DIE ZAUBERFLÖTE
Eine große Oper.
Syntetische Fassung herausgegeben von null www.operalib.eu.
Hier geh zur syntetische Fassung.
Hier geh zur PDF Fassung des Libretto.
QR code:
Text Emanuel SCHIKANEDER.
Musik Wolfgang Amadeus MOZART.
Uraufführung: 30.September 1791, Wien.
Personen:
SARASTRO |
Bass |
TAMINO |
Tenor |
SPRECHER |
Bass |
ERSTER PRIESTER |
Bass |
ZWEYTER PRIESTER |
Tenor |
DRITTER PRIESTER |
Andere |
KÖNIGINN der Nacht |
Sopran |
PAMINA ihre Tochter |
Sopran |
ERSTE DAME |
Sopran |
ZWEYTE DAME |
Sopran |
DRITTE DAME |
Sopran |
ERSTER KNABE |
Sopran |
ZWEYTER KNABE |
Sopran |
DRITTER KNABE |
Sopran |
PAPAGENO |
Bass |
Eine altes WEIB (Papagena) |
Sopran |
MONOSTATOS ein Mohor |
Tenor |
ERSTER SCLAVE |
Andere |
ZWEYTER SCLAVE |
Andere |
DRITTER SCLAVE |
Andere |
Erster Geharnischter, Zweyter Geharnischter.
Priester, Sclaven, Gefolge.
[Ouverture]
Das Theater ist eine felsichte Gegend, hie und da mit Bäumen überwachsen; auf beyden Seiten sind gangbare Berge, nebst einem runden Tempel.
Tamino kommt in einem prächtigen javonischen Jagdkleide rechts von einem Felsen herunter, mit einem Bogen, aber ohne Pfeil; eine Schlange verfolgt ihn.
[N. 1 - Introduction]
TAMINO
Zu Hülfe! zu Hülfe! sonst bin ich verloren,
der listigen Schlange zum Opfer erkoren.
Barmherzige Götter! schon nahet sie sich;
ach rettet mich! ach schützet mich!
Er fällt in Ohnmacht; sogleich öffnet sich die Pforte des Tempels; drey verschleyerte Damen kommen heraus, jede mit einem silbernen Wurfspieß.
DIE DREY DAMEN
Triumph! Triumph! sie ist vollbracht
die Heldenthat. Er ist befreyt
durch unsers Armes Tapferkeit.
ERSTE DAME
(ihn betrachtend)
Ein holder Jüngling, sanft und schön.
ZWEYTE DAME
So schön, als ich noch nie gesehn.
DRITTE DAME
Ja, ja! gewiß zum Mahlen schön.
ALLE DREY
Würd' ich mein Herz der Liebe weihn,
so müßt es dieser Jüngling seyn.
Laßt uns zu unsrer Fürstinn eilen,
ihr diese Nachricht zu ertheilen.
Vieleicht, daß dieser schöne Mann
die vor'ge Ruh' ihr geben kann.
ERSTE DAME
So geht und sagt es ihr!
Ich bleib' indessen hier.
ZWEYTE DAME
Nein, nein! geht ihr nur hin;
ich wache hier für ihn.
DRITTE DAME
Nein, nein! das kann nicht seyn!
Ich schütze ihn allein.
ALLE DREY
(jede für sich)
Ich sollte fort? Ei, ei! wie fein!
Sie wären gern bey ihm allein.
Nein, nein! das kann nicht seyn.
(Eine nach der andern, dann Alle drey zugleich.)
Was wollte ich darum nicht geben,
könnt ich mit diesem Jüngling leben!
Hätt' ich ihn doch so ganz allein!
Doch keine geht; es kann nicht seyn.
Am besten ist es nun, ich geh'.
Du Jüngling, schön und liebevoll!
Du trauter Jüngling, lebe wohl,
bis ich dich wieder seh'.
(Sie gehen Alle drey zur Pforte des Tempels ab, die sich selbst öffnet und schließt.)
TAMINO
(erwacht, sieht furchtsam umher)
Wo bin ich! Ist's Fantasie, daß ich noch lebe? oder hat eine höhere Macht mich gerettet?
(steht auf, sieht umher)
Wie? - Die bösartige Schlange liegt todt zu meinen Füßen?
(man hört von fern ein Waldflötchen, worunter das Orchester piano accompagnirt. Tamino spricht unter dem Ritornel.)
Was hör' ich? Wo bin ich? Welch' unbekannter Ort! - Ha, eine männliche Figur nähert sich dem Thal.
(versteckt sich hinter einem Baum)
Papageno kommt den Fußsteig herunter, hat auf dem Rücken eine große Vogelsteige, die hoch über den Kopf geht, worin verschiedene Vögel sind; auch hält er mit beyden Händen ein Faunen-Flötchen, pfeift und singt.
[N. 2 - Arie]
PAPAGENO
Der Vogelfänger bin ich ja,
stets lustig, heißa! hopsasa!
Der Vogelfänger ist bekannt
bey Alt und Jung im ganzen Land.
Weiß mit dem Locken umzugeh'n,
und mich aufs Pfeifen zu versteh'n.
Drum kann ich froh und lustig seyn;
denn alle Vögel sind ja mein.
(pfeift)
Der Vogelfänger bin ich ja,
stets lustig, heißa! hopsasa!
Der Vogelfänger ist bekannt,
bey Alt und Jung im ganzen Land.
Ein Netz für Mädchen möchte ich;
ich fing' sie dutzendweis für mich.
Dann sperrte sie bey mir ein,
und alle Mäd en wären mein.
(pfeift, will nach der Arie nach der Pforte gehen)
TAMINO
(nimmt ihn bey der Hand)
He da!
PAPAGENO
Was do!
TAMINO
Sag mir, du lustiger Freund, wer du seyst?
PAPAGENO
Wer ich bin?
(für sich)
Dumme Frage!
(laut)
Ein Mensch, wie du. - Wenn ich dich nun fragte, wer du bist? -
TAMINO
So würde ich dir antworten, daß ich aus fürstlichem Geblüte bin.
PAPAGENO
Das ist mir zu hoch. - Musst dich deutlicher erklären, wenn ich dich verstehen soll!
TAMINO
Mein Vater ist Fürst, der über viele Länder und Menschen herrscht; darum nennt man mich Prinz.
PAPAGENO
Länder? - Menschen? - Prinz? -
TAMINO
Daher frag' ich dich! -
PAPAGENO
Langsam! laß mich fragen. - Sag du mir zuvor: Gibt's ausser diesen Bergen auch noch Länder und Menschen?
TAMINO
Viele Tausende!
PAPAGENO
Da ließ sich eine Speculation mit meinen Vögeln machen.
TAMINO
Nun sag' du mir, in welcher Gegend wir sind. -
PAPAGENO
In welcher Gegend?
(sieht sich um)
Zwischen Thälern und Bergen.
TAMINO
Schon recht! aber wie nennt man eigentlich diese Gegend? - wer beherrscht sie? -
PAPAGENO
Das kann ich dir eben so wenig beantworten, als ich weiß, wie ich auf die Welt gekommen bin.
TAMINO
(lacht)
Wie? Du wüßtest nicht, wo du geboren, oder wer deine Eltern waren? -
PAPAGENO
Kein Wort! - Ich weiß nicht mehr, und nicht weniger, als daß mich ein alter, aber sehr lustiger Mann auferzogen, und ernährt hat.
TAMINO
Das war vermuthlich dein Vater? -
PAPAGENO
Das weiß ich nicht.
TAMINO
Hattest du denn deine Mutter nicht gekannt?
PAPAGENO
Gekannt hab' ich sie nicht; erzählen ließ ich mir's einige Mahl, daß meine Mutter einst da in diesem verschlossenen Gebäude bey der nächtlich sternflammenden Königinn gedient hätte. - Ob sie noch lebt, oder was aus ihr geworden ist, weiss ich nicht. - Ich weiß nur so viel, daß nicht weit von hier meine Strohhütte sieht, die mich vor Regen und Kälte schützt.
TAMINO
Aber wie lebst du?
PAPAGENO
Von Essen und Trinken, wie alle Menschen.
TAMINO
Wodurch erhältst du das?
PAPAGENO
Durch Tausch. - Ich fange für die sternflammende Königinn und ihre Jungfrauen verschiedene Vögel; dafür erhalt' ich täglich Speis' und Trank von ihr.
TAMINO
(für sich)
Sternflammende Königinn! - Wenn es etwa gar die mächtige Herrscherin der Nacht wäre! - Sag mir, guter Freund! warst du schon so glücklich, diese Göttinn der Nacht zu sehen?
PAPAGENO
(der bisher öfters auf seiner Flöte geblasen)
Deine letzte alberne Frage überzeugt mich, daß du aus einem fremden Lande geboren bist. -
TAMINO
Sey darüber nicht ungehalten, lieber Freund! ich dachte nur -
PAPAGENO
Sehen? - Die sternflammende Königinn sehen? - Wenn du noch mit einer solchen albernen Frage an mich kommst, so sperr' ich dich, so wahr ich Papageno heiße, wie einen Gimpel in mein Vogelhaus, verhandle dich dann mit meinen übrigen Vögeln an die nächtliche Königinn und ihre Jungfrauen, dann mögen sie dich meinetwegen sieden oder braten.
TAMINO
(für sich)
Ein wunderlicher Mann!
PAPAGENO
Sehen? - Die sternflammende Königinn sehen? - Welcher Sterbliche kann sich rühmen, sie je gesehen zu haben? - Welches Menschen Auge würde durch ihren schwarz durchwebten Schleyer blicken können?
TAMINO
(für sich)
Nun ist's klar; es ist eben diese nächtliche Königinn, von der mein Vater mir so oft erzählte. - Aber zu fassen, wie ich mich hierher verirrte, ist außer meiner Macht. - Unfehlbar ist auch dieser Mann kein gewöhnlicher Mensch. - Vielleicht einer ihrer dienstbaren Geister.
PAPAGENO
(für sich)
Wie er mich so starr anblickt! Bald fang' ich an, mich vor ihm zu fürchten. - Warum siehst du so verdächtig und schelmisch nach mir?
TAMINO
Weil - weil ich zweifle, ob du Mensch bist. -
PAPAGENO
Wie war das?
TAMINO
Nach deinen Federn, die dich bedecken, halt' ich dich. -
(geht auf ihn zu)
PAPAGENO
Doch für keinen Vogel? - Bleib zurück, sag' ich, und traue mir nicht; - denn ich habe Riesenkraft, wenn ich jemand packe. - Wenn er sich nicht bald von mir schrecken lässt, so lauf' ich davon.
