
GERARD VON MONDIDUR
Solch edlem Beispiel folget jeder gerne.
ROLAND
DIE RITTER
Die Feigen furcht' ich nicht, und waren's
Ihrer Tausende, sie kennen unsre Waffen!
ROLAND
EGINHARD
Ich folge.
(bleibt unbeweglich)
OGIER
Was fehlt dem Träumer? Immer ist er so.
ROLAND
EGINHARD
(bedeutungsvoll)
Nach der Heimat!
ROLAND
(Alle, bis auf Eginhard, ab)
Eginhard allein.
Ein Kummer, sagst du? Ach, des Lebens Überdruß
Erfüllt die bange Seele!
Unglücklich bin ich, ach!... So furchtbar... grenzenlos!
Und ihn, der Freunde edelsten, riss ich
Mit mir in des Verderbens Kluft!...
Was tat'st du, Elender, um dich zu retten,
Gabst du ihn leicht der Schande bloss!
Ach, Fierrabras! Wie werd' ich deines Vaters Blick ertragen?
Nein!
[N. 8a - Rezitativ, Marsch (mit Melodram) und Ensemble]
Schon während des vorhergehenden Rezitativs hat sich ein Trupp Mauren, von Brutamonte befehligt, auf der entgegengesetzten Anhöhe gezeigt; sie scheinen aus einer Gebirgsschlucht zu kommen. Als sie Eginhard erblicken, bleiben sie erst, ihn beobachtend, stehen... dann deuten sie auf die in der Entfernung wandernden Ritter, sehen ihnen durch längere Zeit nach, und als sie sie entfernt genug glauben, kommen sie von der Anhöhe herab und auf Eginhard zu. Eginhard hat sie wahrgenommen und tritt ihnen mit gezogenem Schwerte entgegen.
EGINHARD
Beschlossen ist's, ich löse seine Ketten!
Der Wunsch erfüllt mich ahndungsvoll und heiß;
Um ihn, den tiefgekrankten Freund, zu retten,
Geb' ich mein Leben, meine Liebe preis.
Eginhard, Brutamonte und Mauren.
EGINHARD
Verwegene! Was führt euch hierher?
BRUTAMONTE
Du trotzest, Franke?
Wohl, setz dich zur Wehre.
EGINHARD
Und gegen Einen wollt ihr alle streiten?
BRUTAMONTE
Du willst dir selbst dein Todeslos bereiten.
EGINHARD
Nicht Furcht ist's, die von euch mich zitternd hält,
Doch soll vergebens hier kein Blut mehr fließen.
Drum hört: Vom König Karl bin ich auserwählt
Mit einer Ritterschar, in Eil' beflissen,
Dem Maurenfürsten Frieden anzubieten;
Die Brüder folgen schützend meinen Schritten.
BRUTAMONTE
Uns willst du hintergehn?
EGINHARD
Wohlan, bald sollt ihr's sehn.
(Er stößt in sein Horn, welches nach einer Weile in der Entfernung und dann wahrend des Folgenden immer lauter und näher erwidert wird.)
BRUTAMONTE, DIE MAUREN
(aufmerksam horchend)
Was mag der Ruf bedeuten?
Seid wohl auf eurer Hut!
Mög' er Verrat bereiten,
So ströme bald sein Blut.
(Eginhard stößt ins Horn.)
EGINHARD
Bald wird sich's klar entscheiden,
Ich lache ihrer Wut;
Gefahren zu vermeiden,
Steh' ich in Freundes Hut!
Zusammen
BRUTAMONTE, DIE MAUREN
Was mag der Ruf bedeuten?
Seid wohl auf eurer Hut!
Mög' er Verrat bereiten,
So ströme bald sein Blut.
EGINHARD
Bald wird sich's klar entscheiden,
Ich lache ihrer Wut;
Gefahren zu vermeiden,
Steh' ich in Freundes Hut!
BRUTAMONTE
(zu den Mauren)
Schnell, eh' sie nahen, fasset ihn!
Zum Fürsten führt den Kühnen hin.
Zusammen
DIE MAUREN
(suchen sich Eginhards zu bemächtigen)
Willst du noch widerstehn?
Willst du noch, willst du noch?
Schnell mit dem Frevler,
Schnell mit ihm fort!
Er kann uns nicht entrinnen;
Verwahrt an sicher'm Ort
Mag er auf Ränke sinnen.
Er kann uns nicht entrinnen;
Verwahrt an sicher'm Ort
Schnell fort, schnell fort, schnell fort!
An sicher'm Ort!
EGINHARD
(sich wehrend)
Frei kann ich mit euch gehn.
Vertraut, vertraut des Mannes Wort,
Ich kann euch nicht entrinnen,
Verrat an diesem Ort
Wird euch kein Frommen bringen.
BRUTAMONTE
Schnell mit dem Frevler,
Schnell mit ihm fort!
Er kann uns nicht entrinnen.
Verwahrt an sicherm Ort
Mag er auf Ränke sinnen.
Schnell fort, schnell fort, schnell fort!
An sicher'm Ort!
(Die Mauren bemächtigen sich Eginhards, ziehen ihn mit Gewalt fort und verschwinden dann auf der Anhöhe.)
Roland, Ogier und die übrigen Ritter kommen zurück, nachdem sich die Mauren mit Eginhard entfernt haben.
[N. 8b - Duett mit Chor]
ROLAND, OGIER, DIE RITTER
Was ist ihm geschehn?
Was hat er begonnen?
Die Zeit ist verronnen.
Er ist nicht zu sehn.
OGIER, ROLAND
(hastig)
Verfolget die Spuren
lm hastigen Lauf,
ln Tälern und Fluren
Schnell suchet ihn auf.
DIE RITTER, OGIER, ROLAND
(indem sie sich verteilen)
Wir folgen den Spuren
lm hastigen Lauf,
In Tälern und Fluren
Wir finden/suchen ihn auf.
Schnell, sucht ihn auf.
(Alle ab, zerstreut.)
Gemach im Schlosse des Maurenfürsten Boland zu Agrimore nach Art eines Zeltes, mit einem Vorhange geschlossen.
Maragond, Florinda
MARAGOND
Wo schweift er wieder, der verlorne Blick,
Der sonst besonnen, seelenvoll erglühte?...
Laß, Teure, nicht im Traum der Phantasie
Das starke Herz der Truggestalt erliegen.
FLORINDA
O schöner Traum, du trosterfüllter Segen,
Der mir die ew'ge Ferne lebend malt,
Es ist der letzte, ach! des schlaffen Lebens!
MARAGOND
Und an ein Bild knüpfst leicht du dein Geschick,
Das nimmer dir gelinget zu erlangen?
FLORINDA
Ja, an ein Bild, das ewig mich umschwebt.
MARAGOND
Doch ohne Trost, es je zu sehn. Ermanne
Den trüben Geist! Die Jungfrau, mutvoll sonst,
Und männlich festen Sinns, sie bannt ein Zauber,
Entartet von sich selbst... O Teure, glaube,
Du hast ihn lang in Welschlands Gau'n gesehn.
Wo ist er nun?... In weiter Ferne... tot
Vielleicht schon jetzt! Vergeblich eignes Quälen.
Vernunft gebeut, Unmögliches zu tragen.
FLORINDA
Ach, immer neu erwacht der Sehnsucht Trieb!
Ich flieh' mich selbst, indem ich ihn nur suche.
