Erster Akt

 

Erste Szene

Zimmer des Hauptmanns. Frühmorgens.
Hauptmann auf einem Stuhl vor einem Spiegel.
Wozzeck rasiert den Hauptman.

 Q 

Hauptmann, Wozzeck

 

HAUPTMANN

Langsam, Wozzeck, langsam! Eins nach dem Andern!  

(unwillig)

Er macht mir ganz schwindlich.

(bedeckt Stirn und Augen mit der Hand. Wozzeck unterbricht seine Arbeit. Hauptmann wieder beruhigt.)

Was soll ich denn mit den zehn Minuten anfangen,

die Er heut' zu früh fertig wird?

(energischer)

Wozzeck, bedenk' Er.

Er hat noch seine schönen dreissig Jahr' zu leben!

Dreissig Jahre: macht dreihundert und sechzig Monate

und erst wieviel Tage, Stunden, Minuten!

Was will Er denn mit der ungeheuren Zeit all' anfangen?

(wieder streng)

Teil' Er sich ein, Wozzeck!

WOZZECK

Jawohl, Herr Hauptmann!

HAUPTMANN

(geheimnisvoll)

Es wird mir ganz angst um die Welt,

wenn ich an die Ewigkeit denk'. "Ewig", das ist ewig!

Das sieht Er ein. Nun ist es aber wieder nicht ewig,

sondern ein Augenblick, ja, ein Augenblick!

Wozzeck, es schaudert mich, wenn ich denke,

dass sich die Welt in einem Tag herumdreht:

drum kann ich auch kein Mühlrad mehr sehn,

oder ich werde melancholisch!

WOZZECK

Jawohl, Herr Hauptmann!

HAUPTMANN

Wozzeck, Er sieht immer so verhetzt aus!

Ein guter Mensch tut das nicht. Ein guter Mensch,

der sein gutes Gewissen hat, tut alles langsam...

(fast gesprochen; im Takt)

Red' Er doch was, Wozzeck.

Was ist heut für ein Wetter?

WOZZECK

Sehr schlimm, Herr Hauptmann! Wind!

HAUPTMANN

Ich spür's schon, 's ist so was Geschwindes draussen;

so ein Wind macht mir den Effekt, wie eine Maus.

(pfiffig)

Ich glaub', wir haben so was aus Süd-Nord?

WOZZECK

Jawohl, Herr Hauptmann!

HAUPTMANN

(lacht lärmend)

Süd-Nord!

(lacht noch lärmender)

Oh, Er ist dumm, ganz abscheulich dumm!

(gerührt)

Wozzeck, Er ist ein guter Mensch,

(setzt sich in Positur)

aber...

(wie eine Fanfare)

Er hat keine Moral!

(mit viel Würde)

Moral: das ist, wenn man moralisch ist!

Versteht Er? Es ist ein gutes Wort.

(mit Pathos)

Er hat ein Kind ohne den Segen der Kirche...

WOZZECK

Jawo...

(unterbricht sich)

HAUPTMANN

...wie unser hochwürdiger Herr Garnisonsprediger sagt:

"Ohne den Segen der Kirche" - das Wort ist nicht von mir.

WOZZECK

Herr Hauptmann, der liebe Gott

wird den armen Wurm nicht d'rum ansehn,

ob das Amen darüber gesagt ist, eh' er gemacht wurde.

Der Herr sprach: "Lasset die Kleinen zu mir kommen!"

HAUPTMANN

(wütend aufspringend)

Was sagt Er da?! Was ist das für eine kuriose Antwort?

(mit det Stimme überschnappend)

Er macht mich ganz konfus!

Wenn ich sage: "Er", so mein' ich "Ihn", "Ihn"...

WOZZECK

Wir arme Leut!

Sehn Sie, Herr Hauptmann, Geld, Geld! Wer kein Geld hat!

Da setz' einmal einer Seinesgleichen

auf die moralische Art in die Welt!

Man hat auch sein Fleisch und Blut!