TAMINO
Riesenkraft?
(er sieht auf die Schlange)
Also warst du wohl gar mein Erretter, der diese giftige Schlange bekämpfte?
PAPAGENO
Schlange!
(sieht sich um, weicht zitternd einige Schritte zurück)
Was da! ist sie todt, oder lebendig?
TAMINO
Du willst durch deine bescheidene Frage meinen Dank ablehnen - aber ich muß dir sagen, daß ich ewig für deine so tapfere Handlung dankbar seyn werde.
PAPAGENO
Schweigen wir davon still - Freuen wir uns, daß sie glücklich überwunden ist.
TAMINO
Aber um alles in der Welt, Freund! wie hast du dieses Ungeheuer bekämpft? - Du bist ohne Waffen.
PAPAGENO
Brauch keine! - Bey mir ist ein starker Druck mit der Hand mehr, als Waffen.
TAMINO
Du hast sie also erdrosselt?
PAPAGENO
Erdrosselt!
(für sich)
Bin in meinem Leben nicht so stark gewesen, als heute.
Die drey Damen, Vorige.
DIE DREY DAMEN
(drohen und rufen zugleich)
Papageno!
PAPAGENO
Aha! das geht mich an. - Sieh dich um, Freund!
TAMINO
Wer sind diese Damen?
PAPAGENO
Wer sie eigentlich sind, weiß ich selbst nicht. - Ich weiß nur so viel, daß sie mir täglich meine Vögel abnehmen, und mir dafür Wein, Zuckerbrod, und süße Feigen bringen.
TAMINO
Sie sind vermuthlich sehr schön?
PAPAGENO
Ich denke nicht! - denn wenn sie schön wären, würden sie ihre Gesichter nicht bedecken.
DIE DREY DAMEN
(drohend)
Papageno! -
PAPAGENO
Sey still! sie drohen mir schon. - Du fragst, ob sie schön sind, und ich kann dir darauf nichts antworten, als daß ich in meinem Leben nichts Reitzenders sah. - Jetzt werden sie bald wieder gut werden. - -
DIE DREY DAMEN
(drohend)
Papageno!
PAPAGENO
Waß muß ich denn heute verbrochen haben, daß sie gar so aufgebracht wider mich sind? - Hier, meine Schönen, übergeb' ich meine Vögel.
ERSTE DAME
(reicht ihm eine schöne Bouteille Wasser)
Dafür schickt dir unsre Fürstinn heute zum ersten Mahl statt Wein reines helles Wasser.
ZWEYTE DAME
Und mir befahl sie, daß ich, statt Zuckerbrod, diesen Stein dir überbringen soll. - Ich wünsche, daß er dir wohl bekommen möge.
PAPAGENO
Was? Steine soll ich fressen?
DRITTE DAME
Und statt der süßen Feigen hab' ich die Ehre, dir diess goldene Schloss vor den Mund zu schlagen.
(Sie schlägt ihm das Schloß vor.)
(Papageno hat seinen Schmerz durch Geberden.)
ERSTE DAME
Du willst vermuthlich wissen, warum die Fürstinn dich heute so wunderbar bestraft?
(Papageno bejaht es.)
ZWEYTE DAME
Damit du künftig nie mehr Fremde belügst.
DRITTE DAME
Und daß du nie dich der Heldenthaten rühmst, die andre vollzogen. -
ERSTE DAME
Sag' an! Hast du diese Schlange bekämpft?
(Papageno deutet nein.)
ZWEYTE DAME
Wer denn also?
(Papageno deutet, er wisse es nicht.)
DRITTE DAME
Wir waren's, Jüngling, die dich befreyten. - Zittre nicht! dich erwartet Freude und Entzücken. - Hier, diess Gemälde schickt dir die große Fürstinn; es ist das Bildniss ihrer Tochter - findest du, sagte sie, daß diese Züge dir nicht gleichgültig sind, dann ist Glück, Ehr' und Ruhm dein Loos. - Auf Wiedersehen.
(geht ab)
ZWEYTE DAME
Adieu, Monsieur Papageno!
(geht ab)
ERSTE DAME
Fein nicht zu hastig getrunken!
(geht lachend ab)
(Papageno hat immer sein stummes Spiel gehabt. Tamino ist gleich bey Empfang des Bildnisses aufmerksam geworden; seine Liebe nimmt zu, ob er gleich für alle diese Reden taub schien.)
Tamino, Papageno.
[N. 3 - Arie]
TAMINO
Diess Bildniss ist bezaubernd schön,
wie noch kein Auge je geseh'n!
Ich fühl' es, wie diess Götterbild
mein Herz mit neuer Regung füllt.
Diess Etwas kann ich zwar nicht nennen!
Doch fühl' ichs hier wie Feuer brennen.
Soll die Empfindung Liebe seyn?
Ja, ja! die Liebe ist's allein. -
O wenn ich sie nur finden könnte!
O wenn sie doch schon vor mir stände!
Ich würde - würde - warm und rein -
was würde ich! - Sie voll Entzücken
an diesen heißen Busen drücken,
und ewig wäre sie dann mein.
(will ab)
Die drey Damen, Vorige.
ERSTE DAME
Rüste dich mit Muth und Standhaftigkeit, schöner Jüngling! - Die Fürstinn -
ZWEYTE DAME
Hat mir aufgetragen, dir zu sagen -
DRITTE DAME
Daß der Weg zu deinem künftigen Glücke nunmehr gebahnt sey.
ERSTE DAME
Sie hat jedes deiner Worte gehört, so du sprachst; - sie hat -
ZWEYTE DAME
jeden Zug in deinem Gesichte gelesen. - Ja noch mehr, ihr mütterliches Herz -
DRITTE DAME
Hat beschlossen, dich ganz glücklich zu machen. - Hat dieser Jüngling, sprach sie, auch so viel Muth und Tapferkeit, als er zärtlich ist, o so ist meine Tochter ganz gewiß gerettet.
TAMINO
Gerettet? O ewige Dunkelheit! was hör' ich? - Das Original? -
ERSTE DAME
Hat ein mächtiger, böser Dämon ihr entrissen.
TAMINO
Entrissen? - O ihr Götter! - sagt, wie konnte das geschehen?
ERSTE DAME
Sie saß an einem schönen Mayentage ganz allein in dem alles belebenden Zipressenwäldchen, welches immer ihr Lieblingsaufenthalt war. - Der Bösewicht schlich unbemerkt hinein -
ZWEYTE DAME
Belauschte sie, und -
DRITTE DAME
Er hat nebst seinem bösen Herzen auch noch die Macht, sich in jede erdenkliche Gestalt zu verwandeln; auf solche Weise hat er auch Pamina -
ERSTE DAME
Diess ist der Name der königlichen Tochter, so ihr anbetet.
TAMINO
O Pamina! du mir entrissen - du in der Gewalt eines üppigen Bösewichts! - bist vieleicht in diesem Augenblicke - schrecklicher Gedanke!
DIE DREY DAMEN
Schweig, Jüngling! -
ERSTE DAME
Lästere der holden Schönheit Tugend nicht! - Trotz aller Pein, so die Unschuld duldet, ist sie sich immer gleich. - Weder Zwang, noch Schmeicheley ist vermögend, sie zum Wege des Lasters zu verführen. -
TAMINO
O sagt, Mädchen! sagt, wo ist des Tyrannen Aufenthalt?
ZWEYTE DAME
Sehr nahe an unsern Bergen lebt er in einem angenehmen und reitzenden Thale. - Seine Burg ist prachtvoll, und sorgsam bewacht.
TAMINO
Kommt, Mädchen! führt mich! - Pamina sey gerettet! - Der Bösewicht falle von meinem Arm; das schwör ich bey meiner Liebe, bey meinem Herzen!
(sogleich wird ein heftig erschütternder Accord mit Musik gehört Ihr Götter!)
Was ist das?
DIE DREY DAMEN
Fasse dich!
ERSTE DAME
Es verkündigt die Ankunft unserer Königinn.
(Donner)
DIE DREY DAMEN
Sie kommt! -
(Donner)
Sie kommt! -
(Donner)
Sie kommt! -
Die Berge theilen sich aus einander, und das Theater verwandelt sich in ein prächtiges Gemach. Die Königinn sitzt auf einem Thron, welcher mit transparenten Sternen geziert ist.
Königinn.
[N. 4 - Rezitativ und Arie]
KÖNIGINN
O zittre nicht, mein lieber Sohn!
du bist unschuldig, weise, fromm;
ein Jüngling, so wie du, vermag am besten,
diess tief betrübte Mutterherz zu trösten.
Zum Leiden bin ich auserkohren;
denn meine Tochter fehlet mir,
durch sie ging all mein Glück verloren -
ein Bösewicht entfloh mit ihr.
Noch seh' ich ihr Zittern
mit bangem Erschüttern,
ihr ängstliches Beben
ihr schüchternes Leben.
Ich mußte sie mir rauben sehen,
ach helft! war alles was sie sprach:
allein vergebens war ihr Flehen,
denn meine Hülfe war zu schwach.
Du wirst sie zu befreyen gehen,
du wirst der Tochter Retter seyn.
Und werd ich dich als Sieger sehen,
so sey sie dann auf ewig dein.
(mit den drey Damen ab)
Das Theater verwandelt sich wieder so, wie es vorher war.
Tamino, Papageno.
TAMINO
(nach einer Pause)
Ists denn auch Wirklichkeit, was ich sah? oder betäubten mich meine Sinnen? - O ihr guten Götter täuscht mich nicht! oder ich unterliege eurer Prüfung. - Schützet meinen Arm, stählt meinen Muth, und Taminos Herz wird ewigen Dank euch entgegen schlagen.
(Er will gehen, Papageno tritt ihm in den Weg.)
[N. 5 - Quintett]
PAPAGENO
(deutet traurig auf sein Schloß am Mund)
Hm! Hm! Hm! Hm! Hm! Hm! Hm! Hm!
TAMINO
Der Arme kann von Strafe sagen,
denn seine Sprache ist dahin.
PAPAGENO
Hm! Hm! Hm! Hm! Hm! Hm! Hm! Hm!
TAMINO
Ich kann nichts thun, als dich beklagen,
weil ich zu schwach zu helfen bin.
(Während Tamino die letzten Strophen wiederhohlt, singt
PAPAGENO
(mit unter)
Hm! Hm! Hm! Hm! Hm! Hm!