Mein teurer Freund! Mein Roland! Ew'ges Sehnen
Zieht mich nach dir!
MARAGOND
O schweig, Betörte! Zittre!
Des Vaterlands und deines Vaters Feind
Ist er, bedenk, den du so frevelnd liebst.
FLORINDA
Nicht Vaterland, selbst nicht des Blutes Bande
Erschrecken mich; für ihn trotz' ich dem Tod,
ja selbst der Schande!
[N. 9 - Duett]
FLORINDA
Weit über Glanz und Erdenschimmer
Ragt meiner Wünsche hohes Ziel;
Und jedem Glück entsag' ich immer,
Lohnt mich der Liebe süß' Gefühl.
MARAGOND
O mög' der Schein dich nicht betören,
FLORINDA
Nur seiner Stimme Klang zu hören.
MARAGOND
Verrat ist der Gedanke schon.
Zusammen
FLORINDA
Nur seiner Stimme Klang zu hören
Ist aller Leiden höchster Lohn.
O könnt' ich es umfangen,
Das lieblich holde Bild!
Mein glühendes Verlangen
Wird nimmer wohl erfüllt,
Ach, nimmer erfüllt.
MARAGOND
Ja Verrat, Verrat ist Gedanke schon.
O mög' der Schein dich nicht betören,
Verrat ist der Gedanke schon.
Von trostlos stillem Bangen
Ist meine Brust erfüllt;
Ach, nie wird ihr Verlangen,
Nie ihre Lust gestillt.
Ach, nie gestillt.
MARAGOND
Birg deinen Schmerz, es naht der Vater!
Du kennst sein rauh' Gemüt.
FLORINDA
Bald soll er's wissen;
Ich trag es länger nicht, mein Glück zu missen.
Vorige, Fürst Boland, Brutamonte.
BOLAND
Ein Franke, sagst du? und wo habt ihr ihn gefunden?
BRUTAMONTE
An der Gebirgsschlucht, unfern von der Grenze,
Harrt' ich mit einer Schar noch von Getreuen;
Da ward ich ihn gewahr, und ohne Säumen ward
Er auch ergriffen, eh' es den Begleitern
Auf seines sans délai, Hornes Ruf gelang, zu nahen.
Er nennt sich einen Friedens... Abgesandten
Und frohe Botschaft, spricht er, bringt sein Kommen.
BOLAND
Was mag er bringen? Fierrabras' Geschick
Vielleicht verkündet er, wohl seinen Tod.
FLORINDA
O, armer Bruder! Wärst du denn verloren?
BOLAND
Er komme; doch ein furchtbar streng Gericht
Erwartet ihn und alle die Gefährten,
Erfahre ich des Sohnes Schreckenslos!
BRUTAMONTE
(in die Scene winkend)
Schon nahen sie mit ihm.
Vorige. Eginhard.
(Eginhard wird von den Mauren gebracht; sein Blick zeigt Schmerz und Verachtung.)
BOLAND
Nun, kühner Fremdling,
Erkläre dich, was in des Krieges Schrecken
Dich aus der Heimat fernem Lande riss?
EGINHARD
Bald stillst du's aus der Ritter Mund vernehmen,
die von mir durch dein ruchlos Volk getrennt.
Des Friedens froher Wunsch.
BOLAND
Noch eh' du endest,
sag, wo ist Fierrabras?
EGINHARD
(plötzlich erschreckend)
Gott!... Gefangen
Ward er im Kampfe jüngst von Roland...
FLORINDA
Von Roland?... Götter! Ach, er lebt?
BOLAND
Was sagst du?
FLORINDA
Ach, mein Bruder!
BOLAND
Wohl, moch lebt er;
Doch Schmach und Schande soll er nicht entragen,
Und ist er Held, wieder zu sterben wissen.
FLORINDA
(schnell)
O laß mich, Vater, ich will ihn befrei'n.
BOLAND
Du schwaches Weib? Was wähnst du!
FLORINDA
(wie vorher)
Fierrabras
Lös' ich mit einem Worte.
BOLAND
Törin! Scbweige!
EGINHARD
Die Freiheit hat der König Karl ihm gegeben.
BOLAND
Die Freiheit?... und doch kehrt er nicht zurück?
EGINHARD
(in sichtbare Unruhe)
Weh mir!... In neue Haft fiel durch Verrat
der edle Held...
(hält inne)
BOLAND
Wie das? Erzähle, dass
der Götter Fluch ich auf den Frevler lade!
EGINHARD
Durch einen Freund...
BOLAND
Wer ist der Unmensch? Sprich!
EGINHARD
Der falsche Freund... erfahr' es denn... bin ich!
BOLAND, FLORINDA, MARAGOND
Ha!
[N. 10 - Quintett]
BOLAND
Verderben denn und Fluch
Der falschen Frankenbrut!
Zusammen
FLORINDA
Des Zornes volle Macht
Wird er verdient erfahren;
Doch eine Hoffnung lacht
Mir selbst aus den Gefahren.
Ja, eine Hoffnung lacht!
MARAGOND
Des Zornes volle Macht
Wird er verdient erfahren;
Die Qual, die er gebracht,
Er muss sie selbst erfahren.
O welche Schreckensnacht!
EGINHARD
Er malt die Schreckensnacht
Mir furchtbar, die Gefahren,
Die Qual, die ich gebracht,
Ich muss sie selbst erfahren.
O welche Schreckensnacht!
BOLAND
Hinab in Todesnacht
Send' ich der Frevler Scharen,
Von meinem Zorn umwacht,
Verschlingen sie Gefahren.
Verderben denn und Fluch
Der falschen Brut!
Verderben denn und Fluch
Der falschen Franken!
BRUTAMONTE
Auf ihrer Größe Trümmer
Blüht unsers Ruhmes Ziel;
Das Herz entwöhnt sich nimmer
Der Rache blut'gem Spiel.
Verderben denn und Fluch
Der falschen Brut!
Ein maurischer Hauptmann tritt auf.
Vorige, Ein maurischer Hauptmann.
HAUPTMANN
Gesandte nahn vom Lager, Herr, der Franken.
EGINHARD
Sie sind's! Wohl mir, ich atme.
BOLAND
Ha, willkommen!
HAUPTMANN
Den Frieden bringen sie, doch auch den Krieg:
So lautet ihre Botschaft.
EGINHARD
Hör sie ruhig.
BOLAND
Die ersten Opfer zeigst du, Rache, mir!
Sie mögen nahn. Im hohen Fürstenglanze.
Empfang' ich sie, zur Strafe sind sie reif:
Dass mit dem Recht ich die Gewalt vergelte.
(Der Hauptmann geht ab.)
Der Vorhang der Zelt-Hinterwand wird geöffnet. Maurisch Volk, Krieger, Priester, Mädchen usw. nahen im feierlichen Zuge, ihnen folgen Roland, Ogier, Olivier, Gui, Richard, Gerard und die übrigen Ritter der Gesandtscbaft. Für den Fürsten wird ein praktikabler Thronhimmel gebracht, weleben er besteigt; die Führer seines Heeres umgeben ihn. Florinda bedeckt sich mit ihrem Schleier und bleibt auf den Stufen des Baldachins. Während des folgenden Chores erkennen die Ritter Eginhard, umarmen ihn und geben ihre Freude zu erkennen, indem sie ihn in ihre Mitte nehmen. Eginhard scheint anfangs erfreut, dann sinkt er aber in Trübsinn zurück. Die Ritter reihen sich mit ihren Insignien vor dem Throne.