Ja, wenn ich ein Herr wär',

und hätt' einen Hut und eine Uhr und ein Augenglas

und könnt' vornehm reden,

ich wollte schon tugendhaft sein!

Es muss was Schönes sein um die Tugend, Herr Hauptmann.

Aber ich bin ein armer Kerl!

Unsereins ist doch einmal unselig

in dieser und der andern Welt!

Ich glaub', wenn wir in den Himmel kämen,

so müssten wir donnern helfen!

HAUPTMANN

(etwas fassungslos)

Schon gut, schon gut!

(beschwichtigend)

Ich weiss: Er ist ein guter Mensch,

(übertrieben)

ein guter Mensch.

(etwas gefasster)

Aber Er denkt zu viel, das zehrt.

Er sieht immer so verhetzt aus.

(besorgt)

Der Diskurs hat mich angegriffen.

Geh' Er jetzt, und renn' Er nicht so!

Geh' Er langsam die Strasse hinunter,

(Wozzeck will sich rasch entfernen)

genau in der Mitte, und nochmals,

geh' Er langsam, hübsch langsam!

 
(Wozzeck ab)

Wozzeck ->

 
Orchester-Nachspiel.
 
 

Zweite Szene

Freies Feld, die Stadt in der Ferne. Spätnachmittag.
Wozzeck und Andres schneiden Stöcke im Gebüsch.

 Q 

Wozzeck, Andres

 

WOZZECK

Du, der Platz ist verflucht!  

ANDRES

(weiter arbeitend; gesprochen)

Ach was!

(singt vor sich hin)

 

 

Das ist die schöne Jägerei,  

Schiessen steht Jedem frei!

Da möcht ich Jäger sein,

Da möcht ich hin.

 

WOZZECK

Der Platz ist verflucht!

Siehst Du den lichten Streif da

über das Gras hin,

wo die Schwämme so nachwachsen?

Da rollt Abends ein Kopf.

Hob ihn einmal Einer auf,

meint', es wär' ein Igel.

Drei Tage und drei Nächte drauf,

und er lag auf den Hobelspänen.

(Wozzeck arbeitet weiter)

ANDRES

Es wird finster, das macht Dir angst.

Ei was!

(hört mit der Arbeit auf, stellt sich in Positur und singt)

 

 

Läuft dort ein Has vorbei,

Fragt mich, ob ich Jäger sei?

Jäger bin ich auch schon gewesen,

Schiessen kann ich aber nit!

 
(Wozzeck unterbricht seine Arbeit.)
 

WOZZECK

Still, Andres! Das waren die Freimaurer!

 

ANDRES

Sassen dort zwei Hasen,

Frassen ab das grüne Gras.

(unterbricht den Gesang)

Zusammen

WOZZECK

Ich hab's! Die Freimaurer!

Still! Still!

 
(Beide lauschen angestrengt. Dann Andres selbst etwas beunruhigt; wie um Wozzeck und sich zu beruhigen.)
 

ANDRES

Sing lieber mit!

(ausgelassen gesungen)

Frassen ab das grüne Gras

Bis...

(unterbricht den Gesang)

WOZZECK

(stampft auf)

Hohl! Alles hohl!

ANDRES

...auf den Rasen...

Zusammen

WOZZECK

Ein Schlund! Es schwankt!

(er taumelt)

 

WOZZECK

Hörst Du, es wandert was mit uns da unten!  

(in höchster Angst, geschrieen)

Fort, fort!

(will Andres mit sich reißen)

ANDRES

(hält Wozzeck zurück)

He, bist Du toll?

WOZZECK

(bleibt stehn)

's ist kurios still. Und schwül.

Man möchte den Atem anhalten...

(starrt in die Gegend)

ANDRES

Was?

 
(Die Sonne ist im Begriff unterzugehen. Der letzte scharfe Strahl taucht den Horizont in das grellste Sonnenlicht, dem die wie tiefste Dunkelheit wirkende Dämmerung folgt.)
 

