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Erste Szene |
Die Halle der Gibichungen am Rhein. Diese ist dem Hintergrunde zu ganz offen; den Hintergrund selbst nimmt ein freier Uferraum bis zum Flusse hin ein; felsige Anhöhen umgrenzen das Ufer. Gunther, Hagen und Gutrune. |
Q
Gunther, Hagen, Gutrune
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| (Gunther und Gutrune auf dem Hochsitze zur Seite, vor welchem ein Tisch mit Trinkgerät steht; davor sitzt Hagen.) | |
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GUNTHER |
Nun hör', Hagen,
sage mir, Held:
sitz' ich herrlich am Rhein,
Gunther zu Gibichs Ruhm?
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HAGEN |
Dich echt genannten
acht' ich zu neiden:
die beid' uns Brüder gebar,
Frau Grimhild' hiess mich's begreifen.
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GUNTHER |
Dich neide ich:
nicht neide mich du!
Erbt' ich Erstlingsart,
Weisheit ward dir allein:
Halbbrüderzwist
bezwang sich nie besser.
Deinem Rat nur red' ich Lob,
frag' ich dich nach meinem Ruhm.
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HAGEN |
So schelt' ich den Rat,
da schlecht noch dein Ruhm;
denn hohe Güter weiss ich,
die der Gibichung noch nicht gewann.
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GUNTHER |
Verschwiegest du sie,
so schelt' auch ich.
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HAGEN |
In sommerlich reifer Stärke
seh' ich Gibichs Stamm,
dich, Gunther, unbeweibt,
dich, Gutrun', ohne Mann.
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| (Gunther und Gutrune sind in schweigendes Sinnen verloren.) | |
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GUNTHER |
Wen rätst du nun zu frein,
dass unsrem Ruhm' es fromm'?
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HAGEN |
Ein Weib weiss ich,
das herrlichste der Welt: -
auf Felsen hoch ihr Sitz;
ein Feuer umbrennt ihren Saal;
nur wer durch das Feuer bricht,
darf Brünnhildes Freier sein.
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GUNTHER |
Vermag das mein Mut zu bestehn?
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HAGEN |
Einem Stärkren noch ist's nur bestimmt.
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GUNTHER |
Wer ist der streitlichste Mann?
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HAGEN |
Siegfried, der Wälsungen Spross:
der ist der stärkste Held.
Ein Zwillingspaar,
von Liebe bezwungen,
Siegmund und Sieglinde,
zeugten den echtesten Sohn.
Der im Walde mächtig erwuchs,
den wünsch' ich Gutrun' zum Mann.
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GUTRUNE |
(schüchtern beginnend)
Welche Tat schuf er so tapfer,
dass als herrlichster Held er genannt?
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HAGEN |
Vor Neidhöhle
den Niblungenhort
bewachte ein riesiger Wurm:
Siegfried schloss ihm
den freislichen Schlund,
erschlug ihn mit siegendem Schwert.
Solch ungeheurer Tat
enttagte des Helden Ruhm.
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GUNTHER |
(in Nachsinnen)
Vom Niblungenhort vernahm ich:
er birgt den neidlichsten Schatz?
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HAGEN |
Wer wohl ihn zu nützen wüsst',
dem neigte sich wahrlich die Welt.
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GUNTHER |
Und Siegfried hat ihn erkämpft?
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HAGEN |
Knecht sind die Niblungen ihm.
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GUNTHER |
Und Brünnhild' gewänne nur er?
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HAGEN |
Keinem andren wiche die Brunst.
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GUNTHER |
(unwillig sich vom Sitze erhebend)
Wie weckst du Zweifel und Zwist!
Was ich nicht zwingen soll,
darnach zu verlangen
machst du mir Lust?
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| (Er schreitet bewegt in der Halle auf und ab. - Hagen, ohne seinen Sitz zu verlassen, hält Gunther, als dieser wieder in seine Nähe kommt, durch einen geheimnisvollen Wink fest.) | |
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HAGEN |
Brächte Siegfried
die Braut dir heim,
wär' dann nicht Brünnhilde dein?
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GUNTHER |
(wendet sich wieder zweifelnd und unmutig ab)
Was zwänge den frohen Mann,
für mich die Braut zu frein?
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HAGEN |
(wie vorher)
Ihn zwänge bald deine Bitte,
bänd' ihn Gutrun' zuvor.