Vorige, Volk, Krieger, Priester, Mädchen, Roland, Ritter.
[N. 11 - Chor]
MAUREN UND FRANKEN
Laßt Friede in die Hallen
Des Fürstensitzes ziehn.
Wenn Jubellieder schallen,
Muss auch die Palme blühn.
Ihr Himmelsmachte sendet
Die Ruhe diesem Land,
Der Gaben höchste spendet,
Der Eintracht heilig Band!
Wenn Jubellieder schallen,
Muss auch die Palme blühn.
ROLAND
BOLAND
(unterbrechend)
Eh' Ihr vermessen meinem Throne nahet,
Mögt Ihr der Sitte hier Euch unterziehn
Und Eurer Waffen stolzen Prunk entbehren;
es soll der Bittende nicht trotzend nahen.
ROLAND
FLORINDA
(auffahrend)
Götter!
Er ist es!
MARAGOND
Wer?
FLORINDA
(bewegt)
Den ich vermißte.
MARAGOND
Schweig!
ROLAND
(Er gibt mit den übrigen Rittern sein Schwert ab.)
BOLAND
Nun sprich!
Gegönnt sei dir das Wort.
ROLAND
BOLAND
Den Frieden? Wohl! Um welchen Preis?
ROLAND
FLORINDA
Mein Bruder!
ROLAND
BOLAND
(entrüstet auffahrend)
Wie?! Hatt' der Frevler das?
Dann treffe ihn mein Fluch und euch, Verruchte,
Die ihr nicht scheuet, dem gebeugten Vater
Solch schlimme Märe schamlos zu verkünden!
Euch soll der Tod in diesen Mauern finden!
Ergreift sie!
ROLAND, DIE RITTER
Uns schützet der Gesandtschaft Recht.
BOLAND
Der Feige ist des Mächt'gen schwacher Knecht.
[N. 12 - Terzett mit Chor]
BOLAND
Im Tode sollt ihr büssen,
Was Übermut gewagt;
Bald deckt zu meinen Füßen
Euch Nacht, die nimmer tagt.
ROLAND, DIE RITTER
Das Leben leicht zu lassen,
Ist frommer Ritter Pflicht;
Doch der ist schwer zu hassen,
Der Wort und Ehre bricht.
Zusammen
FLORINDA
O schütz ihn vor Gefahren,
Du ew'ge Himmelsmacht!
Muss ich ihn elend schauen,
Zur Rettung treibt's mich an.
BOLAND
Ihr sollt es bald erfahren,
Wie euch mein Grimm verlacht.
Fort! In des Kerkers Grauen
Bügt ihr den frevlen Wahn!
Im Kerker wachet für ihr Leben,
Bis sie der Strafe Arm ereilt.
DIE MAUREN
Bald sollen sie's erfahren,
Dass seine Rache wacht.
Auf Glück dürft ihr nicht bauen,
Bald ist's um euch getan.
Wir wachen strenge für ihr Leben,
Bis sie der Strafe Arm ereilt.
ROLAND, DIE RITTER
Mit männlichem Vertrauen
Gehn wir die Todesbahn.
Des König Karls Rache mach' dich beben,
Weil er zum Schutz der Freunde eilt.
FLORINDA
Ach Vater, hab Erbarmen!
BOLAND
Dich rührt ihr wohlverdientes Los?
FLORINDA
(für sich)
In des Geliebten Armen
Ereil' auch mich das Todeslos.
Das Todeslos.
Die Ritter werden nicht ohne Widerstand von maurischen Kriegern umgeben.
BOLAND, DIE MAUREN
Sie sollen erblassen
In heimlicher Not,
Die Feinde zu hassen
Ist Rachegebot.
Zusammen
FLORINDA, ROLAND, DIE RITTER
Das Leben zu lassen
In peinlicher Not,
Es heischet sich fassen
Zum schmählichen Tod.
BOLAND, DIE MAUREN
Sie sollen erblassen
In heimlicher Not,
Die Feinde zu hassen
Ist Rachegebot.
(Die Ritter werden mit Gewalt, von den Kriegern und dem Volk begleitet, abgeführt. Der Fürst enfernt sich mit seinem Gefolge. Florinda bleibt allein zurück.)
Florinda allein.
So ist er's denn! Doch wie muss ich ihn finden!
Mir kaum genaht und schon dem Tod verfallen!
O herber Lohn der treu bewahrten Liebe!
(nachsinnend, nach einer Pause, entschlossen)
Du willst es, Vater - wohl, ich bin gefasst.
Um ihn verleugn' ich selbst des Blutes Rechte,
Die schwach nur an des Lebens Gkick mich binden;
Ich rette ihn und gält's den höchsten Preis,
In mir soll er die Treue wiederfinden.
[N. 13 - Arie]
Die Brust, gebeugt von Sorgen,
Bestürmt des Schmerzes Glut;
Ja, tage, wilder Morgen,
Dein Segensgruß ist Blut!
Des Weibes sanfte Sitten
Zerstört der Drang der Not,
Und mit der Furien Wüten
Verbreit' ich Schreck und Tod!
Die Brust, gebeugt von Sorgen,
Bestürmt des Schmerzes Glut;
Ja, tage, wilder Morgen,
Dein Segensspruch ist Blut!
(Sie stürzt davon.)
Gemach in einem festen Turme, mit einer starken eisernen Türe verschlossen. Einige Stufen führen zu Öffnung, in Form eines Fensters, welches mit einem Gitter versehen ist. Das Gemach wird dem von Schimmer einer Lampe erhellt.
Einbrechende Nacht.
Eginhard, Roland, Ogier und die übrigen Ritter, teils sitzend, teils liegend. Wie der Zwischenvorhang hebt, erheben sie sich, reichen sich gegenseitig die Hände und versammeln sich im Vordergrunde.
[N. 14 - Chor der Ritter]
(ohne Instrumentail-Begleitung)
EGINHARD, OGIER, ROLAND, DIE RITTER
O teures Vaterland!
Verlassen weilt deiner Söhne treue Schar:
Den soll des Todes Graun erfassen,
Der deines Ruhmes Kämpfer war.
O teures Vaterland!
Ach, fern von heimischen Gefilden,
Droht des Verderbens bittre Schmach,
Und bald zerfließt in Luftgebilden
Die Hoffnung, die das Schicksal brach!
O teures Vaterland!
ROLAND
OGIER
Ergib dich, Freund, dem eisernen Geschicke,
Wie du, erwählt zur fürchterlichen Sühne,
Sich deine Brüder hier; drum fasse dich.
ROLAND
EGINHARD
Ich stürbe gern, drückt' eine Schuld mich nicht!
ROLAND
EGINHARD
Nicht das
Ist's, was mich quält. Am Rande des Verderbens
Vernehmet meine Schuld und fluchet mir!
Ich trag' sie ungetilget aus dem Leben.
DIE RITTER
Entsetzlich!
EGINHARD
Emma!
OGIER, ROLAND
(schnell einfallend)
Emma, die Prinzessin?
EGINHARD
Geheime Liebe bindet unsre Herzen.
ROLAND
EGINHARD
Noch mehr:
Vom König Karl überrascht bei unsrer Trennung,
Gilt Fierrabras für den Verführer und
Verhaftet wird der treue Freund um mich, l
Den Schein der Schuld mit reiner Seele tragend.
