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[Ouvertüre] | N
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Erster Auftritt |
Der Hof des Staatsgefängnisses. Im Hintergrunde das Haupttor und eine hohe Wallmauer, über welche Bäume hervorragen. Im geschlossenen Tore selbst ist eine kleine Pforte, die für einzelne Fußgänger geöffnet wird. Neben dem Tore das Stübchen des Pförtners. Die Kulissen, den Zuschauern links, stellen die Wohngebäude der Gefangenen vor; alle Fenster haben Gitter, und die mit Nummern bezeichneten Türen sind mit, Eisen beschlagen und mit starken Riegeln verwahrt. In der vordersten Kulisse ist die Tür zur Wohnung des Gefangenenwärters. Rechts stehen Bäume mit eisernen Geländern eingefaßt, welche, nebst einem Gartentor, den Eingang des Schloßgartens bezeichnen. Marzelline plättet vor ihrer Tür Wäsche, neben ihr steht ein Kohlenbecken, in dem sie den Stahl wärmt. Jaquino hält sich nahe bei seinem Stübchen, öffnet die Tür mehreren Personen, die ihm Packete übergeben, welche er in sein Stübchen legt. |
Q
Marzelline, Jaquino
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[Nr. 1 - Duett] | N
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JAQUINO |
(verliebt und sich die Hände reibend)
Jetzt, Schätzchen, jetzt sind wir allein,
Wir können vertraulich nun plaudern.
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MARZELLINE |
(ihre Arbeit fortsetzend)
Es wird ja nichts Wichtiges sein,
Ich darf bei der Arbeit nicht zaudern.
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JAQUINO |
Ein Wörtchen, du Trotzige, du!
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MARZELLINE |
So sprich nur, ich höre ja zu.
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JAQUINO |
Wenn du mir nicht freundlicher blickest,
So bring ich kein Wörtchen hervor.
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MARZELLINE |
Wenn du dich nicht in mich schickest,
Verstopf ich mir vollends das Ohr.
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JAQUINO
Ein Weilchen nur höre mir zu,
Dann lass' ich dich wieder in Ruh'.
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Beide
MARZELLINE
So hab ich denn nimmermehr Ruh';
So rede, so rede nur zu.
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JAQUINO |
Ich habe zum Weib dich gewählet,
Verstehst du?
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MARZELLINE |
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JAQUINO |
Und, wenn mir dein Jawort nicht fehlet,
Was meinst du?
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MARZELLINE |
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JAQUINO |
Wir könnten in wenigen Wochen -
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MARZELLINE |
Recht schön, du bestimmst schon die Zeit.
(Man pocht.)
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JAQUINO
Zum Henker, das ewige Pochen!
Da war ich so herrlich im Gang,
Und immer entwischt mir der Fang.
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Beide
MARZELLINE
So bin ich doch endlich befreit!
Wie macht seine Liebe mir bang,
Wie werden die Stunden mir lang.
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| (Jaquino öffnet die Pforte, nimmt ein Packet ab, und legt es ins Stübchen; unterdessen fährt Marzelline fort.) | |
MARZELLINE |
Ich weiss, dass der Arme sich quälet,
Es tut mir so leid auch um ihn!
Fidelio hab ich gewählet,
Ihn lieben ist süsser Gewinn.
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JAQUINO |
(zurückkommend)
Wo war ich? - Sie sieht mich nicht an.
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MARZELLINE |
Da ist er - er fängt wieder an.
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JAQUINO |
Wann wirst du das Jawort mir geben?
Es könnte ja heute noch sein.
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MARZELLINE |
(beiseite)
O weh! Er verbittert mein Leben.
(zu ihm)
Jetzt, morgen und immer, nein!
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JAQUINO
Du bist doch wahrhaftig von Stein!
Kein Wünschen, kein Bitten geht ein.
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Beide
MARZELLINE
(für sich)
Ich muss ja so hart mit ihm sein,
Er hofft bei dem mindesten Schein.
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JAQUINO |
So wirst du dich nimmer bekehren?
Was meinst du?
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MARZELLINE |
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JAQUINO |
Wie? Dich anzusehn willst du mir wehren?
Auch das noch?
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MARZELLINE |
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JAQUINO |
Du hast mir so oft doch versprochen. -
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MARZELLINE |
Versprochen? Nein, das geht zu weit!
(Man pocht.)
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JAQUINO |
Zum Henker, das ewige Pochen!
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MARZELLINE |
So bin ich doch endlich befreit!
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JAQUINO
Es ward ihr im Ernste schon bang,
Wer weiss, ob es mir nicht gelang.
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Beide
MARZELLINE
Das ist ein willkommener Klang,
Es wurde zu Tode mir bang.
(Es wird wieder ein Paket abgegeben.)
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JAQUINO |
Wenn ich diese Thüre heute nicht schon zweihundert Mal geöffnet habe, so will ich nicht Kaspar Eustaco Jaquino heissen.
(Zu Marzelline.)
Endlich kann ich doch einmal wieder plaudern.
(Es wird gepocht.)
Zum Wetter! schon wieder!
(Er geht, um zu offnen.)
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MARZELLINE |
(auf der Vonderbühne)
Was kann ich dafür, dass ich ihn nicht mehr so gerne haben kann?
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JAQUINO |
(Zu dem der gepocht hat, indem er hastig zuschliesst.)
Ich werde es besorgen. Schon recht!
(Vorgehend zu Marzelline.)