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GUTRUNE |
Du Spötter, böser Hagen!
Wie sollt' ich Siegfried binden?
Ist er der herrlichste
Held der Welt,
der Erde holdeste Frauen
friedeten längst ihn schon.
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HAGEN |
(sehr vertraulich zu Gutrune hinneigend)
Gedenk' des Trankes im Schrein;
(heimlicher)
vertraue mir, der ihn gewann:
den Helden, des du verlangst,
bindet er liebend an dich.
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| (Gunther ist wieder an den Tisch getreten und hört, auf ihn gelehnt, jetzt aufmerksam zu.) | |
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HAGEN |
Träte nun Siegfried ein,
genöss' er des würzigen Tranks,
dass vor dir ein Weib er ersah,
dass je ein Weib ihm genaht,
vergessen müsst' er des ganz.
Nun redet:
wie dünkt euch Hagens Rat?
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GUNTHER |
(lebhaft auffahrend)
Gepriesen sei Grimhild',
die uns den Bruder gab!
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GUTRUNE |
Möcht' ich Siegfried je ersehn!
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GUNTHER |
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| (Ein Horn auf dem Theater klingt aus dem Hintergrunde von links her. Hagen lauscht.) | |
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HAGEN |
Jagt er auf Taten
wonnig umher,
zum engen Tann
wird ihm die Welt:
wohl stürmt er in rastloser Jagd
auch zu Gibichs Strand an den Rhein.
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GUNTHER |
Willkommen hiess' ich ihn gern!
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| (Horn auf dem Theater, näher, aber immer noch fern. Beide lauschen.) | |
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Vom Rhein her töut das Horn.
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HAGEN |
(ist an das Ufer gegangen, späht den Fluss hinab und ruft zurück)
In einem Nachen Held und Ross!
Der bläst so munter das Horn!
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| (Gunther bleibt auf halbem Wege lauschend zurück.) | |
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Ein gemächlicher Schlag,
wie von müssiger Hand,
treibt jach den Kahn
wider den Strom;
so rüstiger Kraft
in des Ruders Schwung
rühmt sich nur der,
der den Wurm erschlug.
Siegfried ist es, sicher kein andrer!
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GUNTHER |
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HAGEN |
(durch die hohlen Hände nach dem Flusse rufend)
Hoiho! Wohin,
du heitrer Held?
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SIEGFRIED (stimme) |
(aus der Ferne, vom Flusse her)
Zu Gibichs starkem Sohne.
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HAGEN |
Zu seiner Halle entbiet' ich dich.
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| (Siegfried erscheint im Kahn am Ufer.) | <- Siegfried
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HAGEN |
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Zweite Szene |
Siegfried legt mit dem Kahne an und springt, nachdem Hagen den Kahn mit der Kette am Ufer festgeschlossen hat, mit dem Rosse auf den Strand. |
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HAGEN |
Heil! Siegfried, teurer Held!
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| (Gunther ist zu Hagen an das Ufer getreten. Gutrune blickt vom Hochsitze aus in staunender Bewunderung auf Siegfried. Gunther will freundlichen Gruss bieten. Alle sind in gegenseitiger stummer Betrachtung gefesselt.) | |
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SIEGFRIED |
(auf sein Ross gelehnt, bleibt ruhig am Kahne stehen)
Wer ist Gibichs Sohn?
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GUNTHER |
Gunther, ich, den du suchst.
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SIEGFRIED |
Dich hört' ich rühmen
weit am Rhein:
nun ficht mit mir,
oder sei mein Freund!
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GUNTHER |
Lass den Kampf!
Sei willkommen!
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SIEGFRIED |
(sieht sich ruhig um)
Wo berg' ich mein Ross?
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HAGEN |
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SIEGFRIED |
(zu Hagen gewendet)
Du riefst mich Siegfried:
sahst du mich schon?
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HAGEN |
Ich kannte dich nur
an deiner Kraft.
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SIEGFRIED |
(indem er an Hagen das Ross übergibt)
Wohl hüte mir Grane!
Du hieltest nie
von edlerer Zucht
am Zaume ein Ross.