Die drey Damen, Vorige.
ERSTE DAME
Die Königinn begnadigt dich!
(nimmt ihm das Schloß vom Munde)
Entläßt die Strafe dir durch mich.
PAPAGENO
Nun plaudert Papageno wieder!
ZWEYTE DAME
Ja plaudre! - Lüge nur nicht wieder.
PAPAGENO
Ich lüge nimmermehr! Nein! Nein!
Die drey Damen mit ihm.
Zusammen
DIE DREY DAMEN
Diess Schloß soll deine Warnung seyn.
PAPAGENO
Diess Schloß soll meine Warnung seyn.
ALLE FÜNF
Bekämen doch die Lügner alle,
ein solches Schloß vor ihren Mund;
statt Haß, Verleumdung, schwarzer Galle,
bestünde Lieb und Bruderbund.
ERSTE DAME
(sie giebt ihm eine goldene Flöte)
O Prinz, nimm diess Geschenk von mir!
Dies sendet unsre Fürstinn dir!
Die Zauberflöte wird dich schützen,
im grösten Unglück unterstützen.
DIE DREY DAMEN
Hiemit kannst du allmächtig handeln,
der Menschen Leidenschaft verwandeln.
Der Traurige wird freudig seyn,
den Hagestolz nimmt Liebe ein.
ALLE FÜNF
O so eine Flöte ist mehr als Gold und Kronen werth,
denn durch sie wird Menschenglück und Zufriedenheit vermehrt.
PAPAGENO
Nun ihr schönen Frauenzimmer,
darf ich - so empfehl ich mich.
DIE DREY DAMEN
Dich empfehlen kannst du immer,
doch bestimmt die Fürstinn dich
mit dem Prinzen ohn' Verweilen,
nach Sarastros Burg zu eilen.
PAPAGENO
Nein, dafür bedank ich mich!
Von euch selbst hörte ich,
daß er wie ein Tiegerthier.
Sicher ließ ohn' alle Gnaden
mich Sarastro rupfen, braten,
setzte mich den Hunden für.
DIE DREY DAMEN
Dich schützt der Prinz, trau ihm allein!
Dafür sollst du sein Diener seyn.
PAPAGENO
(für sich)
Daß doch der Prinz beym Teufel wäre,
mein Leben ist mir lieb.
Am Ende schleicht bey meiner Ehre,
er von mir wie ein Dieb.
ERSTE DAME
Hier nimm diess Kleinod, es ist dein.
(giebt ihm eine Maschine wie ein hölzernes Gelächter)
PAPAGENO
Ey! Ey! was mag darinnen seyn?
DRITTE DAME
Darinnen hörst du Glöckchen tönen.
PAPAGENO
Werd ich sie auch wohl spielen können?
DIE DREY DAMEN
O ganz gewiß! Ja, ja! gewiß.
Alle fünf.
Zusammen
DIE DREY DAMEN
Silber - Glöckchen, Zauberflöten,
sind zu eurem Schutz vonnöthen.
Lebet wohl! wir wollen gehen,
lebet wohl! auf Wiedersehen.
TAMINO, PAPAGENO
Silber - Glöckchen, Zauberflöten,
sind zu unserm Schutz vonnöthen.
Lebet wohl! wir wollen gehen,
lebet wohl! auf Wiedersehen.
(Alle wollen gehen.)
TAMINO UND PAPAGENO
Doch schöne Damen saget an!
Wie man die Burg wohl finden kann.
DIE DREY DAMEN
Drey Knäbchen, jung, schön, hold und weise,
umschweben euch auf eurer Reise,
sie werden eure Führer seyn,
folgt ihrem Rathe ganz allein.
TAMINO UND PAPAGENO
Drey Knäbchen jung, schön, hold und weise,
umschweben uns auf unsrer Reise.
ALLE FÜNF
So lebet wohl! wir wollen gehen,
lebt wohl! lebt wohl! auf Wiedersehen.
(Alle ab.)
Zwey Sclaven tragen, so bald das Theater in ein prächtiges ägyptisches Zimmer verwandelt ist, schöne Pölster nebst einem prächtigen türkischen Tisch heraus, breiten Teppiche auf, sodann kommt der dritte Sclave.
DRITTER SCLAVE
Ha, ha, ha!
ERSTER SCLAVE
Pst, Pst!
ZWEYTER SCLAVE
Was soll denn das Lachen? -
DRITTER SCLAVE
Unser Peiniger, der alles belauschende Mohr, wird morgen sicherlich gehangen oder gespießt. - Pamina! - Ha, ha, ha!
ERSTER SCLAVE
Nun?
DRITTER SCLAVE
Das reitzende Mädchen! - Ha, ha, ha!
ZWEYTER SCLAVE
Nun?
DRITTER SCLAVE
Ist entsprungen.
ERSTER SCLAVE UND ZWEYTER SCLAVE
Entsprungen?
ERSTER SCLAVE
Und sie entkam?
DRITTER SCLAVE
Unfehlbar! Wenigstens ist's mein wahrer Wunsch.
ERSTER SCLAVE
O Dank euch ihr guten Götter! ihr habt meine Bitte erhört.
DRITTER SCLAVE
Sagt ich euch nicht immer, es wird doch ein Tag für uns scheinen, wo wir gerochen, und der schwarze Monostatos bestraft werden wird.
ZWEYTER SCLAVE
Was spricht nun der Mohrzu der Geschichte?
ERSTER SCLAVE
Er weiß doch davon?
DRITTER SCLAVE
Natürlich! Sie entlief vor seinen Augen. - Wie mir einige Brüder erzählten, die im Garten arbeiteten, und von weitem sahen und hörten, so ist der Mohrnicht mehr zu retten; auch wenn Pamina von Sarastros Gefolge wieder eingebracht würde.
ERSTER SCLAVE UND ZWEYTER SCLAVE
Wie so?
DRITTER SCLAVE
Du kennst ja den üppigen Wanst und seine Weise; das Mädchen aber war klüger als ich dachte. - In dem Augenblicke, da er zu siegen glaubte, rief sie Sarastros Namen: das erschütterte den Mohren; er blieb stumm und unbeweglich stehen - indes lief Pamina nach dem Kanal, und schiffte von selbst in einer Gondel dem Palmwäldchen zu.
ERSTER SCLAVE
O wie wird das schüchterne Reh mit Todesangst dem Pallaste ihrer zärtlichen Mutter zueilen.
Vorige, Monostatos von innen.
MONOSTATOS
He Sclaven!
ERSTER SCLAVE
Monostatos' Stimme!
MONOSTATOS
He Sclaven! Schaft Fesseln herbey. -
DIE DREY SCLAVEN
Fesseln?
ERSTER SCLAVE
(läuft zur Seitenthüre)
Doch nicht für Pamina? O ihr Götter! da seht Brüder, das Mädchen ist gefangen.
ZWEYTER SCLAVE UND DRITTER SCLAVE
Pamina? - Schrecklicher Anblick!
ERSTER SCLAVE
Seht, wie der unbarmherzige Teufel sie bey ihren zarten Händchen faßt. - Das halt ich nicht aus.
(geht auf die andere Seite ab)
ZWEYTER SCLAVE
Ich noch weniger.
(auch dort ab)
DRITTER SCLAVE
So was sehen zu müssen, ist Höllenmarter.
(ab)
Monostatos, Pamina, die von Sclaven herein geführt wird.
[N. 6 - Terzett]
MONOSTATOS
(sehr schnell)
Du feines Täubchen, nur herein.
PAMINA
O welche Marter! welche Pein!
MONOSTATOS
Verloren ist dein Leben.
PAMINA
Der Tod macht mich nicht beben,
nur meine Mutter dauert mich;
sie stirbt vor Gram ganz sicherlich.
MONOSTATOS
He Sclaven! legt ihr Fesseln an,
Mein Haß, soll dich verderben.
(sie legen ihr Fesseln an)
PAMINA
O lass mich lieber sterben,
weil nichts, Barbar! dich rühren kann.
(sie sinkt ohnmächtig auf ein Sofa)
MONOSTATOS
Nun fort! laßt mich bey ihr allein.
(Die Sclaven ab)
Papageno von aussen am Fenster, ohne gleich gesehen zu werden. Vorige.
PAPAGENO
Wo bin ich wohl? wo mag ich seyn?
Aha! da sind ich Leute;
gewagt! ich geh herein.
(geht herein)
Schön Mädchen, jung und fein,
viel weißer noch als Kreide.
(Monostatos und Papageno sehen sich, - erschrecken einer über den andern.)
MONOSTATOS, PAPAGENO
Hu! Das - ist - der - Teuf - el - sich - er - lich!
Hab Mitleid, und verschone mich!
Hu! Hu! Hu!
(laufen beyde ab)
Pamina allein.
(spricht wie im Traum)
Mutter - Mutter - Mutter! -
(Sie erhohlt sich, sicht sich um)
Wie? - Noch schlägt dieses Herz? - Noch nicht vernichtet? - Zu neuen Qualen erwacht? - O das ist hart, sehr hart! - Mir bitterer, als der Tod.
Papageno, Pamina.
PAPAGENO
Bin ich nicht ein Narr, daß ich mich schrecken ließ? - Es giebt ja schwarze Vögel in der Welt, warum denn nicht auch schwarze Menschen? - Ah, sieh da! hier ist das schöne Fräulenbild noch. - Du Tochter der nächtlichen Königinn!
PAMINA
Nächtliche Königinn? - Wer bist du?
PAPAGENO
Ein Abgesandter der sternflammenden Königinn.
PAMINA
(freudig)
Meiner Mutter? - O Wonne! - Dein Name!
PAPAGENO
Papageno!
PAMINA
Papageno? - Papageno - Ich erinnere mich den Nahmen oft gehört zu haben, dich selbst aber sah ich nie.
PAPAGENO
Ich dich eben so wenig.
PAMINA
Du kennst also meine gute, zärtliche Mutter?
PAPAGENO
Wenn du die Tochter der nächtlichen Königinn bist - ja!
PAMINA
O ich bin es.
PAPAGENO
Das will ich gleich erkennen.
(er sieht das Portrait an, welches der Prinz zuvor empfangen, und Papageno nun an einem Bande am Halse trägt)
Die Augen schwarz - richtig, schwarz. - Die Lippen roth - richtig, roth - Blonde Haare - Blonde Haare. - Alles trift ein, bis auf Händ und Füße. - - - Nach dem Gemählde zu schlüßen, sollst du weder Hände noch Füße haben; denn hier sind auch keine angezeigt.