So! - Nun, hoffe ich, soll niemand mehr uns stören.
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ROCCO |
(ruft hinter der Scene.)
Jaquino! Jaquino!
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MARZELLINE |
Hörst du! der Vater ruft.
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JAQUINO |
Lassen wir ihn ein wenig warten. Also wieder auf unsere Liebe zu kommen. -
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MARZELLINE |
So geh doch! der Vater wird sich nach Fidelio erkundigen wollen.
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JAQUINO |
(eifersüchtig.)
Ei, freilich! da kann man nicht schnell genug sein.
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ROCCO |
(ruft weider.)
Jaquino! hörst du nicht?
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JAQUINO |
(schreiend.)
Ich komme schon!
(Zu Marzelline.)
Bleib fein hier; in zwei Minuten sind wir wieder beisammen.
(Geht ab in den Garten.)
| Jaquino ->
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Zweiter Auftritt |
Marzelline allein. |
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Der arme Jaquino dauert mich beinahe. Kann ich es abe ändern? Ich war ihm sonst recht gut, da kam Fidelio in unser Haus, und seit der Zeit ist alles in mir und um mich verändert. Ach!
(Sie seufzt verschümt.)
Aus dem Mitleiden, das ich mit Jaquino habe, merke ich erst, wei sehr gut ich Fidelio bin. Ich glaube auch, dass Fidelio mir recht gut ist, und wenn ich die Gesinnungen des Vaters wüsste, so könnte bald mein Glück vollkommen werden.
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[Nr. 2 - Arie] | N
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O wär ich schon mit dir vereint
Und dürfte Mann dich nennen!
Ein Mädchen darf ja, was es meint,
Zur Hälfte nur bekennen.
Doch wenn ich nicht erröten muss
Ob einem warmen Herzenskuss,
(Sie seufzt und legt die Hand auf die Brust.)
Wenn nichts uns stört auf Erden -
Die Hoffnung schon erfüllt die Brust
Mit unaussprechlich süsser Lust,
Wie glücklich will ich werden!
In Ruhe stiller Häuslichkeit
Erwach ich jeden Morgen,
Wir grüssen uns mit Zärtlichkeit,
Der Fleiss verscheucht die Sorgen.
Und ist die Arbeit abgetan,
Dann schleicht die holde Nacht heran,
Dann ruhn wir von Beschwerden.
Die Hoffnung schon erfüllt die Brust
Mit unaussprechlich süsser Lust,
Wie glücklich will ich werden!
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Dritter Auftritt |
Marzelline, Rocco, Jaquino. Rocco kommt aus der Garten. Jaquino trägt Gartengerüte hinter ihm her und geht damit in Rokkos Haus. |
<- Rocco, Jaquino
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ROCCO |
Guten Tag, Marzelline! Ist Fidelio noch nicht zurückgekommen?
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MARZELLINE |
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ROCCO |
Die Stunde naht, wo ich dem Gouverneur die Briefschaften bringen muss, die Fidelo abholen sollte. Ich erwarte ihn mit Ungeduld.
(Wührend der letzten Worte wird un die Pforte geklopft.)
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MARZELLINE |
Er wird gewiss so lange bei dem Schmiede haben worten müssen.
(Sie hat während dessen Leonore zur Tür hereinkommen sehen mit Leibhaftigkeit.)
Da ist er!
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Vierter Auftritt |
Die Vorigen, Leonore. |
<- Leonore
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| (Sie trägt ein dunkles Wamms, ein rotes Gilet, dunkles Beinkleid, kurze Stiefel, einen breiten Gürtel von schwarzem Leder mit einer kupfernen Schnalle; ihre Haare sind in eine Netzhaube gesteckt. Auf dem Rücken trägt sie ein Behältnis mit Lebensmitteln, auf den Armen Ketten, die sie beim Eintreten an dem Stübchen des Pförtners ablegt; an der Seite hängt ihr eine blecherne Büchse an einer Schnur.) | |
MARZELLINE |
(auf Leonore zulaufend.)
Wie er belastet ist. Lieber Gott! Der Schweiss läuft ihm von der Stirn.
(Sie nimmt ihr Schnupftuch und versucht ihr das Gesicht abzutrocknen.)
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ROCCO |
Warte! warte!
(Er hilft mit Marzelline, ihr das Behältnis vom Rücken nehmen: es wird heim Bogengang links niedergesetzt.)
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JAQUINO |
(beiseite auf der Vonderbühne.)
Es war auch wohl der Mühe werth, so schnell aufzumachen, um den Patron da hereinzulassen.
(Geht in sein Stübchen, kommt aber bald wieder heraus, macht den Beschäftigten, sucht aber eigentlich Marzelline, Leonore und Rocco zu beobachten.)
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ROCCO |
Armer Fidelio, diesmal hast du dir zu viel aufgeladen.
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LEONORE |
(vorgehend und sich das Gesicht abwischend.)
Ich muss gestehen, ich ben ein wenig ermüdet. Der Schmied hatte an den Ketten so lange auszubessern, dass ich glaubte, er würde nicht damit fertig werden.
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ROCCO |
Sind sie jetzt gut germacht?
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LEONORE |
O gewiss, recht gut und stark. Keiner der Gefangenen wird sie je zerbrechen.
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ROCCO |
Wieviel kostet alles zusammen?
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LEONORE |
Zwölf Piaster ungefähr. Hier ist die Rechnung.
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ROCCO |
(durchseiht die Rechnung.)