Kehr' ich nicht heim, den Frevel zu bekennen,
So fällt auch er durch mich, ein Opfer des Betrugs!
(Er sinkt auf einen Stein und bleibt ohne an fllem darauf Folgenden teilzunehmen, wie besinnungslos liegen.)
DIE RITTER
Ha, schändlicher Verrat!
ROLAND
[N. 15a - Melodram, Rezitativ und Ensemble]
Plötzliches Geräusch von außen, worauf alle, außer Eginhard, aufmerksam werden und sich der Pforte nähern.
DIE RITTER
Ha! Was ist das?
OGIER
Schon nahn des Wüterichs Schergen.
ROLAND
(Man hört einen dumpfen Schlag.)
OGIER
Die Pforte wird geschlossen.
OLIVIER
Auf der Treppe...
bewegt sich's nun
(Ogier steigt zur Öffnung hinauf.)
OGIER
Verwundet flieht ein Maure vom Tor des Turms.
Der Pförtner ist's. Was mag das sein?
OLIVIER
Die Nacht läßt's kaum mich unterscheiden.
(Gepolter an der Türe des Gemaches. Die Ritter in gespannter Erwartung.)
ROLAND
DIE RITTER
Es starrt das Blut mir in den Adern!
Das Schloß wird nach längerer Zeit mühsam eröffnet Die Tür fliegt auf. Florinda stürzt herein, in einer Hand ein Schwert, in der andern eine Leuchte haltend.
Vorige. Florinda.
DIE RITTER
(prallen erstaunt zurück)
Ein Weib!
FLORINDA
Wo ist er? Nicht des Todes Grauen
Hemmt meiner Schritte schnellen Lauf;
Nur ihn, den Teuren, muss ich schauen,
Dann flieh' des Lebens letzter Hauch!
Ach, mein Roland!
(Sie sinkt ermattet in die Arme der Ritter. Roland, welcher bei dem Rufe seines Namens aufmerksam geworden, beleuchtet Florinda mit der ihr entfallenen Leuchte.)
ROLAND
DIE RITTER
Wie? Wie? Diese wäre Florinda?
ROLAND
(Die Ritter sind beschäftigt, Wasser aus einem Geschirr zu holen, welches in der Ecke des Gemaches steht.)
ROLAND
FLORINDA
(Florinda schlägt die Augen auf.)
Wo bin ich? Wo bin ich?
ROLAND
[N. 15b - Duett mit Chor]
ROLAND
FLORINDA
Entzücken strömt und Leben
In die gequälte Brust,
Das Herz füllt Wonnebeben,
Die Seele Himmelslust.
FLORINDA UND ROLAND
Wie leicht wird so die Todesstunde,
Da Leben quillt vom teuren Munde.
Zusammen
DIE RITTER
Heil ihrer Herzen schönem Bunde,
Er muss gedeih'n in solcher Stunde.
ROLAND UND FLORINDA
Da Leben quillt vom teuren Munde.
ROLAND
FLORINDA
Das Herz fühlt Wonnebeben,
Die Seele Himmelslust.
BEIDE
Die Seele Himmelslust.
Zusammen
DIE RITTER
Heil ihrer Herzen schönem Bunde,
Er muss gedeih'n in solcher Stunde.
Heil dem schönem Bunde
Ihrer Herzen Bunde Heil.
FLORINDA UND ROLAND
Wie leicht wird so die Todesstunde,
Da Leben quillt vom teuren Munde.
OGIER
(zu ihnen tretend)
Nun fasset euch, gemessen ist die Frist,
Bedenkt, gezählet sind die Augenblicke,
Und die Gefahr, der Tod vielleicht schon nah.
FLORINDA
Ihm zu entgehn, bah' ich das Glück versucht,
Und bis hierher gelang das kühne Spiel!...
Verloren seid ihr, kann ich euch nicht retten.
In eure Haft gelang es mir, zu dringen,
Der schwache Arm hat starke Tat geübt;
Für euch... für dich, du Quelle meines Sehnens!
Von mir verwundet, floh der feige Wächter,
Und mächtig seid ihr nun der sichern Pforte;
Drum eilet, flieht, eh' noch des Vaters Grimm
Euch ganz erreicht, bald könnt' er rächend nah'n.
Ich flieh' mit euch,
(auf Roland)
nichts kann mich hier mehr binden;
O zaudert nicht! Im Dunkel dieser Nacht,
Eh' uns ein Späherblick erreicht...
ROLAND
[N. 16 - Chor und Melodram]
DIE RITTER
(zu Florinda)
Der Hoffnung Strahl, den du gegeben,
Er leiht uns Mut zu neuem Leben.
Mut! Mut!
OGIER
Nun rasch zur Tat!
ROLAND
DIE RITTER
Vor herber Leiden Qualen,
Aus harter Todesnot,
Laß uns zur Freiheit wallen,
O großer, ew'ger Gott!
Und süße Labung lege
Ins Herz, wenn Trost gebricht;
Die grauenvollen Wege
Erhell' der Hoffnung Licht!
Es erhebt sich ein Getümmel von außen, welches zunimmt und hauptsächlich aus dem Rufe der Trompeten und dem Wirbeln der Trommeln besteht.
DIE RITTER
Ha, neue Qual!
(Feldgeschrei der maurischen Krieger.)
FLORINDA
(die an das Fenster geeilt war)
Wir sind verraten!
Der Elende, den ich verjage, er eilte, schnell meine Tat
verkündend, zu dem Vater. Und nun wird Gewalt bezwingen!
ROLAND
(Vergrößerter Lärm von außen mit anhaltendem Pochen.)
OGIER
Schon nahen sie dem Tore. Vergebens!
Fest verschlossen trotzt es der eitlen Macht.
ROLAND
OLIVIER
Zum Sturme rüstet sich das Heer.
FLORINDA
(nach einigem Nachsinnen)
Wie? Waffen?
Besinn' ich mich, so liegt in den Gemächern
hier manche Rüstung noch verwahrt.
DIE RITTER
Laßt sehen!
FLORINDA
Ihr möget selbst euch überzeugen.
OGIER
(zu den Rittern)
Wohl, so folget mir!
Die Ritter ab bis auf Roland. Währenddessen hat das Getöse überband genommen. Geschrei, Trommeln und Trompeten verkünden den Sturm; aus dem Fenster sieht man die geschleuderten Feuerbrande vorüberfliegen.
ROLAND
Die Ritter kommen zurück mit Bogen, Pfeilen, Wurfspießen und anderen Waffen.
DIE RITTER
(freudig)
Gefunden ist der Schatz!
ROLAND
DIE RITTER
(unter sich)
Was mag er wollen?
ROLAND
(Die Trommeln währen fort.)
FLORINDA
Nein, nimmermehr!
ROLAND
FLORINDA
Du weihest dich dem Tod!
ROLAND
OGIER
Klug ersonnen,
Und Rolands wert ist dieser Plan.
ROLAND
FLORINDA
O bleib!
ROLAND
EGINHARD
(der zusehends an Rolands Worten Anteil genommen hat, drängend)
Mir sei's gegönnt, dich zu geleiten.
ROLAND
EGINHARD
(freudig)
O möchte erst der Rettung Werk gelingen,
Dann will ich gern mich selbst zum Opfer bringen!
ROLAND
OGIER
Zur Zinne schnell hinauf! - Euch leite Gott
Durch der Gefahren schreckensvolle Mitte.