PAMINA
Erlaube mir - Ja ich bin's - Wie kam es in deine Hände?
PAPAGENO
Dir das zu erzählen, wäre zu weitläufig; es kam von Hand zu Hand.
PAMINA
Wie kam es in die deinige?
PAPAGENO
Auf eine wunderbare Art. - Ich habe es gefangen.
PAMINA
Gefangen?
PAPAGENO
Ich muß dir das umständlicher erzählen. - Ich kam heute früh wie gewöhnlich zu deiner Mutter Pallast mit meiner Lieferung. -
PAMINA
Lieferung?
PAPAGENO
Ja, ich liefere deiner Mutter, und ihren Jungfrauen schon seit vielen Jahren alle die schönen Vögel in den Pallast. - Eben als ich im Begriff war, meine Vögel abzugeben, sah ich einen Menschen vor mir, der sich Prinz nennen läßt. - Dieser Prinz hat deine Mutter so eingenommen, daß sie ihm dein Bildnis schenkte, und ihm befahl, dich zu befreyen. - Sein Entschluß war so schnell, als seine Liebe zu dir.
PAMINA
Liebe? Freudig. Er liebt mich also? O sage mir das noch ein Mahl, ich höre das Wort Liebe gar zu gerne.
PAPAGENO
Das glaube ich dir ohne zu schwören; bist ja ein Fräulenbild. - Wo blieb ich denn?
PAMINA
Bey der Liebe.
PAPAGENO
Richtig, bey der Liebe! - Das nenn ich Gedächtniss haben - Kurz also, diese große Liebe zu dir war der Peitschenstreich, um unsre Füße in schnellen Gang zu bringen; nun sind wir hier, dir tausend schöne und angenehme Sachen zu sagen; dich in unsre Arme zu nehmen, und wenn es möglich ist, eben so schnell, wo nicht schneller als hierher, in den Pallast deiner Mutter zu eilen.
PAMINA
Das ist alles sehr schön gesagt; aber lieber Freund! wenn der unbekannte Jüngling oder Prinz, wie er sich nennt, Liebe für mich fühlt, warum säumt er so lange, mich von meinen Fesseln zu befreyen? -
PAPAGENO
Da steckt eben der Hacken. - Wie wir von den Jungfrauen Abschied nahmen, so sagten sie uns, drey holde Knaben würden unsre Wegweiser seyn, sie würden uns belehren, wie und auf was Art wir handeln sollen.
PAMINA
Sie lehrten euch?
PAPAGENO
Nichts lehrten sie uns, denn wir haben keinen gesehen. - Zur Sicherheit also war der Prinz so fein, mich voraus zu schicken, um dir unsre Ankunft anzukündigen. -
PAMINA
Freund, du hast viel gewagt! - Wenn Sarastro dich hier erblicken sollte. - -
PAPAGENO
So wird mir meine Rückreise erspart - Das kann ich mir denken.
PAMINA
Dein martervoller Tod würde ohne Grenzen seyn.
PAPAGENO
Um diesem auszuweichen, so gehen wir lieber bey Zeiten.
PAMINA
Wie hoch mag wohl die Sonne seyn?
PAPAGENO
Bald gegen Mittag.
PAMINA
So haben wir keine Minute zu versäumen. - Um diese Zeit kommt Sarastro gewöhnlich von der Jagd zurück.
PAPAGENO
Sarastro ist also nicht zu Hause? - Pah! da haben wir gewonnenes Spiel! - Komm, schönes Fräulenbild! du wirst Augen machen, wenn du den schönen Jüngling erblickst.
PAMINA
Wohl denn! es sey gewagt!
(sie gehen, Pamina kehrt um)
Aber wenn diess ein Fallstrick wäre - Wenn dieser nun ein böser Geist von Sarastros Gefolge wäre? -
(sieht ihn bedenklich an)
PAPAGENO
Ich ein böser Geist? - Wo denkt ihr hin Fräulenbild? - Ich bin der beste Geist von der Welt.
PAMINA
Doch nein; das Bild hier überzeugt mich, daß ich nicht getäuscht bin; Es kommt von den Händen meiner zärtlichsten Mutter.
PAPAGENO
Schön's Fräulenbild, wenn dir wieder ein so böser Verdacht aufsteigen sollte, daß ich dich betrügen wollte, so denke nur fleißig an die Liebe, und jeder böse Argwohn wird schwinden.
PAMINA
Freund, vergieb! vergieb! wenn ich dich beleidigte. Du hast ein gefühlvolles Herz, das sehe ich in jedem deiner Züge.
PAPAGENO
Ach freylich hab ich ein gefühlvolles Herz - Aber was nützt mich das alles? - Ich möchte mir oft alle meine Federn ausrupfen, wenn ich bedenke, daß Papageno noch keine Papagena hat.
PAMINA
Armer Mann! du hast also noch kein Weib?
PAPAGENO
Nicht einmahl ein Mädchen, viel weniger ein Weib! - Ja das ist betrübt! - Und unser einer hat doch auch bisweilen seine lustigen Stunden, wo man gern gesellschaftliche Unterhaltung haben möcht. -
PAMINA
Geduld Freund! der Himmel wird auch für dich sorgen; er wird dir eine Freundinn schicken, ehe du dir's vermuthest. -
PAPAGENO
Wenn er's nur bald schickte.
[N. 7 - Duett]
PAMINA
Bey Männern, welche Liebe fühlen,
fehlt auch ein gutes Herze nicht.
PAPAGENO
Die süßen Triebe mit zu fühlen,
ist dann der Weiber erste Pflicht.
PAMINA, PAPAGENO
Wir wollen uns der Liebe freu'n,
wir leben durch die Lieb allein.
PAMINA
Die Lieb' versüßet jede Plage,
ihr opfert jede Kreatur.
PAPAGENO
Sie würzet unsre Lebenstage,
sie wirkt im Kreise der Natur.
PAMINA UND PAPAGENO
Ihr hoher Zweck zeigt deutlich an,
nichts edlers sey, als Weibund Mann.
Mann und Weib, und Weibund Mann,
reichen an die Götter an.
(beyde ab)
Das Theater verwandelt sich in einen Hayn. Ganz im Grunde der Bühne ist ein schöner Tempel, worauf diese Worte stehen: Tempel der Weisheit; dieser Tempel führt mit Säulen zu zwey andern Tempeln; rechts auf dem einen steht: Tempel der Vernunft. Links steht: Tempel der Natur.
Drey Knaben führen den Tamino herein, jeder hat einen silbernen Palmzweig in der Hand.
[N. 8 - Finale]
DIE DREY KNABEN
Zum Ziele führt dich diese Bahn,
doch mußt du Jüngling! männlich siegen.
Drum höre unsre Lehre an:
sey standhaft, duldsam, und verschwiegen!
TAMINO
Ihr holden Kleinen sagt mir an,
ob ich Paminen retten kann.
DIE DREY KNABEN
Diess kund zu thun, steht uns nicht an -
sey standhaft, duldsam, und verschwiegen;
bedenke dies: kurz, sey ein Mann,
dann Jüngling wirst du männlich siegen.
(gehen ab)
TAMINO
Die Weisheitslehre dieser Knaben
sey ewig mir ins Herz gegraben.
Wo bin ich nun? - Was wird mit mir?
Ist dies der Sitz der Götter hier?
Es zeigen die Pforten, es zeigen die Säulen,
daß Klugheit und Arbeit und Künste hier weilen;
wo Thätigkeit thronet, und Müssiggang weicht,
Erhält seine Herrschaft das Laster nicht leicht.
Ich mache mich muthig zur Pforte hinein,
die Absicht ist edel, und lauter und rein.
Erzittre feiger Bösewicht!
Paminen retten ist mir Pflicht.
(Er geht an die Pforte zur rechten Seite, macht sie auf, und als er hinein will, hört man von fern eine Stimme.)
STIMME
Zurück!
TAMINO
Zurück? so wag ich hier mein Glück!
(er geht zur linken Pforte, eine Stimme von innen)
STIMME
Zurück!
TAMINO
Auch hier ruft man zurück?
(sieht sich um)
Da sehe ich noch eine Thür!
Vieleicht find ich den Eingang hier.
(Er klopft, ein alter Priester erscheint.)
PRIESTER
Wo willst du kühner Fremdling, hin?
Was suchst du hier im Heiligthum?
TAMINO
Der Lieb und Tugend Eigenthum.
PRIESTER
Die Worte sind von hohem Sinn!
Allein, wie willst du diese finden?
Dich leitet Lieb und Tugend nicht,
weil Tod und Rache dich entzünden.
TAMINO
Nur Rache für den Bösewicht.
PRIESTER
Den wirst du wohl bey uns nicht finden.
TAMINO
Sarastro herrscht in diesen Gründen?
PRIESTER
Ja, ja! Sarastro herrschet hier!
TAMINO
Doch in dem Weisheitstempel nicht?
PRIESTER
Er herrscht im Weisheitstempel hier.
TAMINO
So ist denn alles Heucheley!
(will gehen)
PRIESTER
Willst du schon wieder geh'n?
TAMINO
Ja, ich will geh'n, froh und frey,
nie euren Tempel seh'n.
PRIESTER
Erklär dich näher mir, dich täuschet ein Betrug.
TAMINO
Sarastro wohnet hier, das ist mir schon genug.
PRIESTER
Wenn du dein Leben liebst, so rede, bleibe da!
Sarastro haßest du?
TAMINO
Ich haß ihn ewig! Ja. -
PRIESTER
Nun gieb mir deine Gründe an.
TAMINO
Er ist ein Unmensch, ein Tyrann!
PRIESTER
Ist das, was du gesagt, erwiesen?
TAMINO
Durch ein unglücklich Weib bewiesen,
die Gram und Jammer niederdrückt.
PRIESTER
Ein Weibhat also dich berückt?
Ein Weibthut wenig, plaudert viel.
Du Jüngling glaubst dem Zungenspiel?
O legte doch Sarastro dir
die Absicht seiner Handlung für.
TAMINO
Die Absicht ist nur allzu klar;
riß nicht der Räuber ohn' Erbarmen,
Paminen aus der Mutter Armen?
PRIESTER
Ja, Jüngling! was du sagst, ist wahr.
TAMINO
Wo ist sie, die er uns geraubt?
Man opferte vieleicht sie schon?