Gut! brav! zum Wetter! Da giebt es Artikel, auf denen wir wenigstens das Doppelte gewinnen können. Du bist ein kluger Junge! Ich kann gar nicht begreifen, wie du deine Rechnung machst. Du kaufst alle wolfeiler als ich. In den sechs Monaten, sei ich dir die Anschaffung der Lebensmittel übertrug, hast du mehr gewonnen als ich vorher in einem ganzen Jahr.
(bei Seite.)
Der Schelm giebt sich alle diese Mühe offenbar meiner Marzelline wegen.
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LEONORE |
Ich suche zu thun, was mir möglich ist.
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ROCCO |
Ja, ja! Du bist brav, man kann nicht eifriger, nicht verständiger sein. Ich habe dich aber auch mit jedem Tage lieber und - sei versichert, dein Lohn soll nicht ausbleiben.
(Er wirft während der letztern Worte wechselnde Blicke auf Leonoren und Marzelline)
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LEONORE |
(verlegen)
O glaubt nicht, dass ich meine Schuldigkeit nur des Lohnes wegen -
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ROCCO |
Still!
(Mit Blicken wie vorher.)
Meinst du ich kann dir nicht ins Herz sehen?
(Er scheint sich an der zunehmenden Verlegenheit Leonores zu weiden und geht dann bei Seite, die Ketten zu betrachten.)
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[Nr. 3 - Quartett] | N
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MARZELLINE
(welche während des Lobes, das Rocco Leonore erteilte, die grösste Teilnahme hat blicken lassen und sie mit immer zunehmender Bewegung liebevoll betrachtet hat; für sich)
Mir ist so wunderbar,
Es engt das Herz mir ein;
Er liebt mich, es ist klar,
Ich werde glücklich sein.
ROCCO
(der während dessen wieder auf die Vorderbühne zurückgekehrt ist; für sich)
Sie liebt ihn, es ist klar;
Ja, Mädchen, er wird dein.
Ein gutes, junges Paar,
Sie werden glücklich sein.
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Beide
LEONORE
(für sich)
Wie gross ist die Gefahr,
Wie schwach der Hoffnung Schein!
Sie liebt mich, es ist klar,
O namenlose Pein!
JAQUINO
(der unter dem Beobachten sich immer mehr genähert hat, auf der Seite und etwas hinter den Übrigen stehend; für sich)
Mir sträubt sich schon das Haar,
Der Vater willigt ein;
Mir wird so wunderbar,
Mir fällt kein Mittel ein.
(Er geht in seine Stube zurück.)
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| Jaquino ->
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ROCCO |
Höre Fidelio, wenn ich auch nicht weiss, wie und wo du auf die Welt gekommen bist, und wenn du auch gar keinen Vater gehabt hättest, ich weiss doch was ich tue. Ich mache dich zu meinem Tochtermann.
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MARZELLINE |
(hastig)
Wirst du es bald tun, lieber Vater?
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ROCCO |
(lachend)
Ei, ei, vie eifelrtig!
(Ernsthafter)
Sobald der Gouverneur nach Sevilla gereist sein wird, dann haben wir mehr Musse. Ihr wisse ja, dass er alle Monate hingeht, um über alles, was hier in dern Sttatsgeflängnis vorfällt, Rechenschaft zu geben. In einigen Tagen muss er wieder fort, und den Tag nach seiner Abreise gebe ich euch zusammen. Darauf könnt ihr rechnen.
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MARZELLINE |
Den Tag nach seiner Abreise? Das machts du vernünftig, lieber Vater.
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LEONORE |
(schon vohrer sehr betreten, aber jetz sich freudig stellend)
Den Tag nach seiner Abreise?
(Bei seite)
O welche neue Veerlegenheit!
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ROCCO |
Nun, meine Kinder, ihr habt euch doch recht herzlich lieb, nicht wahr? Aber das ist noch nicht alles, was zu einer guten, vergnügten Haushaltung gehört; man braucht auch -
(Er macht Gebärde des Geldzählens)
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[Nr. 4 - Arie] | N
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Hat man nicht auch Gold beineben,
Kann man nicht ganz glücklich sein;
Traurig schleppt sich fort das Leben,
Mancher Kummer stellt sich ein.
Doch wenns in der Tasche fein klingelt und rollt,
Da hält man das Schicksal gefangen,
Und Macht und Liebe verschafft dir das Gold
Und stillet das kühnste Verlangen.
Das Glück dient wie ein Knecht für Sold,
Es ist ein schönes Ding, das Gold.
Wenn sich nichts mit nichts verbindet,
Ist und bleibt die Summe klein;
Wer bei Tisch nur Liebe findet,
Wird nach Tische hungrig sein.
Drum lächle der Zufall euch gnädig und hold
Und segne und lenk euer Streben;
Das Liebchen im Arme, im Beutel das Gold,
So mögt ihr viel Jahre durchleben.
Das Glück dient wie ein Knecht für Sold,
Es ist ein mächtig Ding, das Gold.
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LEONORE |
Ihr könnt das leicht sagen, Meister Rocco, aber ich, ich behaupte, dass die Vereinigung zweier
gleichgestimmten Herzen die Quelle des wahren ehelichen Glückes ist.
(Mit Wärme)
O dieses Glück muss der grösste Schatz auf Erden sein!
(Sich wieder fassend und müssigend)
Freilich gibt es noch etwas, was mir nicht weniger kostbar sein würde, aber mit Kummer sehe ich, dass ich es trotz aller meiner Bemühungen nicht erhalten werde.