[N. 17a - Finale II - Terzett und Chor]
(Die Ritter ergreifen Bogen, Pfeile etc. Das Stürmen währt fort.)
EGINHARD UND ROLAND
Uns führt der Vorsicht weise Hand
Für treue Lieb' und Vaterland.
DIE RITTER
Das Schwert mit Macht zu schwingen,
Wenn Recht und Freiheit bricht,
Der Rache Opfer bringen,
Ist heil'ge Ritterpflicht.
ALLE
Das Schwert mit Macht zu schwingen,
Wenn Recht und Freiheit bricht,
Der Rache Opfer bringen,
Ist heil'ge Ritterpflicht.
Uns (sie) führ' der Vorsicht weise Hand
Für treue Lieb' und Vaterland.
DIE RITTER
Das Schwert mit Macht zu schwingen,
usw.
EGINHARD, ROLAND, FLORINDA, DIE RITTER
Lebt wohl!
(Umarmung. Roland, Eginhard und die übrigen Ritter steigen bewaffnet durch die Pforte ab. Florinda allein, in immerwährender Beängstigung, bald eilt sie an das Fenster, bald nähert sie sich der Pforte. Unausgesetztes Stürmen.)
Florinda allein.
[N. 17b - Melodram]
Schützt ihn, ihr ew'gen Mächte!
Welche Wut! O dass er ihr entginge!
Ha, die Tapfern!
Schon von der Zinne fliegen
ihre Pfeile in der Verräter Schar!
Ils stehen staunend -
jetzt öffnet sich das Tor!
Mit blankem Schwert... Roland
stürztmit dem Jüngling durch die Scharen!
Sie brechen durch!
Dank euch, ew'ge Götter!
Er stößt auf neue Scharen...
kann er entfliehn?
Rings mäht sein Stahl!
Sie fallen, er ist frei!
(kniend)
Darf ich für seine Rettung euch schon danken?
(Sie steht auf und eilt wieder ans Fenster)
Doch sieh! Von Neuem sind sie im Gedränge!
(Der Sturm lässt allgemach nach.)
(angstvoll)
Ha! Sie umgeben ihn!
Rings wird es stiller!
Ihm nach fliegen die empörten Scharen.
Noch blinkt sein Schwert!
O Gott! So dicht umrungen!
Ihm bleibt kein Weg!
Es naht der Feind!
Sie dränen dichter sich!
O Schreckenstag! Er flieht!
Dort sch' ich ihn... hier... nun da!
Immer schrecklicher wird das Gewirre!
Er ist umringt! Weh ihm! O Höllenmarter!
Wo ist er?
Ach! Gelähmt scheint seine Kraft!
(Siegesgeschrei von außen: Triumph! Triumph!)
Die Ritter außer Eginhard e Roland stürzen zur Tür herein.
DIE RITTER
O Missgeschick!
FLORINDA
(schreit)
Gefangen!
(Sie sinkt zu Boden. Die Ritter umgeben sie und bemühen sich vergeblich, sie ins Leben zu bringen.)
DIE RITTER
Mut und Besinnung schwinden,
Ein düstres Todesgraun
Läßt mich nur Qualen finden,
Zerstört ist mein Vertraun.
(Entsetzen und Verzweiflung unter den Rittern.)
Der Vorhang fällt.
Gemach im Königlichen Schlosse mit einem offenen Ausgang in der Mitte.
Emma, Jungefrauen.
Emma mit ihren Jungfrauen; letztere in mehreren Gruppen beisammen, winden Kränze usw.
[N. 18 - Chor der Jungfrauen]
JUNGFRAUEN
Bald tönet der Reigen,
Die Lust füllt das Herz,
Die Trauer muss schweigen,
Es weichet der Schmerz.
Die quälenden Plagen,
Die Sorgen entflieh'n,
In wonnigen Tagen
Wird Freude erblühn.
Bald tönet der Reigen,
Die Lust füllt das Herz,
Die Trauer muss schweigen,
Es weichet der Schmerz.
EMMA
Aus diesen Tönen strömet Lebenslust,
Ein süßer Hoffnungsstrahl in meine Brust,
Mögt ihr die Wahrheit mir verkünden,
Möcht' ich mein Glück einst wiederfinden!
Alles hait' ich aufgegeben,
Was das Herz mit Lust erfüllt,
Blühte mir ein neues Leben
Aus der Zukunft heitrem Bild.
JUNGFRAUEN
Ja, es blüht ein neues Leben
der Zukunft heitrem Bild.
Zusammen
EMMA
Blühte mir ein neues Leben,
Aus der Zukunft heitrem Bild.
DIE JUNGFRAUEN
Ja, es blüht ein neues Leben
Aus der Zukunft heitrem Bild.
König Karl tritt am Schlusse des Gesanges ein, nachdem er sich eine Zeitlang umgesehen.
Die Vorigen, Karl.
KÖNIG KARL
Mit Freude seh' ich, wie der Tochter edle Sorge
Der tapfern Friedensbringer Heimkehr festlich hier
Bereitet... Es ist des Kriegers höchster Lohn,
Wird ihm von zarten Frauenhänden
Verdienter Dank mit frommer Huld gereicht.
O, wären sie zurück. Ich kann es mir nicht hehlen,
Mich quälet bange Unruh' um der Edlen Los.
EMMA
(gespannt und sictbar beklommen)
Wie meinst du das, mein Vater?
KÖNIG KARL
Zwei Tage sind verflossen und noch keine Spur von ihnen.
Nicht ferne ist des Maurenfürsten Sitz,
Und kurz und einfach ihre Sendung.
Sollt' ein Verrat?
EMMA
(einfallend)
Um aller Heil'gen Willen!
KÖNIG KARL
Sei unbesorgt. Die Ritter kenn' ich; Mut und Tapferkeit
Erfüllet ihre Brust, und einem Heere widersteht ihr Arm;
Den Einen nur kann... weniger erfahren...
Gefahr bedrohen... Eginhard...
EMMA
(unwillkürlich losbrechend)
Wohl gar verloren schon?
Ihr Himmelsmächte, schützet ihn!
KÖNIG KARL
(zu ihr tretend, ihre Hand nehemend, und sie scharf beobachtend)
Du nimmst den wärmsten Anteil, wie ich sehe.
EMMA
(ist vergebens bemüht, sich zu fassen)
Der Sehreck... die Angst... die Sorge...
(an seiner Brust)
O mein Vater!
KÖNIG KARL
Du kannst sie mir nicht bergen.
(für sich)
Ein furchtbarer Gedanke!... Wie? Bald soll sich's zeigen.
(zu ihr tretend, ernst aber mit Güte)
Wär' je ein Wunsch in Emmas Brust gediehn,
Der ihrem Vater fremd geblieben?
Hätt' sie's vermocht, dem Drang des Herzens nachzugeben,
Und mir verschwiegen, was sie still beschloß?
Wär' auch ein Frevel selbst die Tat?!...
Das erste Recht auf kindliches Vertrauen
Hat wohl der Vater; fordern darf er's selbst...
Du schweigst?
(streng)
Du hast mich hintergangen!
EMMA
(zu seinen Füßen, im Ausbruch des höchsten Schmerzes)
Vernimm es und verdamme mich!...
In stiller Liebe, hingegeben, die willkürlos
In unsrer Brust entstand, entglühten unsre Herzen.
KÖNIG KARL
Und du verschwiegst?