WOZZECK

Ein Feuer! Ein Feuer! Das fährt von der Erde in den Himmel

und ein Getös' herunter wie Posaunen.

(schreiend)

Wie's heranklirrt!

ANDRES

(mit geheuchelter Gleichgültigkeit)

Die Sonn' ist unter, drinnen trommeln sie.

 
(Packt die geschnittenen Stöcke zusammen.)
 

WOZZECK

Still, alles still, als wäre die Welt tot.

ANDRES

Nacht! Wir müssen heim!

 
(Beide gehen langsam ab.)

Andres, Wozzeck ->

 
Orchester-Nachspiel und beginnende Militärmusik hinter der Szene.
 
 

Dritte Szene

Mariens Stube. Abends. Die Militärmusik nähert sich.
Marie mit ihrem Kinde am Arm beim Fenster.

 Q 

Marie, Mariens Knabe

 

MARIE

Tschin Bum, Tschin Bum, Bum, Bum, Bum!  

Hörst Bub? Da kommen sie!

 
Die Militärmusik, mit dem Tambourmajor an der Spitze, gelangt in die Strasse vor Mariens Fenster.

<- Tambourmajor, Militärmusik

 
Margret auf der Strasse, sieht zum Fenster herein und spricht mit Marie.

<- Margret

 

MARGRET

Was ein Mann! Wie ein Baum!

MARIE

(spricht zum Fenster hinaus)

Er steht apf seinen Füssen wie ein Löw'.

 
(Der Tambourmajor grüsst herein. Marie winkt freundlich hinaus.)
 

Tambourmajor, Militärmusik ->

MARGRET

Ei was freundliche Augen, Frau Nachbarin!

So was is man an ihr nit gewohnt!

 

MARIE

(singt vor sich hin)  

Soldaten, Soldaten

sind schöne Burschen!

 

MARGRET

Ihre Augen glänzen ja!

MARIE

Und wenn! Was geht Sie's an?

Trag' Sie ihre Augen zum Juden und lass Sie sie putzen:

vielleicht glänzen sie auch noch,

dass man sie für zwei Knöpf' verkaufen könnt'.

MARGRET

Was Sie, Sie "Frau Jungfer"! Ich bin eine honette Person,

aber Sie, das weiss Jeder, Sie guckt sieben Paar lederne

Hosen durch!

MARIE

(schreit sie an)

Luder!

 
(schlägt das Fenster zu. Die Militärmusik ist plötzlich, als Folge des zugeschlagenen Fensters, unhörbar geworden. Marie ist allein mit dem Kind.)

Margret ->

 

MARIE

Komm, mein Bub!

Was die Leute wollen!

Bist nur ein arm' Hurenkind

und machst Deiner Mutter doch so viel Freud'

mit Deinem unehrlichen Gesicht!

(wiegt das Kind)

 

Eia popeia...  

Mädel, was fangst Du jetzt an?

Hast ein klein Kind und kein Mann!

Ei, was frag' ich darnach,

Sing' ich die ganze Nacht:

Eia popeia, mein süsser Bu',

Gibt mir kein Mensch nix dazu!

Hansel, spann' Deine sechs Schimmel an,

Gib sie zu fressen auf's neu,

Kein Haber fresse sie,

Kein Wasser saufe sie,

Lauter kühle Wein muss es sein!

(Das Kind ist eingeschlafen.)

Lauter kühle Wein muss es sein!

Lauter kühle Wein muss es sein!

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(Marie in Gedanken versunken.)
 
(Es klopft am Fenster. Marie fährt zusammen.)

<- Wozzeck

 

MARIE

Wer da?  

(aufspringend)

Bist Du's, Franz?

(das Fenster öffnend)

Komm herein!

WOZZECK

(zum Fenster hereinsprechend)

Kann nicht! Muss in die Kasern'!

MARIE

Hast Stecken geschnitten für den Major?