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ROCCO |
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LEONORE |
Euer Vertrauen! Verzeiht mir diesen kleinen Vorwurf, aber oft sehe ich euch aus den unterirdischen Gewölben des Schlosses ganz ausser Atem und ermattet zurückkommen, warum erlaubt Ihr mir nicht. Euch dahin zu begleiten? Es wäre mir sehr lieb, wenn ich euch bei Eurer Arbeit helfen und Eure Beschwerden teilen könnte.
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ROCCO |
Du weisst doch, dass ich den strengsten Befehl habe, niemanden, wer es auch sein mag, zu den Staatsgefangenen zu lassen.
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MARZELLINE |
Es sind ihrer aber gar so viele in dieser Festung. Du arbeitest dich ja zu Tod, lieber Vater.
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LEONORE |
Sie hat recht, Meister Rocco. Man soll allerdings seine Schuldigkeit tun.
(zürtlich)
Aber es ist doch auch erlaubt, meine ich, zuweilen daran zu denken, wie man sich für die, die uns angehören und lieben, ein bisschen schonen kann.
(Sie drückt eine seiner Hände in der ihrigen.)
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MARZELLINE |
(Roccos andere Hand an ihre Brust drückend)
Man muss sich für seine Kinder zu erhalten suchen.
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ROCCO |
(sieht beide gerührt an)
Ja, ihr habt recht, diese schwere Arbeit würde mir doch endlich zu viel werden. Der Gouverneur ist zwar sehr streng, er muss mir aber doch erlauben, dich in die geheimen Kerker mit mir zu nehmen.
(Leonore macht eine heftige Gebörde der Freude)
Indessen gibt es ein Gewölbe, in das ich dich wohl nie werde führen dürfen, obschon ichmich ganz auf dich verlassen kann.
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MARZELLINE |
Vermutlich, wo der Gefangene ist, von dem du schon einige Male gesprochen hast?
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ROCCO |
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LEONORE |
(forschend)
Ich glaube, es ist schon lange her, dass er gefangen ist?
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ROCCO |
Es ist schon über zwei Jahre.
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LEONORE |
(heftig)
Zwei Jahre, sagt Ihr?
(Sich fassend.)
Er muss ein grosser Verbrecher sein.
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ROCCO |
Oder er muss grosse Feinde haben, das kommt ungefähr auf eins heraus.
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MARZELLINE |
So hat man denn nie erfahren können, woher er ist, und wie er heisst?
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ROCCO |
O wie oft hat er mit mir von alledem reden wollen.
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LEONORE |
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ROCCO |
Für unsereinen ist's am besten, so wenig Geheimnisse als möglich zu wissen, darum hab ich ihn auch nie angehört. Ich hätte mich verplappern können, und ihm hätt ich doch nicht genützt.
(Geheimnisvoll)
Nun, er wird mich nicht lange mehr quälen. Es kann nicht mehr lange mit ihm dauern.
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LEONORE |
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MARZELLINE |
O lieber Vater, führt Fidelio ja nicht zu ihm! Diesen Anblick könnte er nicht ertragen.
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ROCCO |
(sie auf die Schulter klopfend)
Brav, mein Sohn, brav! Wenn ich dir erzählen wollte, wie ich anfangs in meinem Stande mit mir zu kämpfen hätte! - Und ich war doch ein ganz anderer Kerl als du mit deiner feinen Haut und deinen weichen Händen.
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[Nr. 5 - Terzett] | N
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ROCCO |
Gut, Söhnchen, gut,
Hab immer Mut,
Dann wird's dir auch gelingen;
Das Herz wird hart
Durch Gegenwart
Bei fürchterlichen Dingen.
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LEONORE |
(mit Kraft)
Ich habe Mut!
Mit kaltem Blut
Will ich hinab mich wagen:
Für hohen Lohn
Kann Liebe schon
Auch hohe Leiden tragen.
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MARZELLINE |
(zürlich)
Dein gutes Herz
Wird manchen Schmerz
In diesen Grüften leiden;
Dann kehrt zurück
Der Liebe Glück
Und unnennbare Freuden.
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ROCCO |
Du wirst dein Glück ganz sicher bauen.
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LEONORE |
Ich hab auf Gott und Recht Vertrauen.
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MARZELLINE |
Du darfst mir auch ins Auge schauen
Der Liebe Macht ist auch nicht klein.
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MARZELLINE
Ja, wir werden glücklich sein.
ROCCO
Ja, ihr werdet glücklich sein.
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Beide
LEONORE
Ja, ich kann noch glücklich sein.
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ROCCO |
Der Gouverneur soll heut erlauben,
Dass du mit mir die Arbeit teilst.
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LEONORE |
Du wirst mir alle Ruhe rauben,
Wenn du bis morgen nur verweilst.
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MARZELLINE |
Ja, guter Vater, bitt' ihn heute,
In kurzem sind wir dann ein Paar.
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ROCCO
Ich bin ja bald des Grabes Beute,
Ich brauche Hilf', es ist ja wahr.
MARZELLINE
(zürlich zu Rocco)
Ach, lieber Vater, was fällt Euch ein?
Lang' Freund und Rater müsst Ihr uns sein.
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Beide
LEONORE
(für sich)
Wie lang bin ich des Kummers Beute!
Du, Hoffnung, reichst mir Labung dar.
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ROCCO
Nur auf der Hut, dann geht es gut,
Gestillt wird euer Sehnen.