PRIESTER
Dir diess zu sagen, theurer Sohn!
Ist jetzund mir noch nicht erlaubt.
TAMINO
Erklär diess Räthsel, täusch mich nicht.
PRIESTER
Die Zunge bindet Eid und Pflicht.
TAMINO
Wann also wird die Decke schwinden?
PRIESTER
So bald dich führt der Freundschaft Hand,
ins Heiligthum zum ew'gen Band.
(geht ab)
TAMINO
(allein)
O ewige Nacht! Wann wirst du schwinden?
Wann wird das Licht mein Auge finden?
EINIGE STIMMEN
Bald Jüngling, oder nie!
TAMINO
Bald sagt ihr, oder nie!
Ihr Unsichtbaren, saget mir!
Lebt denn Pamina noch?
DIE STIMMEN
Pamina lebet noch!
TAMINO
(freudig)
Sie lebt? ich danke euch dafür
(er nimmt seine Flöte heraus)
Wenn ich doch nur im Stande wäre
Allmächtige, zu Eurer Ehre,
mit jedem Tone meinen Dank,
zu schildern, wie er hier entsprang!
(Aufs Herz deutend. Er spielt, sogleich kommen Thiere von allen Arten hervor, ihm zuzuhören. Er hört auf, und sie fliehen. Die Vögel pfeifen dazu.)
Wie stark ist nicht dein Zauberton,
weil, holde Flöte, durch dein Spielen
selbst wilde Thiere Freude fühlen.
Doch nur Pamina bleibt davon;
(er spielt)
Pamina höre, höre mich!
Umsonst!
(er spielt)
Wo? ach! wo find ich dich?
(Er spielt, Papageno antwortet von innen mit seinem Flötchen.)
Ha, das ist Papagenos Ton.
(Er spielt, Papageno antwortet.)
Vieleicht sah er Paminen schon,
vieleicht eilt sie mit ihm zu mir!
Vieleicht führt mich der Ton zu ihr.
(eilt ab)
Papageno, Pamina ohne Fesseln.
PAMINA UND PAPAGENO
Schnelle Füße, rascher Muth,
schützt vor Feindes List und Wuth;
fänden wir Taminen doch!
Sonst erwischen sie uns noch.
PAMINA
Holder Jüngling!
PAPAGENO
Stille, stille! ich kanns besser!
(er pfeift; Tamino antwortet von innen mit seiner Flöte)
PAMINA UND PAPAGENO
Welche Freude ist wohl größer,
freund Tamino hört uns schon;
hieher kam der Flöten Ton,
welch' ein Glück, wenn ich ihn finde!
Nur geschwinde! Nur geschwinde!
(wollen gehen)
Vorige, Monostatos.
MONOSTATOS
Ha, hab ich euch noch erwischt!
Nur herbey mit Stahl und Eisen;
wart, man will euch Mores weisen.
Den Monostatosberücken!
Nur herbey mit Band und Stricken;
he, ihr Sclaven kommt herbey!
(Die Sclaven kommen mit Fesseln.)
PAMINA UND PAPAGENO
Ach nun ists mit uns vorbey.
PAPAGENO
Wer viel wagt, gewinnt oft viel,
komm du schönes Glockenspiel!
Laß die Glöckchen klingen, klingen,
daß die Ohren ihnen fingen.
(Er schlägt auf sein Instrument, sogleich singt Monostatos und die Sclaven, und gehen unter dem Gesang marschmässig ab.)
MONOSTATOS UND SCLAVEN
Das klinget so herrlich, das klinget so schön!
Tralla lala la Trallalala!
Nie hab ich so etwas gehört und geseh'n!
Trallalalala Tralla lalala.
(ab)
PAPAGENO UND PAMINA
Ha ha ha! ha ha ha!
Könnte jeder brave Mann
solche Glöckchen finden,
seine Feinde würden dann
ohne Mühe schwinden.
Und er lebte ohne sie
in der besten Harmonie.
Nur der Freundschaft Harmonie
mildert die Beschwerden;
ohne diese Sympathie
ist kein Glück auf Erden.
(Ein starker Marsch mit Trompeten und Paucken fällt ein. Von innen.)
CHOR
Es lebe Sarastro! Sarastro lebe!
PAPAGENO
Was soll diess bedeuten? Ich zittre, ich bebe.
PAMINA
O Freund, nun ists um uns gethan!
Diess kündigt den Sarastro an.
PAPAGENO
O wär ich eine Maus!
Wie wollt ich mich verstecken,
wär ich so klein wie Schnecken,
so kröch ich in mein Haus. -
Mein Kind, was werden wir nun sprechen?
PAMINA
Die Wahrheit! sey sie auch Verbrechen.
PAMINA UND PAPAGENO
Die Wahrheit ist nicht immer gut,
weil sie den Großen wehe thut;
doch wär sie allezeit verhaßt,
so wär mein Leben mir zur Last.
Ein Zug von Gefolge; zuletzt fährt Sarastro auf einem Triumphwagen heraus, der von sechs Löwen gezogen wird. Vorige.
CHOR
Es lebe Sarastro! Sarastro soll leben!
Er ist es, dem wir uns mit Freuden ergeben!
Stets mög' er des Lebens als Weiser sich freun!
Er ist unser Abgott, dem alle sich weihn.
Dieser Chor wird gesungen, bis Sarastro aus dem Wagen ist.
PAMINA
(kniet)
Herr, ich bin zwar Verbrecherinn!
Ich wollte deiner Macht entfliehn.
Allein die Schuld ist nicht an mir -
der böse Mohr verlangte Liebe;
darum, o Herr! entfloh ich dir.
SARASTRO
Steh auf, erheitre dich, o Liebe!
Denn ohne erst in dich zu dringen
weiß ich von deinem Herzen mehr:
du liebest einen andern sehr.
Zur Liebe will ich dich nicht zwingen,
doch geh ich dir die Freyheit nicht.
PAMINA
Mich rufet ja die Kindespflicht,
denn meine Mutter -
SARASTRO
Steht in meiner Macht,
du würdest um dein Glück gebracht,
wenn ich dich ihren Händen ließe.
PAMINA
Mir klingt der Mutternamen süße;
Sie ist es -
SARASTRO
und ein stolzes Weib.
Ein Mann muß eure Herzen leiten,
denn ohne ihn pflegt jedes Weib
aus ihrem Wirkungskreis zu schreiten.
Monostatos, Tamino. Vorige.
MONOSTATOS
Nun stolzer Jüngling, nur hieher!
Hier ist Sarastro, unser Herr!
Pamina und Tamino.
Zusammen
PAMINA
Er ist's! Er ist's! ich glaub es kaum!
Es schling mein Arm sich um ihn her,
und wenn es auch mein Ende wär.
TAMINO
Sie ists! Sie ists! es ist kein Traum!
Es schling mein Arm sich um sie her,
und wenn es auch mein Ende wär.
ALLE
Was soll das heissen?
MONOSTATOS
Welch eine Dreistigkeit!
Gleich auseinander, das geht zu weit!
(er trennt sie; kniet)
Dein Sclave liegt zu deinen Füßen,
laß den verweg'nen Frevler büßen.
Bedenk, wie frech der Knabe ist!
Durch dieses seltnen Vogels List,
Wollt' er Paminen dir entführen;
allein, ich wusst ihn auszuspühren.
Du kennst mich! - meine Wachsamkeit -
SARASTRO
verdient, daß man ihr Lorber strent!
He! gebt dem Ehrenmann sogleich -
MONOSTATOS
Schon deine Gnade macht mich reich.
SARASTRO
Nur 77 Sohlenstreich!
MONOSTATOS
(kniet)
Ach Herr! den Lohn verhoft ich nicht.
SARASTRO
Nicht Dank! Es ist ja meine Pflicht.
(wird fortgeführt)
ALLE
Es lebe Sarastro, der göttliche Weise,
er lohnet und strafet in ähnlichem Kreise.
SARASTRO
Führt diese beyden Fremdlinge,
in unsern Prüfungstempel ein:
bedecket ihre Häupter dann -
sie müssen erst gereinigt seyn.
(Zwey bringen eine Art Sack, und bedecken die Häupter der beyden Fremden.)
ALLE
Führt diese beyden Fremdlinge
in unsern Prüfungstempel ein:
bedecket ihre Häupter dann -
sie müssen erst gereinigt seyn.
SCHLUSS CHOR
Wenn Tugend und Gerechtigkeit
den großen Pfad mit Ruhm bestreut;
dann ist die Erd' ein Himmelreich,
und Sterbliche den Göttern gleich.
Ende des ersten Aufzuges.
Das Theater ist ein Palmwald; alle Bäume sind silberartig, die Blätter von Gold. 18 Sitze von Blättern; auf einem jeden Sitze steht eine Pyramide, und ein großes schwarzes Horn mit Gold gefaßt. In der Mitte ist die größte Pyramide, auch die größten Bäume. Sarastro nebst andern Priestern kommen in feyerlichen Schritten, jeder mit einem Palmzweige in der Hand. Ein Marsch mit blasenden Instrumenten begleitet den Zug.
[N. 9 - Marsch der Priester]
SARASTRO
(nach einer Pause)
Ihr, in dem Weisheitstempel eingeweihten Diener der großen Göttin Osiris und Isis! - Mit reiner Seele erklär ich euch, daß unsre heutige Versammlung eine der wichtigsten unsrer Zeit ist. - Tamino, ein Königssohn, 20 Jahre seines Alters, wandelt an der nördlichen Pforte unsers Tempels, und seufzt mit tugendvollem Herzen nach einem Gegenstande, den wir alle mit Mühe und Fleiß erringen müssen. - Kurz, dieser Jüngling will seinen nächtlichen Schleyer von sich reißen, und ins Heiligthum des größten Lichtes blicken. - Diesen Tugendhaften zu bewachen, ihm freundschaftlich die Hand zu bieten, sey heute eine unsrer wichtigsten Pflichten.
ERSTER PRIESTER
(steht auf)
Er besitzt Tugend?
SARASTRO
Tugend!
ZWEYTER PRIESTER
Auch Verschwiegenheit?
SARASTRO
Verschwiegenheit!
DRITTER PRIESTER
Ist wohlthätig?
SARASTRO
Wohlthätig! - haltet ihr ihn für würdig, so folgt meinem Beyspiele.