EMMA
Noch mehr!... Die Furcht
Vor deinem Zorn vermocht' uns,
selbst die Freundschafzt zu verraten.
KÖNIG KARL
Halt ein! Das konnte meine Tochter nicht.
EMMA
Verstoße sie! Sie hat's getan... in jener Nacht...
KÖNIG KARL
Sprich, Unglückselige!
EMMA
Unschuldig leidet Fierrabras.
KÖNIG KARL
Wär's möglich?
EMMA
Beim ewigen Gott, nicht er war's... Eginhard.
Für ihn ward schuldlos er zum Opfer,
Zur Flucht hat die Hand er ihm selbst geboten;
Nur Schein war sein Vergehn.
KÖNIG KARL
Zu viel!
(rufend)
Schnell, Fierrabras befreiet aus dem Kerker!
Ihm sei sein Recht in vollem Maß gegeben
Und seine Unschuld reich belohnt.
(zu Emma)
Du geh und büße; unwert bist du nun
Des Vaters Liebe.
EMMA
O Gnade, Vater! Mir und ihm!
[N. 19 - Quartett]
KÖNIG KARL
Bald, bald, bald wird es klar,
die Tat muss ich ergründen.
Du hast des Vaters
milde Huld verschmäht,
Wohlan! Den Richter sollt
ihr in mir finden,
Der auf verdienten Lohn besteht.
EMMA
Wo werd' ich Trost
in meinem Leiden finden,
Da mir des Vaters
milde Huld entgeht?
Will er der heil'gen Bande
sich entbinden,
So hat mein Glück
ein wilder Sturm verweht.
Zusammen
KÖNIG KARL
Die Gnade muss weichen,
Mein Grimm nur erwacht;
Und soll sie erbleichen,
Ich dring' durch die Nacht
EMMA
Die Freuden entweichen,
Der Schreck nur erwacht,
Mich fassen die bleichen
Gestalten der Nacht.
Fierrabras wird, von Wachen begleitet, hereingeführt.
Vorige, Fierrabras, Ein Ritter.
KÖNIG KARL
An meine Brust, Unschuldiger! Verratner!
(zu Emma)
Sieh hier dein Werk und freu dich des Gelingens.
FIERRABRAS
Du weißt schon, Herr?
EMMA
O herbe Schmerzensstunde!
Zusammen
FIERRABRAS
Ich übte heil'ge Freundschaftspflicht,
Laß dies Gefühl auch dem Barbaren,
Die Leidenstage, ach, sie waren
Für mich ein wohlverdient Gerich.
EMMA
Die Scham bedecket mein Gesicht.
KÖNIG KARL
Noch fass' ich seine Worte nicht.
In ganz zerrüttetem Zustande, stürzt atemlos Eginhard herein.
Vorige, Eginhard.
EGINHARD
Wo ist mein Königlicher Herr?
EMMA, FIERRABRAS, KÖNIG KARL
Ha! Eginhard!
EGINHARD
(erstaunt, als er Fierrabras erblickt)
Ich bin's und fleh' um deinen Schutz!
Vom Maurenfürst gefangen,
Bezwungen immerdar,
Und treulos hintergangen
Seufzt deiner Treuen Schar.
KÖNIG KARL
Entsetzen bringst du, Unglücksbote,
Ich rufe Wehe über dich!
EGINHARD
Die Freunde rette erst vom Tode,
Dann treff' des Fluches Fülle mich!
(mit Eile)
Verworfen ward die Friedenskunde,
Und Kerkersschmach ward unser Los;
Dem Tod verfallen trauert Roland,
Und kann ich bald nicht Rettung bringen,
So harrt der andren gleiches Los.
EMMA, FIERRABRAS, KÖNIG KARL
Ha, schändlich!
KÖNIG KARL
Sprich, was ist zu tun?
EGINHARD
Die Mutigsten gib mir heraus
Von deinem tapfern Heere,
Und auf des Sturmes Flügeln
Eil' ich zur Rettung hin!
Vertraue mir die schöne Tat,
Vollführen will ich sie... und sterben!
Zusammen
EMMA
Zu schreckensvoll ist solche Tat,
Erliegen muss er, dem Verderben.
FIERRABRAS
Vollbringen musst du sie, die Tat,
Nach kühn vollbrachter Heldentat
Wirst du des Glückes Gunst erwerben.
KÖNIG KARL
Vollbringen musst du sie, die Tat,
Und selbst im Tode Ruhm erwerben.
EGINHARD
Vertraue mir die schöne Tat,
Vollführen will ich sie... und sterben!
KÖNIG KARL
(zu einem Ritter)
Dass schnell sich alles rüste auf mein Wort,
Kein Tapfrer fehle auf dem Zuge;
den schönsten Sieg gilt's zu erringen.
(Der Ritter geht ab.)
KÖNIG KARL
(zu Eginhard)
Dich, undankbaren, drücken zwei Verbrechen,
Und zweifach ist dein Leben auch verwirkt.
Ist dir's zu tun, es wieder zu erringen,
Musst du den Freunden Schutz und Rettung bringen.
Du, Fierrabras, den Mut und Taten zieren,
Magst, wenn er fällt, die Kriegerscharen führen.
(König Karl geht ab.)
Vorige ohne Karl.
EGINHARD
O meine Emma! Einmal noch nenn' ich dich so
Vor dem verratnen Freund, eh' mich
Des Todes bleiche Schrecken fassen.
Unendlich war mein Glück wie meine Liebe.
Leb wohl! Ich kehre nimmer wieder,
Und wenn du kannst, weih' eine Träne einst
Dem Frühgefallnen, der, weil er dich entbehrt,
Den Tod mit Lust gewählt. Leb ewig, ewig wohl!
EMMA
(an seinem Halse)
O bleibe, Eginhard! Du darfst nicht sterben!
FIERRABRAS
Er soll es nicht! Beim Ewigen!
So lang' noch Kraft in diesen Adern lebt.
Für euch... vernimm's, Prinzessin, jetzt,
Für die ich selbst mit heißer Sehnsucht glühte,
Für ihn, der meinem Herzen wert,
Eil' ich mit ihm, der Freundschaft heil'ge Pflicht zu lösen.
O, zaget nicht! Dem tapfern Roland konnt' ich nur erliegen
Es beugt kein andrer die geübte Kraft;
Der Mut entflamnt in oft bewährten Siegen,
Wir retten sie und sprengen ihre Haft!
[N. 20 - Terzett]
FIERRABRAS
Wenn hoch im Wolkensitze
Der Götter Grimm erwacht,
Dann spott' ich ihrer Blitze,
Mich ruft der Sturm der Schlacht,
Um solchen Preis zu ringen,
Hol' ich den Siegerkranz;
Es muss die Tat gelingen
Imblut’gen Waffentanz.
Wenn der Götter Grimm erwacht
Mich ruft der Sturm der Schlacht,
Um solchen Preis zu ringen,
Hol' ich den Siegerkranz;
Es muss die Tat gelingen
Imblut’gen Waffentanz.
EGINHARD
Lebt wohl! Im todeskampfe klaget
Mein Herz und das verlorne Glück
EMMA
Dahin, wo all mein Hoffen taget
Sehnt sich um dich der trübe Blick.
FIERRABRAS
Laßt nicht vom Wahne euch betrüben
Geheim ist uns des Schicksals Lauf.
EMMA, EGINHARD
Die Seelen, die so treu verbunden,
Sie schweben bald vereint hinauf.