Gebt euch die Hand und schliesst das Band
In süssen Freudentränen.
MARZELLINE
O habe Mut! O welche Glut!
O welch ein tiefes Sehnen!
Ein festes Band mit Herz und Hand,
O süsse, süsse Tränen!
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Beide
LEONORE
Ihr seid so gut, Ihr macht mir Mut,
Gestillt wird bald mein Sehnen!
(für sich)
Ich gab die Hand zum süssen Band,
Es kostet bittre Tränen.
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ROCCO |
Aber nun ist Zeit, dass ich dem Gouverneur die Briefschaften überbringe. Ah! Er kommt selbst hierher!
(zu Leonore)
Gieb sie, Fidelio, und dann entfernt euch!
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[Nr. 6 - Marsch] | N
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| (Leonore nimmt die Blechbüchse ab, gibt sie Rocco und geht mit Marzelline ab ins Haus.) | Marzelline, Leonore ->
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Fünfter Auftritt |
Rocco, Pizarro, Offiziere, Wachen. |
<- Wachen, Offiziere, Pizarro
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| Während des zuvor begonnenen Marsches wird das Haupttor durch Schildwachen von aussen geöffnet. Offiziere ziehen mit einem Detachement ein, dann kommt Pizarro, das Tor wird wieder geschlossen. - Unter Musik. | |
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PIZARRO |
(zu den Offizieren)
Drei Schildwachen auf den Wall! Sechs Mann Tag und Nacht auf der Zugbrücke, ebenso viele gegen den Garten zu, und jedermann, der sich dem Graben der Festung nähert, werde sogleich vor mich gebracht!
(Zu Rocco)
Rocco, ist etwas Neues vorgefallen?
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ROCCO |
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PIZARRO |
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ROCCO |
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PIZARRO |
(Öffnet die Papiere und durchgeht sie.)
Immer Empfehlungen oder Vorwürfe. Wenn ich auf alles das achten wollte, würde ich nie damit zu Ende kommen.
(Er hält bei einem Briefe an.)
Was seh ich? Mich dünkt, ich kenne diese Schrift.
(Er öffnet den Brief, geht weiter vor. Rocco und die Wachen ziehen sich mehr zurück. Er liest.)
"Ich gebe Ihnen Nachricht, dass der Minister in Erfahrung gebracht hat, dass die Staatsgefängnisse, denen Sie vorstehen, mehrere Opfer willkürlicher Gewalt enthalten. Er reist morgen ab, um Sie mit einer Untersuchung zu überraschen. Seien Sie auf Ihrer Hut und suchen Sie sich sicherzustellen."
(Betreten.)
Ah, wenn er entdeckte, dass ich diesen Florestan in Ketten liegen habe, den er längst tot glaubt, ihn, der so oft meine Rache reizte, der mich vor dem Minister enthüllen und mir seine Gunst entziehen wollte. - Doch, es gibt ein Mittel!
(Rasch.)
Eine kühne Tat kann alle Besorgnisse zerstreuen!
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[Nr. 7 - Arie mit Chor] | N
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Ha, welch ein Augenblick!
Die Rache werd' ich kühlen,
Dich rufet dein Geschick!
In seinem Herzen wühlen,
O Wonne, grosses Glück!
Schon war ich nah, im Staube,
Dem lauten Spott zum Raube,
Dahingestreckt zu sein.
Nun ist es mir geworden,
Den Mörder selbst zu morden;
In seiner letzten Stunde,
Den Stahl in seiner Wunde,
Ihm noch ins Ohr zu schrein:
Triumph! Der Sieg ist mein!
| S
(♦)
(♦)
|
| |
|
CHOR DER WACHE
Er spricht von Tod und Wunde!
Nun fort auf unsre Runde,
Wie wichtig muss es sein!
Er spricht von Tod und Wunde!
Wacht scharf auf eurer Runde,
Wie wichtig muss es sein!
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| |
PIZARRO |
Ich darf keinen Augenblick säumen, alle Anstalten zu meinem Vorhaben zu treffen. Heute soll der Minister ankommen. Nur die grösste Vorsicht und Eile können mich retten.
(Zu dem Offizier.)
Hauptmann! Hören Sie.
(Er führt ihn vor und spricht leise mit ihm.)
Besteigen Sie mit einem Trompeter sogleich den Turm. Sehen Sie unablässig und mit der grössten Achtsamkeit auf die Strasse von Sevilla. Sobald Sie einen Wagen von Reitern begleitet erblicken, lassen Sie augenblicklich ein Zeichen geben. Verstehn Sie, augenblicklich! Ich erwarte die grösste Pünktlichkeit. Sie haften mir mit Ihrem Kopf dafür.
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| (Der Offizier geht ab.) | Offiziere ->
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|
(zur Wache.)
Fort, auf eure Posten!
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| (Die Wache geht.) | Wachen ->
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ROCCO |
| |
PIZARRO |
(betrachtet ihn eine Weile aufmerksam, für sich.)
Ich muss ihn zu gewinnen suchen. Ohne seine Hilfe kann ich es nicht ausführen.
(Laut.)
Komm näher!
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| |
PIZARRO
Jetzt, Alter, jetzt hat es Eile!
Dir wird ein Glück zuteile,
Du wirst ein reicher Mann;
(Er wirft ihm einen Beutel zu.)
Das geb ich nur daran.
PIZARRO
Du bist von kaltem Blute,
Von unverzagtem Mute
Durch langen Dienst geworden.