(sie blasen drey Mahl in die Hörner)
Gerührt über die Einigkeit eurer Herzen, dankt Sarastro euch im Namen der Menschheit. - Mag immer das Vorurtheil seinen Tadel über uns Eingeweihte auslassen! - Weisheit und Vernunft zerstückt es gleich dem Spinnengewebe. - Unsere Säulen erschüttern sie nie. Jedoch, das böse Vorurtheil soll schwinden; und es wird schwinden, so bald Tamino selbst die Größe unserer schweren Kunst besitzen wird. -
Pamina, das sanfte, tugendhafte Mädchen haben die Götter dem holden Jünglinge bestimmt; dies ist der Grundstein, warum ich sie der stolzen Mutter entriß. - Das Weibdünkt sich groß zu seyn; hoft durch Blendwerk und Aberglauben das Volk zu berücken, und unsern festen Tempelbau zu zerstören. Allein, das soll sie nicht; Tamino, der holde Jüngling selbst, soll ihn mit uns befestigen, und als Eingeweihter der Tugend Lohn, dem Laster aber Strafe seyn.
(Der dreymahlige Accord in den Hörnern wird von allen wiederholt.)
SPRECHER
(steht auf)
Großer Sarastro, deine weisheitsvollen Reden erkennen und bewundern wir; allein, wird Tamino auch die harten Prüfungen, so seiner warten, bekämpfen? - Verzeih, daß ich so frey bin, dir meinen Zweifel zu eröffnen! mich bangt es um den Jüngling. Wenn nun im Schmerz dahin gesunken sein Geist ihn verließe, und er dem harten Kampfe unterläge. - Er ist Prinz! -
SARASTRO
Noch mehr - Er ist Mensch!
SPRECHER
Wenn er nun aber in seiner frühen Jugend leblos erblaßte?
SARASTRO
Dann ist er Osiris und Isis gegeben, und wird der Götter Freuden früher fühlen, als wir. (der dreeymaliger Accord wird wiederholt) Man führe Tamino mit seinem Reisegefährten in Vorhof des Tempels ein. (zum Sprecher, der vor ihm niederkniet) Und du, Freund! den die Götter durch uns zum Vertheidiger der Wahrheit bestimmten - vollziehe dein heiliges Amt, und lehre durch deine Weisheit beyde, was Pflicht der Menschheit sey, lehre sie die Macht der Götter erkennen.
(Sprechergeht mit einem Priester ab, alle Priester stellen sich mit ihren Palmzweigen zusammen.)
[N. 10 - Arie mit Chor]
Chorus.
SARASTRO UND CHOR
O Isis und Osiris schenket
der Weisheit Geist dem neuen Paar!
Die ihr der Wandrer Schritte lenket,
stärkt mit Geduld sie in Gefahr -
laßt sie der Prüfung Früchts sehen.
Doch sollten sie zu Grabe gehen,
so lohnt der Tugend kühnen Lauf,
nehmt sie in euern Wohnsitz auf.
(Sarastro geht voraus, dann alle ihm nach ab.)
Nacht, der Donner rollt von weitem. Das Theater verwandelt sich in einen kurzen Vorhof des Tempels, wo man Ruinen von eingefallenen Säulen und Pyramiden sieht, nebst einigen Dornbüschen. An beyden Seiten stehen practicable hohe altägyptische Thüren, welche mehr Seitengebäude vorstellen.
Tamino und Papageno werden vom Sprecher und dem andern Priester hereingeführt; sie lösen ihnen die Säcke ab; die Priester gehen dann ab.
TAMINO
Eine schreckliche Nacht! - Papageno, bist du noch bey mir?
PAPAGENO
I, freylich!
TAMINO
Wo denkst du, daß wir uns nun befinden?
PAPAGENO
Wo? Ja wenns nicht finster wäre, wollt' ich dirs schon sagen - aber so - (Donnerschlag) o weh! -
TAMINO
Was ists?
PAPAGENO
Mir wird nicht wohl bey der Sache!
TAMINO
Du hast Furcht, wie ich höre.
PAPAGENO
Furcht eben nicht, nur eiskalt läufts mir über den Rücken. (Starker Donnerschlag) O weh!
TAMINO
Was solls?
PAPAGENO
Ich glaube, ich bekomme ein kleines Fieber.
TAMINO
Pfui, Papageno! Sey ein Mann!
PAPAGENO
Ich wollt' ich wär ein Mädchen! (Ein sehr starker Donnerschlag) O! O! O! Das ist mein letzter Augenblick.
Sprecher, und der andere Priester mit Fackeln. Vorige.
SPRECHER
Ihr Fremdlinge, was sucht oder fordert ihr von uns? Was treibt euch an, in unsre Mauern zu dringen?
TAMINO
Freundschaft und Liebe.
SPRECHER
Bist du bereit, es mit deinem Leben zu erkämpfen?
TAMINO
Ja!
SPRECHER
Auch wenn Tod dein Loos wäre?
TAMINO
Ja!
SPRECHER
Prinz, noch ists Zeit zu weichen - einen Schritt weiter, und es ist zu spät. -
TAMINO
Weisheitslehre sey mein Sieg; Pamina, das holde Mädchen mein Lohn.
SPRECHER
Du unterziehst jeder Prüfung dich?
TAMINO
Jeder!
SPRECHER
Reiche deine Hand mir! (sie reichen sich die Hände) So!
ZWEYTER PRIESTER
Ehe du weiter sprichst, erlaube mir ein Paar Worte mit diesem Fremdlinge zu sprechen. - Willst auch du dir Weisheitsliebe erkämpfen?
PAPAGENO
Kämpfen ist meine Sache nicht. - Ich verlang' auch im Grunde gar keine Weisheit. Ich bin so ein Natursmensch, der sich mit Schlaf, Speise und Trank begnügt; - und wenn es ja seyn könnte, daß ich mir einmahl ein schönes Weibchen fange.
ZWEYTER PRIESTER
Die wirst du nie erhalten, wenn du dich nicht unsern Prüfungen unterziehst.
PAPAGENO
Worinn besteht diese Prüfung? -
ZWEYTER PRIESTER
Dich allen unsern Gesetzen unterwerfen, selbst den Tod nicht scheuen.
PAPAGENO
Ich bleibe ledig!
SPRECHER
Aber wenn du dir ein tugendhaftes, schönes Mädchen erwerben könntest?
PAPAGENO
Ich bleibe ledig!
ZWEYTER PRIESTER
Wenn nun aber Sarastro dir ein Mädchen aufbewahrt hätte, das an Farbe und Kleidung dir ganz gleich wäre? -
PAPAGENO
Mir gleich! Ist sie jung?
ZWEYTER PRIESTER
Jung und schön!
PAPAGENO
Und heisst?
ZWEYTER PRIESTER
Papagena.
PAPAGENO
Wie? - Pa?
ZWEYTER PRIESTER
Papagena!
PAPAGENO
Papagena? - Die möcht' ich aus bloßer Neugierde sehen.
ZWEYTER PRIESTER
Sehen kannst du sie! - -
PAPAGENO
Aber wenn ich sie gesehen habe, hernach muß ich sterben?
(Zweyter Priester macht eine zweydeutige Pantomime.)
PAPAGENO
Ja? - Ich bleibe ledig!
ZWEYTER PRIESTER
Sehen kannst du sie, aber bis zur verlaufenen Zeit kein Wort mit ihr sprechen; wird dein Geist so viel Standhaftigkeit besitzen, deine Zunge in Schranken zu halten?
PAPAGENO
O ja!
ZWEYTER PRIESTER
Deine Hand! du sollst sie sehen.
SPRECHER
Auch dir, Prinz, legen die Götter ein heilsames Stillschweigen auf; ohne diesem seyd ihr beyde verlohren. - Du wirst Pamina sehen - aber nie sie sprechen dürfen; diess ist der Anfang eurer Prüfungszeit. -
[N. 11 - Duett]
ZWEYTER PRIESTER UND SPRECHER
Bewahret euch vor Weibertücken:
dies ist des Bundes erste Pflicht!
Manch weiser Mann liess sich berücken,
er fehlte, und versah sichs nicht.
Verlassen sah er sich am Ende,
vergolten seine Treu mit Hohn!
Vergebens rang er seine Hände,
Tod und Verzweiflung war sein Lohn.
(Beyde Priester ab.)
Tamino, Papageno.
PAPAGENO
He, Lichter her! Lichter her! - Das ist doch wunderlich, so oft einen die Herrn verlassen, so sieht man mit offenen Augen Nichts.
TAMINO
Ertrag es mit Geduld, und denke, es ist der Götter Wille.
Die drey Damen, Vorige. (Aus der Versenkung.)
[N. 12 - Quintett]
DIE DREY DAMEN
Wie? wie? wie?
Ihr an diesem Schreckensort?
Nie, nie, nie!
Kommt ihr wieder glücklich fort!
Tamino, dir ist Tod geschworen.
Du, Papageno! bist verlohren!
PAPAGENO
Nein! nein! nein! Das wär zu viel.
TAMINO
Papageno schweige still!
Willst du dein Gelübde brechen,
nichts mit Weibern hier zu sprechen?
PAPAGENO
Ihr hört ja, wir sind beyde hin.
TAMINO
Stille sag ich! - Schweige still!
PAPAGENO
Immer still, und immer still!
DIE DREY DAMEN
Ganz nah ist euch die Königinn!
Sie drang in Tempel heimlich ein.
PAPAGENO
Wie? was? sie soll im Tempel seyn?
TAMINO
Stille sag ich! - Schweige still! -
Wirst du immer so vermessen,
Deiner Eides - Pflicht vergessen?
DIE DREY DAMEN
Tamino, hör! du bist verlohren!
Gedenke an die Königinn!
Man zischelt viel sich in die Ohren
von dieser Priester falschem Sinn.
TAMINO
(für sich)
Ein Weiser prüft und achtet nicht,
was der verworfne Pöbel spricht.
DIE DREY DAMEN
Man sagt, wer ihrem Bunde schwört,
der ist verwünscht mit Haut und Haar.
PAPAGENO
Das wär beym Teufel unerhört!
Sagt an Tamino, ist das wahr?
TAMINO
Geschwätz von Weibern nachgesagt,
von Heuchlern aber ausgedacht.
PAPAGENO
Doch sagt es auch die Königinn.
TAMINO
Sie ist ein Weib, hat Weibersinn,
sey still, mein Wort sey dir genug,
denk deiner Pflicht, und handle klug.
DIE DREY DAMEN
(zu Tamino)
Warum bist du mit uns so spröde?
Tamino deutet bescheiden, daß er nicht sprechen darf.