Zusammen
EMMA, EGINHARD
Bald endet die Leiden
Versöhnend der Tod,
Es heischet zu scheiden
Sein mächtig Gebot.
Leb wohl!
Es endet die Leiden der Tod.
FIERRABRAS
Bald endet die Leiden
Des Siegers Gebot,
Und lohnende Freuden
Verscheuchen die Not.
Es endet die Leiden
Des Siegers Gebot.
(Fierrabras mit Eginhard zur einen, Emma zur anderen Seite ab.)
Das Innere des Turmes wie im Zweiten Akt.
Die Ritter, mit Ausnahme Rolands und Eginhards, sind um die erschöpfte Florinda beschdftigt, ihre Waffen liegen zerstreut auf dem Boden. Olivier steht beobachtend am Fenster.
OGIER
Ergebt euch standhaft dem Geschick, noch ist
Der Freund uns nicht verloren;
Denn Eginhard entkam. Auf eines Mauren Roß
Sah ich ihn deutlich dem Gedräng' entfliehn,
Als Roland kaum gefangen.
Auf ihn baut eure Hoffnung,
Denn bei den Unsern ist er schon, und eh'
Der Tag sich neigt, kommt Rettung aus dem Vaterlande.
FLORINDA
Und so lang, wähnt ihr, wird mein Vater zaudern?
O, ihr kennt ihn nicht! Was er beschlossen, pflegt
Er schnell entscheidend auszuführen.
Darum verzweifelt an des Teuren Leben!
O, würde mir mit ihm der Tod gegeben!
[N. 21a - Arie mit Chor]
FLORINDA
Des Jammers herbe Qualen
Erfüllen dieses Herz,
Zum Grabe muss er wallen,
O unnennbarer Schmerz!
In bittrer Todesstunde
Fehlt ihm der Liebe Gruß,
Und nicht von Freundes Munde
Wird ihm der Scheidekuß.
DIE RITTER
Lass dein Vertraun nicht schwinden,
Noch leuchtet uns ein Hoffnungsstrahl,
Noch kann sich Rettung finden
Und spurlos flieht der Leiden Zahl.
FLORINDA
Mit des Geliebten Leben
Flieht auch das meine hin.
DIE RITTER
Vertrauen und Ergeben
Bringt lohnenden Gewinn.
FLORINDA
Und seines Todes Stunde
Bringt mir Verderben auch.
DIE RITTER
Des Herzens tiefste Wunde
Heilt froher Hoffnung Hauch.
Zusammen
FLORINDA
Und seines Todes Stunde
Bringt mir Verderben auch,
Mit des Geliebten Leben
Flieht auch das meine hin.
DIE RITTER
Heilt froher Hoffnung Hauch.
Vertrauen und Ergeben
Bringt lohnenden Gewinn.
[N. 21b - Marcia funebre (mit Melodram) und Ensemble]
(Olivier sieht erwartungsvoll durch das Fenster, die übrigen in höchster Spannung.)
FLORINDA, DIE RITTER
Welch neuer Schreck!
Was ist geschehn?
OLIVIER
Vom Schlosse naht ein langer Zug von Volk begleitet
und Kriegern. Es schimmern Fackeln überall in den Reihen...
Sie nain dem Turm, jetzt halten sie...
Ein Holzstoß wird in Eil'errichtet...
DIE RITTER
(hinzu drängend)
Was sagst du?
OLIVIER
Der Haufe teilt sich.
FLORINDA
Was siehst du weiter?
OLIVIER
In ihrer Mitte...
(zurückbebend)
Ha!
FLORINDA
(dringend)
Was siehst du, Unglücksel'ger?
OLIVIER
(rasch)
Das Opfer ihrer Tücke... Roland!
FLORINDA, DIE RITTER
Ha! Ha!
(Florinda eilt, nachdem sie sich einen Augenblick besonnen, mit Anstrengung ihrer letzten Kräfte an das Fenster, stößt Olivier weg und ruft in Verzweiflung)
FLORINDA
Erbarmen, haltet ein!
Verlangt mein Leben
Und was ihr wollt,
Für ihn sei es gegeben!
(Sie eilt herab.)
DIE RITTER
Was ist zu tun?
Wer bringt ihm Rettung?
FLORINDA
(zu den Rittern)
Nun gibt's kein Mittel mehr,
als mit ihm sterben!
(Sie reißt ihren Schleier ab, knüpft ihn an eine auf dem Boden gelegene Lanze und streckt sie zum Fenster hinaus. Stummes Erstaunen der Ritter. Sie schreit aus dem Turm:)
Lasst ab von ihm!
Der Turm sei übergeben!
FLORINDA
(Wieder herab kommen zu den Rittern.)
Jetzt schnell ans Tor hinab,
Die Riegel laßt erklirren,
Eh' sie zum Flammengrab
Den Freund, den teuren, führen.
Hinab! Hinab!
Zusammen
DIE RITTER
Ja, eilig nun hinab,
Laßt schnell die Riegel klirren,
Ins offne Flammengrab
Laßt mit dem Freund uns führen.
Hinab! Hinab!
FLORINDA
(Wieder herab kommen zu den Rittern.)
Jetzt schnell ans Tor hinab,
Die Riegel laßt erklirren,
Eh' sie zum Flammengrab
Den Freund, den teuren, führen.
Hinab! Hinab!
(Alle eilen ab.)
Platz vor dem Turme. Florindas Schleier flattert vom Fenster. Roland, von maurischen Kriegern umgeben. Alles sieht gespannt auf die Pforte des Turmes.
[N. 22 - Chor der Mauren und Ensemble]
(Im Anfange dieses Chores tritt der Maurenfürst ein; Gegen den Schlug des Chores öffnet sich die Pforte. Die Ritter und Florinda treten aus derselben. Gegenseitige Umarmung von seiten Rolands und der Ritter.)
DIE MAUREN
Der Rache Opfer fallen,
Vergeblich war ihr Drohn,
Laut wird die Luft erschallen,
Empfangen sie den Lohn.
Zu spät ist nun ihr Flehen,
Hier gilt kein Widerstand,
Sie müssen untergehen
Durch strenge Richterhand.
Der Rache Opfer fallen, usw.
FLORINDA
(zu ihres Vaters Füßen)
Erbarmen fleht zu deinen Füßen
Die Tochter um den Freund gebeugt,
Laß deine Gnade mich nicht missen,
Wenn schon des Vaters Liebe schweigt.
BOLAND
Verworfene, mit ihnen teile
Der Strafe wohlverdientes Los!
Den Frevler kann kein Bitten retten.
FLORINDA
Ich lieb' ihn, hör es und vergib!
Hier an des Grabes nahem Rande
Ist er mein schwer erworbnes Gut,
Uns ketten ew'ger Treue Bande,
Um ihn verriet ich Glück und Blut.
BOLAND
Ich kenne dich nicht mehr,
Und aufgegeben hab' ich
Des Vaters milde Pflicht;
Dem Feinde hat der Sohn
sich leicht ergeben,
Die Tochter übt Verrat...
Ich kenn' euch nicht!
Zusammen
DIE RITTER
Kann dich ihr Schmerz nicht rühren?
Uns schone nicht, nur sie.
DIE MAUREN
Ihr Schmerz kann nicht verführen,
Verschonet ihrer nie.
BOLAND
Mich kann ihr Schmerz nicht rühren,
Mit ihnen falle sie.