PIZARRO
PIZARRO
Höre mich nur an!
Du bebst? Bist du ein Mann?
Wir dürfen gar nicht säumen;
Dem Staate liegt daran,
Den bösen Untertan
Schnell aus dem Weg zu räumen.
PIZARRO |
Beide
ROCCO
So sagt doch nur in Eile,
Womit ich dienen kann.
ROCCO
Was soll ich? Redet! Redet!
ROCCO
ROCCO |
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PIZARRO
(für sich.)
Er darf nicht länger leben,
Sonst ist's um mich geschehn.
Pizarro sollte beben?
Du fällst - ich werde stehn.
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Beide
ROCCO
Die Glieder fühl' ich beben,
Wie könnt ich das bestehn?
Ich nehm ihm nicht das Leben,
Mag, was da will, geschehn.
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| |
| |
ROCCO |
Nein, Herr, das Leben nehmen,
Das ist nicht meine Pflicht.
| |
PIZARRO |
Ich will mich selbst bequemen,
Wenn dir's an Mut gebricht;
Nun eile rasch und munter
Zu jenem Mann hinunter -
Du weisst -
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ROCCO |
Der kaum mehr lebt
Und wie ein Schatten schwebt?
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PIZARRO |
(mit Grimm.)
Zu dem, zu dem hinab!
Ich wart' in kleiner Ferne,
Du gräbst in der Zisterne
Sehr schnell ein Grab.
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ROCCO |
| |
PIZARRO |
Dann werd' ich selbst, vermummt,
Mich in den Kerker schleichen -
(Er zeigt den Dolch.)
Ein Stoss - und er verstummt!
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ROCCO
Verhungernd in den Ketten
Ertrug er lange Pein,
Ihn töten, heisst ihn retten,
Der Dolch wird ihn befrein.
|
Beide
PIZARRO
Er sterb in seinen Ketten,
Zu kurz war seine Pein,
Sein Tod nur kann mich retten,
Dann werd' ich ruhig sein.
|
| |
| |
PIZARRO |
Jetzt, Alter, jetzt hat es Eile!
Hast du mich verstanden?
Du gibst ein Zeichen!
Dann werd' ich selbst, vermummt,
Mich in den Kerker schleichen -
Ein Stoss - und er verstummt!
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ROCCO
Verhungernd in den Ketten
Ertrug er lange Pein,
Ihn töten, heisst ihn retten,
Der Dolch wird ihn befrein.
|
Beide
PIZARRO
Er sterb in seinen Ketten,
Zu kurz war seine Pein.
Sein Tod nur kann mich retten,
Dann werd' ich ruhig sein.
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| (Ab gegen den Garten. Rocco folgt ihm.) | Pizarro, Rocco ->
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Sechster Auftritt |
Leonore allein. |
<- Leonore
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[Nr. 9 - Rezitativ und Arie] | N
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(Tritt in heftiger innerer Bewegung von der andern Seite auf und sieht den Abgehenden mit steigender Unruhe nach.)
Abscheulicher! Wo eilst du hin?
Was hast du vor in wildem Grimme?
Des Mitleids Ruf, der Menschheit Stimme.
Rührt nichts mehr deinen Tigersinn?
Doch toben auch wie Meereswogen
Dir in der Seele Zorn und Wut,
So leuchtet mir ein Farbenbogen,
Der hell auf dunkeln Wolken ruht:
Der blickt so still, so friedlich nieder,
Der spiegelt alte Zeiten wider,
Und neu besänftigt wallt mein Blut.
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Komm, Hoffnung, lass den letzten Stern
Der Müden nicht erbleichen!
O komm, erhell' mein Ziel, sei's noch so fern,
Die Liebe, sie wird's erreichen.
Ich folg' dem innern Triebe,
Ich wanke nicht,
Mich stärkt die Pflicht
Der treuen Gattenliebe!
O du, für den ich alles trug,
Könnt ich zur Stelle dringen,
Wo Bosheit dich in Fesseln schlug,
Und süssen Trost dir bringen!
Ich folg' dem innern Triebe,
Ich wanke nicht,
Mich stärkt die Pflicht
Der treuen Gattenliebe!
(Ab gegen den Garten.)
| S
(♦)
(♦)
Leonore ->
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Siebenter Auftritt |
Marzelline kommt aus dem Hause. Jaquino folgt ihr. |
<- Marzelline, Jaquino
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JAQUINO |
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MARZELLINE |
Kein Wort, keine Silbe. Ich will nichts mehr von deinen albernen Liebesseufzern hören, und dabei bleibt es.
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JAQUINO |
Wer mir das vorher gesagt hätte, als ich mir vornahm, mich recht ordentlich in dich zu verlieben. Damals, ja da war ich der gute, der liebe Jaquino an allen Orten und Ecken. Ich musste dir das Eisen in den Ofen legen, Wäsche in Falten schlagen, Päckchen zu den Gefangenen bringen, kurz alles tun, was ein ehrbares Mädchen einem ehrbaren Junggesellen erlauben kann. Aber seit dieser Fidelio -
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MARZELLINE |
(rasch einfallend)
Ich leugne nicht, ich war dir gut, aber sieh, ich bin offenherzig, das war keine Liebe. Fidelio zieht mich weit mehr an, zwischen ihm und mir fühle ich eine weit grössere Übereinstimmung.