DIE DREY DAMEN
Auch Papageno schweigt, - so rede!
PAPAGENO
Ich möchte gerne - Woll -
TAMINO
Still!
PAPAGENO
(heimlich)
Ihr seht, daß ich nicht soll -
TAMINO
Still!
Tamino und Papageno.
Zusammen
TAMINO
Daß ich du nicht kannst das Plaudern lassen,
ist wahrlich eine Schand' für dich.
PAPAGENO
Daß ich du nicht kann das Plaudern lassen,
ist wahrlich eine Schand' für mich.
Alle Fünf.
Zusammen
DIE DREY DAMEN
Sie müssen uns mit Schaam verlassen:
es plaudert keiner sicherlich!
Von festem Geiste ist ein Mann,
er denket, was er sprechen kann.
TAMINO UND PAPAGENO
Wir müssen sie mit Schaam verlassen:
es plaudert keiner sicherlich!
Von festem Geiste ist ein Mann,
er denket, was er sprechen kann.
(Die Damen wollen gehen, die Eingeweihten schreyen von innen.)
PRIESTER
Entweiht ist die heilige Schwelle,
hinab mit den Weibern zur Hölle!
(Ein schrecklicher Accord mit allen Instrumenten, Donner, Blitz und Schlag: zugleich zwey starke Donner. Die Damen stürzen in die Versenkung.)
DIE DREY DAMEN
O weh! o weh! o weh!
PAPAGENO
(fällt vor Schrecken zu Boden; singt, da schon alle Musik stille ist)
O weh! O weh! O weh!
(Dann fängt der dreymahlige Accord an.)
Tamino, Papageno, Sprecher, Zweyter Priester (mit Fackeln.)
SPRECHER
Heil dir, Jüngling! dein standhaft männliches Betragen hat gesiegt. Zwar hast du noch manch rauhen und gefährlichen Weg zu wandern, den du aber durch Hülfe der Götter glücklich endigen wirst. - Wir wollen also mit reinem Herzen unsere Wanderschaft weiter fortsetzen. -
(er giebt ihm den Sack um)
So! nun komm.
(ab)
ZWEYTER PRIESTER
Was seh' ich! Freund, siehe auf! wie ist dir?
PAPAGENO
Ich lieg' in einer Ohnmacht!
ZWEYTER PRIESTER
Auf! Sammle dich und sey ein Mann!
PAPAGENO
(sieht auf)
Aber sagt mir nur meine lieben Herren, warum muß ich denn alle die Qualen und Schrecken empfinden? - Wenn mir ja die Götter eine Papagena bestimmten, warum denn mit so vielen Gefahren sie erringen?
ZWEYTER PRIESTER
Diese neugierige Frage mag deine Vernunft dir beantworten. Komm! meine Pflicht heischt dich weiter zu führen.
(er giebt ihm den Sack um)
PAPAGENO
Bey so einer ewigen Wanderschaft möcht einem wohl die Liebe auf immer vergehen.
(ab)
Das Theater verwandelt sich in einen angenehmen Garten; Bäume, die nach Art eines Hufeisens gesetzt sind; in der Mitte siebt eine Laube von Blumen und Rosen, worin Pamina schläft. Der Mond beleuchtet ihr Gesicht. Ganz vorn steht eine Rasenbank, Monostatoskommt, setzt sich nach einer Pause.
MONOSTATOS
Ha, da find' ich ja die spröde Schöne! - Und um so einer geringen Pflanze wegen wollte man meine Fußsohlen behämmern? - Also bloß dem heutigen Tage hab' ichs zu verdanken, daß ich noch mit heiler Haut auf die Erde trete. - Hm! - Was war denn eigentlich mein Verbrechen? - daß ich mich in eine Blume vergaffte, die auf fremden Boden versetzt war? - Und welcher Mensch, wenn er auch von gelinderm Himmelstrich daher wanderte, würde bey so einem Anblick kalt und unempfindlich bleiben? - Bey allen Sternen! das Mädchen wird noch um meinen Verstand mich bringen. - Das Feuer, das in mir glimmt, wird mich noch verzehren.
(er sieht sich allenthalben um)
Wenn ich wüßte - daß ich so ganz allein, und unbelauscht wäre - ich wagte es noch einmal.
(er macht sich Wind mit beyden Händen)
Es ist doch eine verdammte närrische Sache um die Liebe! - Ein Küßchen, dächte ich, ließe sich entschuldigen. -
(Alles wird so piano gesungen und gespielt, als wenn die Musik in weiter Entfernung wäre.)
[N. 13 - Arie]
Alles fühlt der Liebe Freuden,
schnäbelt, tändelt, herzet, küßt;
und ich soll die Liebe meiden,
weil ein Schwarzer häßlich ist.
Ist mir denn kein Herz gegeben?
Ich bin auch den Mädchen gut?
Immer ohne Weibchen leben,
wäre wahrlich Höllenglut.
Drum so will ich, weil ich lebe,
schnäbeln, küssen, zärtlich seyn! -
Lieber, guter Mond - vergebe
eine Weiße nahm mich ein! -
Weiß ist schön! - ich muß sie küssen;
Mond! verstecke dich dazu! -
Sollt es dich zu seh'n verdrießen,
o so mach die Augen zu.
(Er schleicht langsam und leise hin.)
Die Königinn kommt unter Donner aus der mittlern Versenkung, und so, daß sie gerade vor Pamina zu stehen kommt.
KÖNIGINN
Zurücke!
PAMINA
(erwacht)
Ihr Götter!
MONOSTATOS
(prallt zurück)
O weh! - das ist - wo ich nicht irre, die Göttin der Nacht.
(steht ganz still)
PAMINA
Mutter! Mutter! meine Mutter!
(sie fällt ihr in die Arme)
MONOSTATOS
Mutter? hm! das muß man von weitem belauschen.
(schleicht ab)
KÖNIGINN
Verdank es der Gewalt, mit der man dich mir entriß, daß ich noch deine Mutter mich nenne. - Wo ist der Jüngling, den ich an dich sandte?
PAMINA
Ach Mutter, der ist der Welt und den Menschen auf ewig entzogen. - Er hat sich den Eingeweihten gewidmet.
KÖNIGINN
Den Eingeweihten? - Unglückliche Tochter, nun bist du auf ewig mir entrissen. -
PAMINA
Entrissen? - O fliehen wir liebe Mutter! unter deinem Schutz trotz ich jeder Gefahr.
KÖNIGINN
Schutz? Liebes Kind, deine Mutter kann dich nicht mehr schützen. - Mit deines Vaters Tod gieng meine Macht zu Grabe.
PAMINA
Mein Vater -
KÖNIGINN
Übergab freywillig den siebenfachen Sonnenkreis den Eingeweihten; diesen mächtigen Sonnenkreis trägt Sarastro auf seiner Brust. - Als ich ihn darüber beredete, so sprach er mit gefalteter Stirne: Weib! meine letzte Stunde ist da - alle Schätze, so ich allein besass, sind dein und deiner Tochter. - Der alles verzehrende Sonnenkreis, fiel ich hastig ihm in die Rede, - ist den Geweihten bestimmt, antwortete er: - Sarastro wird ihn so männlich verwalten, wie ich bisher. - Und nun kein Wort weiter; forsche nicht nach Wesen, die dem weiblichen Geiste unbegreiflich sind. - Deine Pflicht ist, dich und deine Tochter, der Führung weiser Männer zu überlassen.
PAMINA
Liebe Mutter, nach allem dem zu schließen, ist wohl auch der Jüngling auf immer für mich verloren.
KÖNIGINN
Verloren, wenn du nicht, eh' die Sonne die Erde färbt, ihn durch diese unterirdische Gewölber zu fliehen beredest. - Der erste Schimmer des Tages entscheidet, ob er ganz Dir oder den Eingeweihten gegeben sey.
PAMINA
Liebe Mutter, dürft ich den Jüngling als Eingeweihten denn nicht auch eben so zärtlich lieben, wie ich ihn jetzt liebe? - Mein Vater selbst war ja mit diesen weisen Männern verbunden; er sprach jederzeit mit Entzücken von ihnen, preisste ihre Güte - ihren Verstand - ihre Tugend. - Sarastro ist nicht weniger tugendhaft. -
KÖNIGINN
Was hör ich! - Du meine Tochter könntest die schändlichen Gründe dieser Barbaren vertheidigen? - So einen Mann lieben, der mit meinem Todfeinde verbunden, mit jedem Augenblick mir meinen Sturz bereiten würde? - Siehst du hier diesen Stahl? - Er ist für Sarastro geschliffen. - Du wirst ihn tödten, und den mächtigen Sonnenkreis mir überliefern.
PAMINA
Aber liebste Mutter! -
KÖNIGINN
Kein Wort!
[N. 14 - Arie]
Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen,
Tod und Verzweiflung flammet um mich her!
Fühlt nicht durch dich Sarastro Todesschmerzen,
so bist du meine Tochter nimmermehr.
Verstossen sey auf ewig und verlassen,
zertrümmert alle Bande der Natur,
wenn nicht durch dich Sarastro wird erblassen!
Hört Rache, - Götter! - Hört der Mutter Schwur.
(Sie versinkt.)
Pamina mit dem Dolch in der Hand.
PAMINA
Morden soll ich? - Götter! das kann ich nicht. - Das kann ich nicht!
(steht in Gedanken)
Vorige, Monostatos.
MONOSTATOS
(kommt schnell, heimlich, und sehr freudig)
Sarastros Sonnenkreis hat also auch seine Wirkung? - Und diesen zu erhalten, soll das schöne Mädchen ihn morden? - Das ist Salz in meine Suppe!
PAMINA
Aber schwur sie nicht bey allen Göttern, mich zu verstoßen, wenn ich den Dolch nicht gegen Sarastro kehre? - Götter! - Was soll ich nun?
MONOSTATOS
Dich mir anvertrauen!
(nimmt ihr den Dolch)
PAMINA
(erschrickt und schreyt)
Ha!
MONOSTATOS
Warum zitterst du? vor meiner schwarzen Farbe, oder vor dem ausgedachten Mord?
PAMINA
(schüchtern)
Du weißt also? -
MONOSTATOS
Alles. - Ich weiß sogar, daß nicht nur dein, sondern auch deiner Mutter Leben in meiner Hand steht. - Ein einziges Wort sprech ich zu Sarastro, und deine Mutter wird in diesem Gewölbe in eben dem Wasser, das die Eingeweihten reinigen soll, wie man sagt, ersäufft. - Aus diesem Gewölbe kommt sie nun sicher nicht mehr mit heiler Haut, wenn ich es will. - Du hast also nur einen Weg, dich und deine Mutter zu retten.