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| (Hagen führt das Ross rechts hinter die Halle ab. Während Siegfried ihm gedankenvoll nachblickt, entfernt sich auch Gutrune, durch einen Wink Hagens bedeutet, von Siegfried unbemerkt, nach links durch eine Tür in ihr Gemach.) | Gutrune ->
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| (Gunther schreitet mit Siegfried, den er dazu einlädt, in die Halle vor.) | |
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GUNTHER |
Begrüsse froh, o Held,
die Halle meines Vaters;
wohin du schreitest,
was du ersiehst,
das achte nun dein Eigen:
dein ist mein Erbe,
Land und Leut', -
hilf, mein Leib, meinem Eide!
Mich selbst geb' ich zum Mann.
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SIEGFRIED |
Nicht Land noch Leute biete ich,
noch Vaters Haus und Hof:
einzig erbt' ich
den eignen Leib;
lebend zehr' ich den auf.
Nur ein Schwert hab' ich,
selbst geschmiedet: -
hilf, mein Schwert, meinem Eide! -
Das biet' ich mit mir zum Bund.
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HAGEN |
(der zurückgekommen ist und jetzt hinter Siegfried steht)
Doch des Niblungenhortes
nennt die Märe dich Herrn?
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SIEGFRIED |
(sich zu Hagen umwendend)
Des Schatzes vergass ich fast:
so schätz' ich sein müss'ges Gut!
In einer Höhle liess ich's liegen,
wo ein Wurm es einst bewacht'.
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HAGEN |
Und nichts entnahmst du ihm?
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SIEGFRIED |
(auf das stählerne Netzgewirk deutend, das er im Gürtel hängen hat)
Dies Gewirk, unkund seiner Kraft.
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HAGEN |
Den Tarnhelm kenn' ich,
der Niblungen künstliches Werk:
er taugt, bedeckt er dein Haupt,
dir zu tauschen jede Gestalt;
verlangt dich's an fernsten Ort,
er entführt flugs dich dahin. -
Sonst nichts entnahmst du dem Hort?
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SIEGFRIED |
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HAGEN |
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SIEGFRIED |
Den hütet ein hehres Weib.
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HAGEN |
(für sich)
Brünnhild'!...
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GUNTHER |
Nicht, Siegfried, sollst du mir tauschen:
Tand gäb' ich für dein Geschmeid,
nähmst all' mein Gut du dafür.
Ohn' Entgelt dien' ich dir gern.
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| (Hagen ist zu Gutrunes Türe gegangen und öffnet sie jetzt. Gutrune tritt heraus, sie trägt ein gefülltes Trinkhorn und naht damit Siegfried.) | <- Gutrune
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GUTRUNE |
Willkommen, Gast,
in Gibichs Haus!
Seine Tochter reicht dir den Trank.
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SIEGFRIED |
(neigt sich ihr freundlich und ergreift das Horn; er hält es gedankenvoll vor sich hin und sagt leise)
Vergäss' ich alles,
was du mir gabst,
von einer Lehre
lass' ich doch nie:
den ersten Trunk
zu treuer Minne,
Brünnhilde, bring' ich dir!
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| (Er setzt das Trinkhorn an und trinkt in einem langen Zuge. Er reicht das Horn an Gutrune zurück, die verschämt und verwirrt ihre Augen vor ihm niederschlägt.) | |
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SIEGFRIED |
(heftet den Blick mit schnell entbrannter Leidenschaft auf sie)
Die so mit dem Blitz
den Blick du mir sengst,
was senkst du dein Auge vor mir?
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| (Gutrune schlägt errötend das Auge zu ihm auf.) | |
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SIEGFRIED |
Ha, schönstes Weib!
Schliesse den Blick;
das Herz in der Brust
brennt mir sein Strahl:
zu feurigen Strömen fühl' ich
ihn zehrend zünden mein Blut! -
(mit bebender Stimme)
Gunther, wie heisst deine Schwester?
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GUNTHER |
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SIEGFRIED |
(leise)
Sind's gute Runen,
die ihrem Aug' ich entrate?
(Er fasst Gutrune mit feurigem Ungestüm bei der Hand)
Deinem Bruder bot ich mich zum Mann:
der Stolze schlug mich aus; -
trügst du, wie er, mir Übermut,
böt' ich mich dir zum Bund?
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| (Gutrune trifft unwillkürlich auf Hagens Blick. Sie neigt demütig das Haupt, und mit einer Gebärde, als fühle sie sich seiner nicht wert, verlässt sie schwankenden Schrittes wieder die Halle.) | Gutrune ->
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SIEGFRIED |
(von Hagen und Gunther aufmerksam beobachtet, blickt ihr, wie festgezaubert, nach; dann, ohne sich umzuwenden, fragt er)
Hast du, Gunther, ein Weib?