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JAQUINO |
Was? Übereinstimmung mit einem solchen hergelaufenen Jungen, der Gott weiss woher ist, den der Vater aus blossem Mitleid am Tor dort aufgenommen hat, der - der -
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MARZELLINE |
(ärgerlich)
Der arm und verlassen ist - und den ich doch heirate.
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JAQUINO |
Glaubst du, dass ich das leiden werde? He, dass es ja nicht in meiner Gegenwart geschieht, ich möchte euch einen gewaltigen Streich spielen!
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Achter Auftritt |
Vorige. Rocco, Leonore aus dem Garten. |
<- Rocco, Leonore
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ROCCO |
Was habt ihr denn beide wieder zu zanken?
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MARZELLINE |
Ach, Vater, er verfolgt mich immer.
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ROCCO |
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MARZELLINE |
Er will, dass ich ihn lieben, dass ich ihn heiraten soll.
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JAQUINO |
Ja, ja, sie soll mich lieben, sie soll mich wenigstens heiraten, und ich -
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ROCCO |
Was? Ich sollte eine einzige Tochter so gut gepflegt,
(Er streichelt Marzelline am Kinn)
mit so viel Mühe bis in ihr sechzehntes Jahr erzogen haben, und das alles für den Herrn da?
(Er blickt lachend auf Jaquino.)
Nein, Jaquino, von deiner Heirat ist jetzt keine Rede, mich beschäftigen andere, klügere Absichten.
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MARZELLINE |
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ROCCO |
Kinder, ohne Erlaubnis des Gouverneurs?
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MARZELLINE |
Aber er sprach so lange mit Euch. Vielleicht sollt Ihr ihm einen Gefallen tun, und dann wird er es so genau nicht nehmen.
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ROCCO |
Einen Gefallen? Du hast recht, Marzelline. Auf diese Gefahr hin kann ich es wagen. Wohl denn, Jaquino und Fidelio, öffnet die leichteren Gefängnisse. Ich aber gehe zu Pizarro und halte ihn zurück, indem ich...
(Gegen Marzelline.)
für dein Bestes rede.
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MARZELLINE |
(drückt ihm die Hand.)
So recht, Vater.
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| (Rocco ab in den Garten. Leonore und Jaquino schliessen die wohlverwahrten Gefängnistüren auf, sich dann mit Marzelline in den Hintergrund und beobachten mit Teilnahme die nach und nach auftretenden Gefangenen.) | Rocco ->
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Neunter Auftritt |
Die Gefangenen. |
<- Gefangenen, Erster Gefangener, Zweiter Gefangener
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| (Während des Vorspiels kommen die Gefangenen nach und nach auf die Bühne.) | |
[Nr. 10 - Finale] | N
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CHOR DER GEFANGENEN |
O welche Lust, in freier Luft
Den Atem leicht zu heben!
Nur hier, nur hier ist Leben!
Der Kerker eine Gruft.
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ERSTER GEFANGENER |
Wir wollen mit Vertrauen
Auf Gottes Hilfe bauen!
Die Hoffnung flüstert sanft mir zu:
Wir werden frei, wir finden Ruh
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ALLE ANDEREN |
O Himmel! Rettung! Welch ein Glück!
O Freiheit! Kehrst du zurück?
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| (Hier erscheint ein Offizier auf dem Walle und entfernt sich wieder.) | <- Offizier
Offizier ->
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ZWEITER GEFANGENER |
Sprecht leise! Haltet euch zurück!
Wir sind belauscht mit Ohr und Blick. -
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ALLE |
Sprecht leise! Haltet euch zurück!
Wir sind belauscht mit Ohr und Blick. -
O welche Lust, in freier Luft
Den Atem leicht zu heben!
Nur hier, nur hier ist Leben.
Sprecht leise! Haltet euch zurück!
Wir sind belauscht mit Ohr und Blick. -
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| (Ehe der Chor noch ganz geendigt ist, erscheint Rocco im Hintergrunde der Bühne und redet angelegentlich mit Leonore. Die Gefangenen entfernen sich in den Garten. Marzelline und Jaquino folgen dahin. Rocco und Leonore nähern sich der Vorderbühne.) | <- Rocco
Gefangenen, Erster Gefangener, Zweiter Gefangener, Marzelline, Jaquino ->
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Zehnter Auftritt |
Rocco, Leonore. |
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LEONORE |
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ROCCO |
Recht gut, recht gut!
Zusammen rafft ich meinen Mut
Und trug ihm alles vor;
Und sollst du's glauben,
Was er zur Antwort mir gab?
Die Heirat und dass du mir hilfst, will er erlauben;
Noch heute führ' ich in den Kerker dich hinab.
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LEONORE |
(ausbrechend.)
Noch heute! Noch heute!
O welch ein Glück! O welche Wonne.
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ROCCO |
Ich sehe deine Freude;
Nur noch ein Augenblick.
Dann gehen wir schon beide -
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LEONORE |
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ROCCO |
Zu jenem Mann hinab,
Dem ich seit vielen Wochen
Stets weniger zu essen gab.
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LEONORE |
Ha! - Wird er losgesprochen?
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ROCCO |
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LEONORE |
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ROCCO |
O nein, O nein!
(Geheimnisvoll.)
Wir müssen ihn, doch wie? - befrein!
Denn nach Pizarros Wille
Muss er in aller Stille
Von uns begraben sein!
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LEONORE |
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ROCCO |
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LEONORE |
(zurückfragend.)
Ist ihn zu töten deine Pflicht?