WOZZECK

Ja, Marie. Ach...

MARIE

Was hast Du, Franz? Du siehst so verstört?

WOZZECK

Pst, still! Ich hab's heraus!

Es war ein Gebild am Himmel,

und Alles in Glut!

Ich bin Vielem auf der Spur!

MARIE

Mann!

WOZZECK

Und jetzt Alles finster, finster...

Marie, es war wieder was,

(er überlegt)

vielleicht...

(geheimnisvoll)

Steht nicht geschrieben: "Und sieh,

es ging der Rauch auf vom Land,

wie ein Rauch vom Ofen."

MARIE

Franz!

WOZZECK

Es ist hinter mir hergegangen bis vor die Stadt.

(in höchster Exaltation)

Was soll das werden?!

MARIE

(ganz ratlos, versucht ihn zu beruhigen)

Franz! Franz!

(hält ihm den Buben hin)

Dein Bub!

WOZZECK

(geistesabwesend)

Mein Bub...

(ohne ihn anzusehn)

Mein Bub... jetzt muss ich fort.

 
(hastig ab)

Wozzeck ->

 

MARIE

(geht vom Fenster weg, allein mit dem Kind, betrachtet es schmerzlich)

Der Mann! So vergeistert! Er hat sein Kind nicht angesehn!

Er schnappt noch über mit den Gedanken!

Was bist so still, Bub. Fürch'st Dich?

Es wird so dunkel, man meint, man wird blind;

sonst scheint doch die Lantern' herein!

(ausbrechend)

Ach! Wir arme Leut.

Ich halt's nit aus... Es schauert mich!

 
(stürzt zur Tür)

Marie ->

 
Vorhang rascht zu.
 
Orchester Überleitung.
 
 

Vierte Szene

Studierstube des Doktors. Sonniger Nachmittag.

 Q 

Doktor

 
Wozzeck tritt ein. Der Doktor eilt hastig Wozzeck entgegen.

<- Wozzeck

 

DOKTOR

Was erleb' ich, Wozzeck? Ein Mann ein Wort? Ei, ei, ei!  

WOZZECK

Was denn, Herr Doktor?

DOKTOR

Ich hab's geseh'n, Wozzeck, Er hat wieder gehustet,

auf der Strasse gehustet, gebellt wie ein Hund!

Geh' ich Ihm dafür alle Tage drei Groschen?

Wozzeck! Das ist schlecht!

Die Welt ist schlecht, sehr schlecht! Oh!

WOZZECK

Aber Herr Doktor, wenn einem die Natur kommt!

DOKTOR

(auffahrend)

Die Natur kommt! Die Natur kommt!

Aberglaube, abscheulicher Aberglaube!

Hab' ich nicht nachgewiesen, dass das Zwerchfell

dem Willen unterworfen ist?

(wieder auffahrend)

Die Natur, Wozzeck! Der Mensch ist frei!

In dem Menschen verklärt sich die Individualität zur Freiheit!

(kopfschüttelnd, mehr zu sich)

Husten müssen!

(wieder zu Wozzeck)

Hat Er schon seine Bohnen gegessen, Wozzeck?

Nichts als Bohnen, nichts als Hülsenfrüchte! Merk' Er sich's!

Die nächste Woche fangen wir dann mit Schöpsenfleisch an.

Es gibt eine Revolution in der Wissenschaft:

(an den Fingern aufzählend)

Eiweiss, Fette, Kohlenhydrate;

und zwar: Oxyaldehydanhydride...

(plötzlich empört)

Aber, Er hat wieder gehustet...

(tritt auf Wozzeck zu; sich plötzlich beherrschend)

Nein! Ich ärgere mich nicht, ärgern ist ungesund,

ist unwissenschaftlich!

Ich bin ganz ruhig, / mein Puls hat seine gewöhnlichen Sechzig,

behüt, wer wird sich über einen Menschen ärgern!

Wenn es noch ein Molch wäre, der einem unpässlich wird.