Zusammen
BOLAND
Ergreift sie! Ergreift sie!
Fort! fort, fort, fort!
FLORINDA
Vergib, vergib!
ROLAND
BOLAND
Zum Tode fort! Den finstren Höllenmächten
Verfallen ist der Franken freche Brut!
DIE MAUREN
(bemächtigen sich Florindas und der Ritter)
Nie soll der Schwache mit dem Glücke rechten,
Denn jede Schuld zahlt er mit seinem Blut.
Zusammen
BOLAND
Zum Tode fort! Den finstren Höllenmächten
Verfallen ist der Franken freche Brut!
DIE MAUREN
Nie soll der Schwache mit dem Glücke rechten,
Denn jede Schuld zahlt er mit seinem Blut.
DIE RITTER
Zum grausen Tod in finstren Höllenmächten
Verdammet uns der Feinde tolle Wut.
(Die Rohre hinter der Bühne.)
Brutamonte in Eile hereinstrürzend.
Vorige, Brutamonte.
BRUTAMONTE
Herr, rüste dich und fliehe, wenn du kannst!
Verheerend sind die Feinde eingedrungen:
Im wilden Sturm naht siegend ihre Schar,
Von einem Jüngling kühn geführt. Nicht möglich
Ist hier mehr Widerstand; die Unsern fliehen
Von Furcht und Schrecken übermannt, drum eile,
Dich selbst zu retten, wir beschützen dich.
FLORINDA, DIE RITTER
Die Rettung naht, die Hoffnung ist erfüllet.
BOLAND
Sie sollen ihrer Beute sich nicht freu'n,
Zu Boden schnell mit den Verrätern!
Ihr andern, folget mir!
Getümmel von außen, welches immer näher kommt. Die Mauren versammeln sich; ein Teil Maures derselben will mit gezückten Säbeln auf die Ritter eindringen, der Fürst reißt Florinda mit sich fort und eilt dem Turme zu.
Eginhard und Fierrabras dringen mit einem Haufen fränkischer Soldaten vor. Eginhard befreit die Ritter, Roland bemächtigt sich eines Schwertes, haut sich durch die Scharen und ereilt den Fürsten in dem Augenblick, als dieser mit Florinda in den Turm treten will. Mit der einen Hand entreißt er ihm Florinda, mit der anderen zückt er Schwert gegen den Fürsten, wird aber von dem herzueilenden Fierrabras in dem Augenblick aufgehalten, als er ihn durchbohren will.
Vorige, Eginhard, Fierrabras, fränkischer Soldaten.
[N. 23a - Finale III - Rezitativ]
FIERRABRAS
(zu Roland)
Er ist mein Vater, halte ein!
FLORINDA
Verschone!
(Die Mauren erliegen. Die Ritter umarmen Eginhard.)
DIE RITTER
(zu Eginhard)
Hab Dank, du mutiger Erretter!
König Karl mit Emma und Gefolge erscheinen.
Vorige. König Karl mit Emma und Gefolge.
[N. 23b - Ensemble]
KÖNIG KARL
Der Sieg begleitet meine tapfern Heere,
(zu Eginhard und Fierrabras)
Doch euch geziemt des Tages hohe Ehre.
KÖNIG KARL
Den Heldenruhm, den ihr erfochten,
Ihm sei auch euer Glück verflochten.
(zum Fürsten)
Ihr saht das Glück sich günstig für uns wenden;
gefiel's Euch nun des Zwistes Grund zu enden.
BOLAND
Durch Wahn und Täuschung war mein Herz gebunden;
Sie sind besiegt - den Sohn hab' ich gefunden.
DIE RITTER UND DIE MAUREN
Die Tat ist gelungen,
Das Glück ist errungen,
Der Friede erwacht
Aus blutiger Nacht
Der Friede erwacht.
EGINHARD
(indem er sein Schwert zu des König Karls Füßen legt und auf ein Knie sinkt)
Nun naht der Frevler reuig zu des Richters Füßen,
Bereit, in harter Strafe seine Schuld zu büßen.
Zusammen
KÖNIG KARL
Gesündigt hast du frech an meiner Gnade.
EMMA
O Gott!
KÖNIG KARL
Und irrtest selbst vom Freundschaftspfade.
Doch hat dein Mut meinen Zorn versönnt.
Der beste Demant aus der Königskrone
Sei dir dafür zum wohlverdienten Lohne.
(Er führt Emma zu Eginhard.)
EMMA
(entzückt)
Mein Vater!
EGINHARD
(kann sich von seinem Staunen kaum erholen)
O mein Königlicher Herr!
DIE RITTER UND DIE MAUREN
Gepriesen sei des Fürsten Huld,
Der so belohnt versöhnte Schuld!
Gepriesen sei des Fürsten Huld.
KÖNIG KARL
(zu den Rittern)
Ihr edle Ritter, meines Reiches Zierde,
Ihr hebt des Thrones
hohen Flanz und Würde!
FIERRABRAS
(zum Fürsten, nachdem er Rolands Hand gefasst)
Wollt ihr beglücken in so schöner Stunde,
So reich die Hand zu ihrer Herzen Bunde.
BOLAND
(Florindas Hand in die Rolands legend)
Mög' sie Euch das erlittne Leid vergelten.
FLORINDA UND ROLAND
Wir sind vereint,
Errungen ist das Ziel!
KÖNIG KARL
(zu Fierrabras)
Und du mein Held,
der ernst sich selbst besieget
Und um den Freund
das Faterland bekrieget,
Wo ist ein Lohn,
den ich für dich bereite?
FIERRABRAS
(unter die Ritter tretend)
Den Weg des Ruhms zu bahnen,
An Kampfes Lust gewohnt,
Sei unter diesen Fahnen
Mir jede Tat gelohnt.
(Die Ritter bilden einen Kreis um ihn, fassen seine Hände, während die fränkischen Fahnen hoch geschwungen werden.)
DIE RITTER
Ja, folge unsren Fahnen,
An Siegeslust gewohnt,
Wo sie die Wege bahnen,
Wird hoch der Mut belohnt.
[N. 23c - Rezitativ und Schlussgesang]
KÖNIG KARL
Nun laßt des langersehnten Glücks uns freuen,
Den fernen Schmerz soll keine Macht erneuen.
KÖNIG KARL
Vereint durch Bruderbande
Gedeiht nur Menschenglück,
Es weilt im Vaterlande
So gern der Söhne Blick.
DIE RITTER UND DIE MAUREN
Nach langer Leiden Qualen
Erwacht die reine Lust,
Und Jubellieder schallen
Aus der entzückten Brust.
EGINHARD, FIERRABRAS, ROLAND, KÖNIG KARL
In Nebel zerronnen
Sind Schrecken und Pein,
Das Glück ward gewonnen
Durch Treue allein.
Zusammen
FLORINDA
In Nebel zerronnen
sind Schrecken und Pein,
Ja, gewonnen durch Treue allein.
EGINHARD, FIERRABRAS, ROLAND, KÖNIG KARL
Ja, zerronnen sind Schrecken und Pein,
Ja, gewonnen durch Treue allein.
EMMA
Das Glück ward gewonnen
durch Treue allein.
DIE RITTER UND DIE MAUREN
Nach langer Leiden Qualen
Erwacht die reine Lust,
Und Jubellieder schallen
Aus der entzückten Brust.
Der Vorhang fällt. Ende del oper.
Ende.
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