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GUNTHER |
Nicht freit' ich noch,
und einer Frau
soll ich mich schwerlich freun!
Auf eine setzt' ich den Sinn,
die kein Rat mir je gewinnt.
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SIEGFRIED |
(wendet sich lebhaft zu Gunther)
Was wär' dir versagt,
steh' ich zu dir?
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GUNTHER |
Auf Felsen hoch ihr Sitz;
ein Feuer umbrennt den Saal.
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SIEGFRIED |
(mit verwunderungsvoller Hast einfallend)
"Auf Felsen hoch ihr Sitz;
ein Feuer umbrennt den Saal"?...
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GUNTHER |
Nur wer durch das Feuer bricht -
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SIEGFRIED |
(mit der heftigsten Anstrengung, um eine Erinnerung festzuhalten)
"Nur wer durch das Feuer bricht"?...
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GUNTHER |
- darf Brünnhildes Freier sein.
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| (Siegfried drückt durch eine Gebärde aus, dass bei Nennung von Brünnhildes Namen die Erinnerung ihm vollends ganz schwindet.) | |
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GUNTHER |
Nun darf ich den Fels nicht erklimmen;
das Feuer verglimmt mir nie!
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SIEGFRIED |
(kommt aus einem traumartigen Zustand zu sich und wendet sich mit übermütiger Lustigkeit zu Gunther)
Ich - fürchte kein Feuer,
für dich frei ich die Frau;
denn dein Mann bin ich,
und mein Mut ist dein,
gewinn' ich mir Gutrun' zum Weib.
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GUNTHER |
Gutrune gönn' ich dir gerne.
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SIEGFRIED |
Brünnhilde bring' ich dir.
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GUNTHER |
Wie willst du sie täuschen?
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SIEGFRIED |
Durch des Tarnhelms Trug
tausch' ich mir deine Gestalt.
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GUNTHER |
So stelle Eide zum Schwur!
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SIEGFRIED |
Blut-Brüderschaft
schwöre ein Eid!
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| (Hagen füllt ein Trinkhorn mit frischem Wein; dieses hält er dann Siegfried und Gunther hin, welche sich mit ihren Schwertern die Arme ritzen und diese eine kurze Zeit über die Öffnung des Trinkhornes alten.) | |
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| (Siegfried und Gunther legen zwei ihrer Finger auf das Horn, welches Hagen fortwährend in ihrer Mitte hält.) | |
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SIEGFRIED |
Blühenden Lebens
labendes Blut
träufelt' ich in den Trank.
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GUNTHER |
Bruder-brünstig
mutig gemischt,
blüh' im Trank unser Blut.
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SIEGFRIED UND GUNTHER |
Treue trink' ich dem Freund.
Froh und frei
entblühe dem Bund,
Blut-Brüderschaft heut'!
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GUNTHER |
Bricht ein Bruder den Bund,
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SIEGFRIED |
Trügt den Treuen der Freund,
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SIEGFRIED UND GUNTHER |
Was in Tropfen heut'
hold wir tranken,
in Strahlen ström' es dahin,
fromme Sühne dem Freund!
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GUNTHER |
(trinkt und reicht das Horn Siegfried)
So - biet' ich den Bund.
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SIEGFRIED |
So - trink' ich dir Treu'!
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| (Er trinkt und hält das geleerte Trinkhorn Hagen hin. Hagen zerschlägt mit seinem Schwerte das Horn in zwei Stücke. Siegfried und Gunther reichen sich die Hände.) | |
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SIEGFRIED |
(betrachtet Hagen, welcher während des Schwures hinter ihm gestanden)
Was nahmst du am Eide nicht teil?
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HAGEN |
Mein Blut verdürb' euch den Trank;
nicht fliesst mir's echt
und edel wie euch;
störrisch und kalt
stockt's in mir;
nicht will's die Wange mir röten.
Drum bleibt ich fern
vom feurigen Bund.
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GUNTHER |
(zu Siegfried)
Lass den unfrohen Mann!
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SIEGFRIED |
(hängt sich den Schild wieder über)
Frisch auf die Fahrt!
Dort liegt mein Schiff;
schnell führt es zum Felsen.