(wieder heftig)

Aber, aber, Wozzeck, Er hätte doch nicht husten sollen!

WOZZECK

(den Doktor beschwichtigend)

Seh'n Sie, Herr Doktor, manchmal hat man so 'nen Charakter,

so'ne Struktur; aber mit der Natur ist's was ander's.

(knackt mit den Fingern)

Seh'n Sie, mit der Natur...

DOKTOR

Wozzeck.

WOZZECK

...das ist so... wie soll ich denn sagen...

zum Beispiel: Wenn die Natur... wenn die Natur... aus ist...

Zusammen

DOKTOR

Er philosophiert wieder! Was? Wenn die Natur...

 

WOZZECK

...wenn die Welt so finster wird,

dass man mit den Händen an ihr herumtappen muss,

dass man meint, sie verrinnt wie Spinnengewebe.

Ach, wenn was is und doch nicht is! Ach, Ach, Marie!

Wenn Alles dunkel is, und

(macht mit ausgestreckten Armen ein paar grosse Schritte durchs Zimmer)

nur noch ein roter Schein im Westen...

WOZZECK

...wie von einer Esse: an was soll man sich da halten?

Zusammen

DOKTOR

Kerl, Er tastet mit seinen Füssen herum,

wie mit Spinnenfüssen.

 

WOZZECK

(bleibt nahe beim Doktor stehen, vertraulich)

Herr Doktor. Wenn die Sonne im Mittag steht,

und es ist, als ging' die Welt in Feuer auf,

hat schon eine fürchterliche Stimme zu mir geredet.

DOKTOR

Wozzeck, Er hat eine Aberratio...

WOZZECK

(unterbricht den Doktor)

Die Schwämme! Haben Sie schon die Ringe

von den Schwämmen am Boden gesehn?

Linienkreise, Figuren, Wer das lesen könnte!

DOKTOR

Wozzeck, Er kommt ins Narrenhaus.

Er hat eine schöne fixe Idee, eine köstliche Aberratio

mentalis partialis, zweite Spezies!

Sehr schön ausgebildet!

Wozzeck, Er kriegt noch mehr Zulage!

Tut Er noch Alles wie sonst?: Rasiert seinen Hauptmann?

Fängt fleissig Molche?

Isst seine Bohnen?

WOZZECK

Immer ordentlich, Herr Doktor;

denn das Menagegeld kriegt das Weib: Darum tu' ich's ja!

DOKTOR

Er ist ein intressanter Fall, halt' Er sich nur brav!

Wozzeck, Er kriegt noch einen Groschen mehr Zulage.

Was muss Er aber tun?

WOZZECK

(ohne sich um den Doktor zu kümmern)

Ach, Marie!

DOKTOR

Was muss Er tun?

WOZZECK

Marie! Ah!

DOKTOR

Bohnen essen, dann Schöpsenfleisch essen, nicht husten,

seinen Hauptmann rasieren, dazwischen die fixe Idee pflegen!

(immer mehr in Ekstase geratend)

Oh! meine Theorie! Oh mein Ruhm!

Ich werde unsterblich! Unsterblich! Unsterblich!

(in höchster Verzückung)

Unsterblich!

(plötzlich wieder ganz sachlich, an Wozzeck herantretend)

Wozzeck, zeig' Er mir jetzt die Zunge!

 
(Wozzeck gehorcht.)
 
Orchester-Einleitung.
 
 

Fünfte Szene

Strasse vor Mariens Tür. Abenddämmerung.

 Q 

Marie, Tambourmajor

 

MARIE

(steht bewundernd vor dem Tambourmajor)  

Geh einmal vor Dich hin.

(Tambourmajor in Positur, macht einige Marschschritte)

Über die Brust wie ein Stier und ein Bart wie ein Löwe.

So ist Keiner! Ich bin stolz vor allen Weibern!

TAMBOURMAJOR

Wenn ich erst am Sonntag den grossen Federbusch hab', und

die weissen Handschuh! Donnerwetter! Der Prinz sagt immer:

"Mensch! Er ist ein Kerl!"