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ROCCO |
Nein guter Junge, zittre nicht,
Zum Morden dingt sich Rocco nicht.
Der Gouverneur kommt selbst hinab,
Wir beide graben nur das Grab.
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LEONORE |
(beiseite)
Vielleicht das Grab des Gatten graben,
Was kann fürchterlicher sein?
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ROCCO |
Ich darf ihn nicht mit Speise laben,
Ihm wird im Grabe besser sein. -
Wir müssen gleich zu Werke schreiten,
Du musst mir helfen, mich begleiten;
Hart ist des Kerkermeisters Brot.
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LEONORE |
Ich folge dir, wär's in den Tod.
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ROCCO |
In der zerfallenen Zisterne
Bereiten wir die Grube leicht.
Ich tu es, glaube mir, nicht gerne;
Auch dir ist schaurig, wie mich deucht?
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LEONORE |
Ich bin es nur noch nicht gewohnt.
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ROCCO |
Ich hätte gerne dich verschont,
Doch wird es mir allein zu schwer,
Und gar so streng ist unser Herr.
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LEONORE |
(für sich.)
O welch ein Schmerz!
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ROCCO |
(für sich.)
Mir scheint, er weine.
(Laut.)
Nein, du bleibst hier - ich geh alleine,
Ich geh allein.
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LEONORE |
(innig sich an ihn klammernd.)
O nein, O nein!
Ich muss ihn sehn; den Armen sehen,
Und müsst ich selbst zugrunde gehen.
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ROCCO, LEONORE |
O säumen wir nun länger nicht,
Wir folgen unsrer strengen Pflicht.
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Elfter Auftritt |
Vorige. Jaquino und Marzelline atemlos hereinstürzend. |
<- Jaquino, Marzelline
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MARZELLINE |
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ROCCO |
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JAQUINO |
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ROCCO |
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MARZELLINE |
Voll Zorn folgt mir
Pizarro nach!
Er drohet dir.
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ROCCO |
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LEONORE |
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ROCCO |
Nur noch dies Wort:
Sprich, weiss er schon?
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JAQUINO |
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MARZELLINE |
Der Offizier
Sagt ihm, was wir
Jetzt den Gefangenen gewähren.
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ROCCO |
Lasst alle schnell zurückekehren.
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| (Jaquino ab in den Garten.) | Jaquino ->
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MARZELLINE |
Ihr wisst ja, wie er tobet,
Und kennet seine Wut.
(Sie eilt Jaquino nach.)
| Marzelline ->
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LEONORE |
Wie mir's im Innem tobet!
Empöret ist mein Blut.
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ROCCO |
Mein Herz hat mich gelobet,
Sei der Tyrann in Wut.
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Zwölfter Auftritt |
Vorige. Pizarro. Später Marzelline und Jaquino mit den Gefangenen. |
<- Pizarro
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PIZARRO |
Verwegner Alter! Welche Rechte
Legst du dir frevelnd selber bei?
Und ziemt es dem gedungnen Knechte,
Zu geben die Gefangnen frei?
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ROCCO |
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PIZARRO |
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ROCCO |
(eine Entschuldigung suchend.)
Des Frühlings Kommen,
Das heitre warme Sonnenlicht,
(Sich fassend.)
Dann: habt Ihr wohl in acht genommen,
Was sonst zu meinem Vorteil spricht?
(Die Mütze abnehmend.)
Des Königs Namensfest ist heute,
Das feiern wir auf solche Art.
(Geheim zu Pizarro.)
Der unten stirbt - doch lasst die andern
Jetzt fröhlich hin und wieder wandern;
Für jenen sei der Zorn gespart.
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PIZARRO |
(leise.)
So eile, ihm sein Grab zu graben,
Hier will ich stille Ruhe haben.
Schliess' die Gefangnen wieder ein,
Mögst du nie mehr verwegen sein!
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| <- Gefangenen, Jaquino, Marzelline
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DIE GEFANGENEN
(kommen aus dem Garten zurück.)
Leb' wohl, du warmes Sonnenlicht,
Schnell schwindest du uns wieder;
Schon sinkt die Nacht hernieder,
Aus der so bald kein Morgen bricht.
LEONORE
(zu den Gefangenen.)
Ihr hört das Wort, drum zögert nicht,
Kehrt in den Kerker wieder.
(für sich)
Angst rinnt durch meine Glieder.
Ereilt den Frevler kein Gericht?
PIZARRO
Nun, Rocco, zögre länger nicht,
Steig' in den Kerker nieder.
(Leise.)
Nicht eher kehrst du wieder,
Bis ich vollzogen das Gericht.
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Beide
MARZELLINE
(die Gefangenen betrachtend.)
Wie eilten sie zum Sonnenlicht
Und scheiden traurig wieder.
(für sich)
Die andern murmeln nieder:
Hier wohnt die Lust, die Freude nicht.
JAQUINO
(zu den Gefangenen.)
Ihr hört das Wort, drum zögert nicht,
Kehrt in den Kerker wieder.
(Für sich, Rocco und Leonore betrachtend.)
Sie sinnen auf und nieder!
Könnt ich verstehn, was jeder spricht!
ROCCO
Nein, Herr, ich zögre länger nicht,
Ich steige eilend nieder.
(für sich)
Mir beben meine Glieder;
O unglückselig harte Pflicht!
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| (Die Gefangenen gehen in ihre Zellen, die Leonore und Jaquino verschliessen.) | Gefangenen ->
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