(Er tritt näher zu Gunther und bedeutet diesen)
Eine Nacht am Ufer
harrst du im Nachen;
die Frau fährst du dann heim.
(Er wendet sich zum Fortgehen und winkt Gunther, ihm zu folgen)
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GUNTHER |
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SIEGFRIED |
Um die Rückkehr ist mir's jach!
(Er geht zum Ufer, um das Schiff loszubinden)
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GUNTHER |
Du, Hagen, bewache die Halle!
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| (Er folgt Siegfried zum Ufer. - Während Siegfried und Gunther, nachdem sie ihre Waffen darin niedergelegt, im Schiff das Segel aufstecken und alles zur Abfahrt bereit machen, nimmt Hagen seinen Speer und Schild.) | |
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| (Gutrune erscheint an der Tür ihres Gemachs, als soeben Siegfried das Schiff abstösst, welches sogleich der Mitte des Stromes zutreibt.) | <- Gutrune
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GUTRUNE |
Wohin eilen die Schnellen?
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HAGEN |
(während er sich gemächlich mit Schild und Speer vor der Halle niedersetzt)
Zu Schiff - Brünnhild' zu frein.
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GUTRUNE |
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HAGEN |
Sieh', wie's ihn treibt,
zum Weib dich zu gewinnen!
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GUTRUNE |
Siegfried - mein!
(Sie geht, lebhaft erregt, in ihr Gemach zurück)
| Gutrune ->
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| (Siegfried hat das Ruder erfasst und treibt jetzt mit dessen Schlägen den Nachen stromabwärts, so dass dieser bald gänzlich ausser Gesicht kommt.) | Siegfried ->
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HAGEN |
(sitzt mit dem Rücken an den Pfosten der Halle gelehnt, bewegungslos)
Hier sitz' ich zur Wacht,
wahre den Hof,
wehre die Halle dem Feind.
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Gibichs Sohne
wehet der Wind,
auf Werben fährt er dahin.
Ihm führt das Steuer
ein starker Held,
Gefahr ihm will er bestehn:
Die eigne Braut
ihm bringt er zum Rhein;
mir aber bringt er - den Ring!
Ihr freien Söhne,
frohe Gesellen,
segelt nur lustig dahin!
Dünkt er euch niedrig,
ihr dient ihm doch,
des Niblungen Sohn.
| S
(♦)
(♦)
|
| |
| (Ein Teppich, welcher dem Vordergrunde zu die Halle einfasste, schlägt zusammen und schliesst die Bühne vor dem Zuschauer ab. Nachdem während eines kurzen Orchester-Zwischenspieles der Schauplatz verwandelt ist, wird der Teppich gänzlich aufgezogen.) | |
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Dritte Szene |
Die Felsenhöhle (wie im Vorspiel). Brünnhilde. |
Q
Brünnhilde
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| (sitzt am Eingange des Steingemaches, in stummen Sinnen Siegfrieds Ring betrachtend; von wonniger Erinnerung überwältigt, bedeckt sie ihn mit Küssen. - Ferner Donner lässt sich vernehmen, sie blickt auf und lauscht. Dann wendet sie sich wieder zu dem Ring. Ein feuriger Blitz. Sie lauscht von neuem und späht nach der Ferne, von woher eine finstre Gewitterwolke dem Felsensaume zuzieht) | |
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BRÜNNHILDE |
Altgewohntes Geräusch
raunt meinem Ohr die Ferne.
Ein Luftross jagt
im Laufe daher;
auf der Wolke fährt es
wetternd zum Fels.
Wer fand mich Einsame auf?
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WALTRAUTE |
(stimme aus der Ferne)
Brünnhilde! Schwester!
Schläfst oder wachst du?
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BRÜNNHILDE |
(fährt vom Sitze auf)
Waltrautes Ruf,
so wonnig mir kund! -
(in die Szene rufend)
Kommst du, Schwester?
Schwingst dich kühn zu mir her?
(Sie eilt nach dem Felsrande)
Dort im Tann
- dir noch vertraut -
steige vom Ross
und stell' den Renner zur Rast!
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| |
| (Sie stürmt in den Tann, von wo ein starkes Geräusch, gleich einem Gewitterschlage, sich vernehmen lässt. Dann kommt sie in heftiger Bewegung mit Waltraute zurück; sie bleibt freudig erregt, ohne Waltrautes ängstliche Scheu zu beachten.) | Brünnhilde ->
<- Brünnhilde, Waltraute
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BRÜNNHILDE |
Kommst du zu mir?