MARIE

(spöttisch)

Ach was!

(tritt vor ihn hin. Bewundernd)

Mann!

TAMBOURMAJOR

Und Du bist auch ein Weibsbild! Sapperment! Wir wollen

eine Zucht von Tambourmajors anlegen. Was?!

(er umfasst sie)

MARIE

Lass mich!

(will sich losreissen. Sie ringen miteinander)

TAMBOURMAJOR

Wildes Tier!

MARIE

(reisst sich los)

Rühr mich nicht an!

TAMBOURMAJOR

(richtet sich in ganzer Grösse auf und tritt nahe an Marie heran; eindringlich)

Sieht Dir der Teufel aus den Augen?!

(er umfasst sie wieder, diesmal mit fast drohender Entschlossenheit)

MARIE

Meinetwegen, es ist Alles eins!

 
(Sie stürzt in seine Arme und verschwindet mit ihm in der offenen Haustür.)

Marie, Tambourmajor ->

 

Ende (Erster Akt)

Erster Akt Zweiter Akt Dritter Akt

Zimmer des Hauptmanns. Frühmorgens.

Hauptmann, Wozzeck
 

Langsam, Wozzeck, langsam! Eins nach dem Andern!

Hauptmann
Wozzeck ->

(Orchester-Nachspiel.)

Freies Feld, die Stadt in der Ferne. Spätnachmittag.

Wozzeck, Andres
 

Du, der Platz ist verflucht!

 

 

Hörst Du, es wandert was mit uns da unten!

(Die Sonne ist im Begriff unterzugehen. Der letzte scharfe Strahl taucht den Horizont in das grellste Sonnenlicht, dem die wie tiefste Dunkelheit wirkende Dämmerung folgt.)

Andres, Wozzeck ->

(Orchester-Nachspiel und beginnende Militärmusik hinter der Szene.)

Mariens Stube. Abends.

Marie, Mariens Knabe
 

Tschin Bum, Tschin Bum, Bum, Bum, Bum!

Marie, Mariens Knabe
<- Tambourmajor, Militärmusik
Marie, Mariens Knabe, Tambourmajor, Militärmusik
<- Margret

Marie, Mariens Knabe, Margret
Tambourmajor, Militärmusik ->

Marie, Mariens Knabe
Margret ->

Marie, Mariens Knabe
<- Wozzeck

Wer da?

Marie, Mariens Knabe
Wozzeck ->

Mariens Knabe
Marie ->

(Orchester Überleitung.)

Studierstube des Doktors. Sonniger Nachmittag.

Doktor
 
Doktor
<- Wozzeck

Was erleb' ich, Wozzeck?

(Orchester-Einleitung.)

Strasse vor Mariens Tür. Abenddämmerung.

Marie, Tambourmajor
 

Geh einmal vor Dich hin

Marie, Tambourmajor ->
 
Erste Szene Zweite Szene Dritte Szene Vierte Szene Fünfte Szene
Zimmer des Hauptmanns. Frühmorgens. Freies Feld, die Stadt in der Ferne. Spätnachmittag. Mariens Stube. Abends. Studierstube des Doktors. Sonniger Nachmittag. Strasse vor Mariens Tür. Abenddämmerung. Mariens Stube. Vormittag, Sonnenschein. Strasse in der Stadt. Tag. Gasse vor Mariens Wohnungstür. Trüber Tag. Wirtshausgarten. Spät abends. Die Wirtshausmusik auf der Bühne beendet... Wachstube in der Kaserne. Nachts. Mariens Stube. Es ist Nacht. Kerzenlicht. Waldweg am Teich. Es dunkelt. Eine Schenke. Nacht. Schwaches Licht. Waldweg am Teich. Mondnacht wie vorher. Strasse vor Mariens Tür. Heller Morgen. Sonnenschein.
Zweiter Akt Dritter Akt

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