Bist du so kühn,
magst ohne Grauen
Brünnhild' bieten den Gruss?
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WALTRAUTE |
Einzig dir nur galt meine Eil'!
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BRÜNNHILDE |
(in höchster freudiger Aufgeregtheit)
So wagtest du, Brünnhild' zulieb,
Walvaters Bann zu brechen?
Oder wie? - O sag' -
wär' wider mich
Wotans Sinn erweicht? -
Als dem Gott entgegen
Siegmund ich schützte,
fehlend - ich weiss es -
erfüllt' ich doch seinen Wunsch.
Dass sein Zorn sich verzogen,
weiss ich auch;
denn verschloss er mich gleich in Schlaf,
fesselt' er mich auf den Fels,
wies er dem Mann mich zur Magd,
der am Weg mich fänd' und erweckt', -
meiner bangen Bitte
doch gab er Gunst:
mit zehrendem Feuer
umzog er den Fels,
dem Zagen zu wehren den Weg.
So zur Seligsten
schuf mich die Strafe:
der herrlichste Held
gewann mich zum Weib!
In seiner Liebe
leucht' und lach' ich heut' auf.
| |
| |
| (Sie umarmt Waltraute unter stürmischen Freudenbezeigungen, welche diese mit scheuer Ungeduld abzuwehren sucht.) | |
| |
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Lockte dich, Schwester, mein Los?
An meiner Wonne
willst du dich weiden,
teilen, was mich betraf?
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WALTRAUTE |
(heftig)
Teilen den Taumel,
der dich Törin erfasst? -
Ein andres bewog mich in Angst,
zu brechen Wotans Gebot.
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| |
| (Brünnhilde gewahrt hier erst mit Befremdung die wildaufgeregte Stimmung Waltrautes.) | |
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BRÜNNHILDE |
Angst und Furcht
fesseln dich Arme?
So verzieh der Strenge noch nicht?
Du zagst vor des Strafenden Zorn?
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WALTRAUTE |
(düster)
Dürft' ich ihn fürchten,
meiner Angst fänd' ich ein End'!
| |
BRÜNNHILDE |
Staunend versteh' ich dich nicht!
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WALTRAUTE |
Wehre der Wallung:
achtsam höre mich an!
Nach Walhall wieder
drängt mich die Angst,
die von Walhall hierher mich trieb.
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BRÜNNHILDE |
(erschrocken)
Was ist's mit den ewigen Göttern?
| |
WALTRAUTE |
Höre mit Sinn, was ich dir sage! -
Seit er von dir geschieden,
zur Schlacht nicht mehr
schickte uns Wotan;
irr und ratlos
ritten wir ängstlich zu Heer;
Walhalls mutige Helden
mied Walvater.
Einsam zu Ross,
ohne Ruh' noch Rast,
durchschweift er als Wandrer die Welt.
Jüngst kehrte er heim;
in der Hand hielt er
seines Speeres Splitter:
die hatte ein Held ihm geschlagen.
Mit stummem Wink
Walhalls Edle
wies er zum Forst,
die Weltesche zu fällen.
Des Stammes Scheite
hiess er sie schichten
zu ragendem Hauf
rings um der Seligen Saal.
Der Götter Rat
liess er berufen;
den Hochsitz nahm
heilig er ein:
ihm zu Seiten
hiess er die Bangen sich setzen,
in Ring und Reih'
die Hall' erfüllen die Helden.
So sitzt er,
sagt kein Wort,
auf hehrem Sitze
stumm und ernst,
des Speeres Splitter
fest in der Faust;
Holdas Äpfel
rührt er nicht an.
Staunen und Bangen
binden starr die Götter.
Seine Raben beide
sandt' er auf Reise:
kehrten die einst
mit guter Kunde zurück,
dann noch einmal
- zum letztenmal -
lächelte ewig der Gott.
Seine Knie umwindend,
liegen wir Walküren;
blind bleibt er
den flehenden Blicken;
uns alle verzehrt
Zagen und endlose Angst.
An seine Brust
presst' ich mich weinend:
da brach sich sein Blick -
er gedachte, Brünnhilde, dein'!
Tief seufzt' er auf,
schloss das Auge,
und wie im Traume
raunt' er das Wort:
"Des tiefen Rheines Töchtern
gäbe den Ring sie wieder zurück,
von des Fluches Last
erlöst wär' Gott und Welt!"
Da sann ich nach:
von seiner Seite
durch stumme Reihen
stahl ich mich fort;
in heimlicher Hast
bestieg ich mein Ross
und ritt im Sturme zu dir.
Dich, o Schwester,
beschwör' ich nun:
was du vermagst,
vollend' es dein Mut!
Ende der Ewigen Qual!
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| (Sie hat sich vor Brünnhilde niedergeworfen.) | |
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BRÜNNHILDE |
(ruhig)
Welch' banger Träume Mären
meldest du Traurige mir!
Der Götter heiligem
Himmelsnebel
bin ich Törin enttaucht:
nicht fass ich, was ich erfahre.
Wirr und wüst
scheint mir dein Sinn;
in deinem Aug'
- so übermüde -
glänzt flackernde Glut.
Mit blasser Wange,
du bleiche Schwester,
was willst du Wilde von mir?
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WALTRAUTE |
(heftig)
An deiner Hand, der Ring, -
er ist's; - hör' meinen Rat:
für Wotan wirf ihn von dir!
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BRÜNNHILDE |
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WALTRAUTE |
Den Rheintöchtern gib ihn zurück!
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BRÜNNHILDE |
Den Rheintöchtern - ich - den Ring?
Siegfrieds Liebespfand? -
Bist du von Sinnen?
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WALTRAUTE |
Hör' mich! Hör' meine Angst!
Der Welt Unheil
haftet sicher an ihm.
Wirf ihn von dir,
fort in die Welle!
Walhalls Elend zu enden,
den verfluchten wirf in die Flut!
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BRÜNNHILDE |
Ha! Weisst du, was er mir ist?
Wie kannst du's fassen,
fühllose Maid! -
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Mehr als Walhalls Wonne,
mehr als der Ewigen Ruhm
ist mir der Ring:
ein Blick auf sein helles Gold,
ein Blitz aus dem hehren Glanz -
gilt mir werter
als aller Götter
ewig währendes Glück!
Denn selig aus ihm
leuchtet mir Siegfrieds Liebe:
Siegfrieds Liebe!
- O liess' sich die Wonne dir sagen!
Sie - wahrt mir der Reif.
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Geh' hin zu der Götter
heiligem Rat!
Von meinem Ringe
raune ihnen zu:
die Liebe liesse ich nie,
mir nähmen nie sie die Liebe,
stürzt' auch in Trümmern
Walhalls strahlende Pracht!
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WALTRAUTE |
Dies deine Treue?
So in Trauer
entlässest du lieblos die Schwester?
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BRÜNNHILDE |
Schwinge dich fort!
Fliege zu Ross!
Den Ring entführst du mir nicht!
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WALTRAUTE |
Wehe! Wehe!
Weh' dir, Schwester!
Walhalls Göttern weh'!
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| (Sie stürzt fort. Bald erhebt sich unter Sturm eine Gewitterwolke aus dem Tann.) | Waltraute ->
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BRÜNNHILDE |
(während sie der davonjagenden, hell erleuchteten Gewitterwolke, die sich bald gänzlich in der Ferne verliert, nachblickt)
Blitzend Gewölk,
vom Wind getragen,
stürme dahin:
zu mir nie steure mehr her!
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| (Es ist Abend geworden. Aus der Tiefe leuchtet der Feuerschein allmählich heller auf. Brünnhilde blickt ruhig in die Landschaft hinaus.) | |
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Abendlich Dämmern
deckt den Himmel;
heller leuchtet
die hütende Lohe herauf.
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| (Der Feuerschein nähert sich aus der Tiefe. Immer glühendere Flammenzungen lecken über den Felsensaum auf.) | |
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Was leckt so wütend
die lodernde Welle zum Wall?
Zur Felsenspitze
wälzt sich der feurige Schwall.
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| (Man hört aus der Tiefe Siegfrieds Hornruf nahen. Brünnhilde lauscht und fährt entzückt auf.) | |
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Siegfried!
Siegfried zurück?
Seinen Ruf sendet er her!...
Auf! - Auf! Ihm entgegen!
In meines Gottes Arm!
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| (Sie eilt in höchstem Entzücken dem Felsrande zu. Feuerflammen schlagen herauf: aus ihnen springt Siegfried auf einen hochragenden Felsstein empor, worauf die Flammen sogleich wieder zurückweichen und abermals nur aus der Tiefe heraufleuchten. - Siegfried, auf dem Haupte den Tarnhelm, der ihm bis zur Hälfte das Gesicht verdeckt und nur die Augen freilässt, erscheint in Gunthers Gestalt.) | <- Siegfried
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BRÜNNHILDE |
(voll Entsetzen zurückweichend)
Verrat! Wer drang zu mir?
(Sie flieht bis in den Vordergrund und heftet von da aus in sprachlosem Erstaunen ihren Blick auf Siegfried)
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SIEGFRIED |
(im Hintergrunde auf dem Steine verweilend, betrachtet sie lange, regungslos auf seinen Schild gelehnt; dann redet er sie mit verstellter - tieferer - Stimme an)
Brünnhild'! Ein Freier kam,
den dein Feuer nicht geschreckt.
Dich werb' ich nun zum Weib:
du folge willig mir!
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BRÜNNHILDE |
(heftig zitternd)
Wer ist der Mann,
der das vermochte,
was dem Stärksten nur bestimmt?
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SIEGFRIED |
(unverändert wie zuvor)
Ein Helde, der dich zähmt,
bezwingt Gewalt dich nur.
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BRÜNNHILDE |
(von Grausen erfasst)
Ein Unhold schwang sich
auf jenen Stein!
Ein Aar kam geflogen,
mich zu zerfleischen! -
Wer bist du, Schrecklicher?
(Langes Schweigen)
Stammst du von Menschen?
Kommst du von Hellas
nächtlichem Heer?
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SIEGFRIED |
(wie zuvor, mit etwas bebender Stimme beginnend, alsbald aber wieder sicherer fortfahrend)
Ein Gibichung bin ich,
und Gunther heisst der Held,
dem, Frau, du folgen sollst.
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BRÜNNHILDE |
(in Verzweiflung ausbrechend)
Wotan! Ergrimmter,
grausamer Gott!
Weh'! Nun erseh' ich
der Strafe Sinn:
zu Hohn und Jammer
jagst du mich hin!
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SIEGFRIED |
(springt vom Stein herab und tritt näher heran)
Die Nacht bricht an:
in diesem Gemach
musst du dich mir vermählen!
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BRÜNNHILDE |
(indem sie den Finger, an dem sie Siegfrieds Ring trägt, drohend ausstreckt)
Bleib' fern! Fürchte dies Zeichen!
Zur Schande zwingst du mich nicht,
solang' der Ring mich beschützt.
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SIEGFRIED |
Mannesrecht gebe er Gunther,
durch den Ring sei ihm vermählt!
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BRÜNNHILDE |
Zurück, du Räuber!
Frevelnder Dieb!
Erfreche dich nicht, mir zu nahn!
Stärker als Stahl
macht mich der Ring:
nie - raubst du ihn mir!
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SIEGFRIED |
Von dir ihn zu lösen,
lehrst du mich nun!
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| (Er dringt auf sie ein; sie ringen miteinander. Brünnhilde windet sich los, flieht und wendet sich um, wie zur Wehr. Siegfried greift sie von neuem an. Sie flieht, er erreicht sie. Beide ringen heftig miteinander. Er fasst sie bei der Hand und entzieht ihrem Finger den Ring. Sie schreit heftig auf. Als sie wie zerbrochen in seinen Armen niedersinkt, streift ihr Blick bewusstlos die Augen Siegfrieds.) | |
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SIEGFRIED |
(lässt die Machtlose auf die Steinbank vor dem Felsengemach niedergleiten)
Jetzt bist du mein,
Brünnhilde, Gunthers Braut. -
Gönne mir nun dein Gemach!
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BRÜNNHILDE |
(starrt ohnmächtig vor sich hin, matt)
Was könntest du wehren,
elendes Weib!
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| (Siegfried treibt sie mit einer gebietenden Bewegung an. Zitternd und wankenden Schrittes geht sie in das Gemach.) | Brünnhilde ->
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SIEGFRIED |
(das Schwert ziehend, - mit seiner natürlichen Stimme)
Nun, Nothung, zeuge du,
dass ich in Züchten warb.
Die Treue wahrend dem Bruder,
trenne mich von seiner Braut!
(Er folgt Brünnhilde)
| Siegfried ->
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| (Der Vorhang fällt.) | |
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