PAMINA
Der wäre?
MONOSTATOS
Mich zu lieben.
PAMINA
(zitternd für sich)
Götter!
MONOSTATOS
(freudig)
Das junge Bäumchen jagt der Sturm auf meine Seite. - Nun Mädchen! - Ja, oder nein!
PAMINA
(entschlossen)
Nein!
MONOSTATOS
(voll Zorn)
Nein? und warum? weil ich die Farbe eines schwarzen Gespensts trage? - Nicht? - Ha so stirb!
(er ergreift sie bey der Hand)
PAMINA
Monostatos, sieh mich hier auf meinen Knien - schone meiner!
MONOSTATOS
Liebe oder Tod! - Sprich! dein Leben steht auf der Spitze.
PAMINA
Mein Herz hab ich dem Jüngling geopfert.
MONOSTATOS
Was kümmert mich dein Opfer. - Sprich! -
PAMINA
(entschlossen)
Nie!
Vorige, Sarastro.
MONOSTATOS
So fahr denn hin!
(Sarastro hält ihn schnell ab)
Herr, mein Unternehmen ist nicht strafbar; man hat deinen Tod geschworen, darum wollt ich dich rächen.
SARASTRO
Ich weis nur allzuviel. - Weiß, daß deine Seele eben so schwarz als dein Gesicht ist. - Auch würde ich dies schwarze Unternehmen mit höchster Strenge an dir bestrafen, wenn nicht ein böses Weib, das zwar eine sehr gute Tochter hat, den Dolch dazu geschmiedet hätte. - Verdank es der bösen Handlung des Weibes, daß du ungestraft davon ziehst. - Geh! -
MONOSTATOS
(im Abgehen)
Jetzt such' ich die Mutter auf, weil die Tochter mir nicht beschieden ist.
(ab)
Vorige, ohne Monostatos.
PAMINA
Herr, strafe meine Mutter nicht, der Schmerz über meine Abwesenheit.
SARASTRO
Ich weis alles. - Weis, daß sie in unterirdischen Gemächern des Tempels herumirrt, und Rache über mich und die Menschheit kocht: allein, du sollst sehen, wie ich mich an deiner Mutter räche. - Der Himmel schenke nur dem holdem Jüngling Muth und Standhaftigkeit in seinem frommen Vorsatz, denn bist du mit ihm glücklich, und deine Mutter soll beschämt nach ihrer Burg zurücke kehren.
[N. 15 - Arie]
In diesen heil'gen Hallen,
kennt man die Rache nicht. -
und ist ein Mensch gefallen;
führt Liebe ihn zur Pflicht.
Dann wandelt er an Freundeshand,
vergnügt und froh ins bess're Land.
In diesen heiligen Mauern
wo Mensch den Menschen liebt,
kann kein Verräther lauern,
weil man dem Feind vergiebt.
Wen solche Lehren nicht erfreu'n,
verdienet nicht ein Mensch zu seyn.
(Gehen beyde ab.)
Das Theater verwandelt sich in eine Halle, wo das Flugwerk gehen kann. Das Flugwerk ist mit Rosen und Blumen umgeben, wo sich sodann eine Thüre öfnet.
Tamino und Papageno werden ohne Säcke, von den zwey Priestern herein geführt. Ganz vorne sind zwey Rasenbänke.
SPRECHER
Hier seyd ihr euch beyde allein überlassen. - Sobald die röchelnde Posaune tönt, dann nehmt ihr euren Weg dahin. - Prinz, lebt wohl! Wir sehen uns, eh' ihr ganz am Ziele seyd. - Noch einmal, vergeßt das Wort nicht: Schweigen.
(ab)
ZWEYTER PRIESTER
Papageno, wer an diesem Ort sein Stillschweigen bricht, den strafen die Götter durch Donner und Blitz. Leb wohl!
(ab)
Tamino, Papageno.
Tamino setzt sich auf eine Rasenbank.
PAPAGENO
(nach einer Pause)
Tamino!
TAMINO
(verweisend)
St!
PAPAGENO
Das ist ein lustiges Leben! - Wär' ich lieber in meiner Strohhütte, oder im Walde, so hört ich doch manchmahl einen Vogel pfeifen.
TAMINO
(verweisend)
St!
PAPAGENO
Mit mir selbst werd' ich wohl sprechen dürfen; und auch wir zwey können zusammen sprechen, wir sind ja Männer.
TAMINO
(verweisend)
St!
PAPAGENO
(singt)
La la la - la la la! - Nicht einmal einen Tropfen Wasser bekommt man bey diesen Leuten; viel weniger sonst was.
Ein altes häßliches Weib kommt aus der Versenkung, hält auf einer Tasse einen großen Becher mit Wasser.
PAPAGENO
(sieht sie lang an)
Ist das für mich?
WEIB
Ja, mein Engel!
PAPAGENO
(sieht sie wieder an, trinkt)
Nicht mehr und nicht weniger als Wasser. - Sag du mir, du unbekannte Schöne! werden alle fremde Gäste auf diese Art bewirthet?
WEIB
Freylich mein Engel!
PAPAGENO
So, so! - Auf die Art werden die Fremden auch nicht gar zu häufig kommen. -
WEIB
Sehr wenig.
PAPAGENO
Kann mirs denken. - Geh Alte, setze dich her zu mir, mir ist die Zeit verdammt lange. - Sag du mir, wie alt bist du denn?
WEIB
Wie alt?
PAPAGENO
Ja!
WEIB
18 Jahr, und 2 Minuten.
PAPAGENO
18 Jahr, und 2 Minuten?
WEIB
Ja!
PAPAGENO
Ha ha ha! - Ey du junger Engel! Hast du auch einen Geliebten?
WEIB
I freylich!
PAPAGENO
Ist er auch so jung wie du?
WEIB
Nicht gar, er ist um 10 Jahre älter. -
PAPAGENO
Um 10 Jahr ist er älter als du? - Das muß eine Liebe seyn! - Wie nennt sich denn dein Liebhaber?
WEIB
Papageno!
PAPAGENO
(erschrickt, Pause)
Papageno? - Wo ist er denn dieser Papageno?
WEIB
Da sitzt er mein Engel!
PAPAGENO
Ich wär dein Geliebter?
WEIB
Ja mein Engel!
PAPAGENO
(nimmt schnell das Wasser, und spritzt sie ins Gesicht)
Sag du mir, wie heisst du denn?
WEIB
Ich heiße -
(starker Donner, die Alte hinkt schnell ab)
PAPAGENO
O weh!
(Tamino steht auf, droht ihm mit dem Finger.)
PAPAGENO
Nun sprech ich kein Wort mehr!
Die drey Knaben kommen in einem mit Rosen bedeckten Flugwerk. In der Mitte steht ein schöner gedeckter Tisch. Der eine hat die Flöte, der andere das Kästchen mit Glöckchen.
[N. 16 - Terzett]
DIE DREY KNABEN
Seyd uns zum zweytenmal willkommen
ihr Männer in Sarastros Reich!
Er schickt, was man euch abgenommen,
die Flöte und die Glöckchen euch.
Wollt ihr die Speisen nicht verschmähen,
so esset, trinket froh davon!
Wenn wir zum drittenmal uns sehen,
ist Freude eures Muthes Lohn!
Tamino Muth! Nah ist das Ziel,
du Papageno, schweige still.
(Unter dem Terzett setzen sie den Tisch in die Mitte, und fliegen auf.)
Tamino, Papageno.
PAPAGENO
Tamino, wollen wir nicht speisen? - -
(Tamino bläst auf seiner Flöte.)
PAPAGENO
Blase du nur fort auf deiner Flöte, ich will meine Brocken blasen. - Herr Sarastro führt eine gute Küche. - Auf die Art, ja da will ich schon schweigen, wenn ich immer solche gute Bissen bekomme.
(er trinkt)
Nun will ich sehen, ob auch der Keller so gut bestellt ist. - Ha! - Das ist Götterwein! -
(die Flöte schweigt)
Pamina, Vorige.
PAMINA
(freudig)
Du hier? - Gütige Götter! Dank euch, daß ihr mich diesen Weg führtet. - Ich hörte deine Flöte - und so lief ich pfeilschnell dem Tone nach. - Aber du bist traurig? - Sprichst nicht eine Silbe mit deiner Pamina?
TAMINO
(seufzt)
Ah!
(winkt ihr fortzugehen)
PAMINA
Wie? ich soll dich meiden? liebst du mich nicht mehr?
TAMINO
(seufzt)
Ah!
(winkt wieder fort)
PAMINA
Ich soll fliehen, ohne zu wissen, warum. - Tamino, holder Jüngling! hab ich dich beleidigt? - O kränke mein Herz nicht noch mehr. - Bey dir such ich Trost - Hülfe - und du kannst mein liebevolles Herz noch mehr kränken? - Liebst du mich nicht mehr?
(Tamino seufzt)
PAMINA
Papageno, sage du mir, sag, was ist meinem Freund?
(Papageno hat einen Brocken in dem Mund, hält mit beyden Händen die Speisen zu, winkt fortzugehen.)
PAMINA
Wie? auch du? - Erkläre mir wenigstens die Ursache eures Stillschweigens. - -
PAPAGENO
St!
(er deutet ihr fortzugehen)
PAMINA
O das ist mehr als Kränkung - mehr als Tod!
(Pause.)
Liebster, einziger Tamino! -
[N. 17 - Arie]
PAMINA
Ach ich fühls, es ist verschwunden -
ewig hin der Liebe Glück!
Nimmer kommt ihr, Wonnestunden,
meinem Herzen mehr zurück.
Sieh Tamino, diese Thränen
fließen Trauter, dir allein.
Fühlst du nicht der Liebe Sehnen,
so wird Ruh im Tode seyn.
(ab)
Tamino, Papageno.
PAPAGENO
(ißt hastig)
Nicht wahr Tamino, ich kann auch schweigen, wenns seyn muß. - Ja, bey so einem Unternehmen da bin ich Mann.
(er trinkt)
Der Herr Koch, und der Herr Kellermeister sollen leben. -
(Dreymaliger Posaunenton.)
TAMINO
(winkt Papageno, daß er gehen soll.)
PAPAGENO
Gehe du nur voraus, ich komm schon nach.
TAMINO
(will ihn mit Gewalt fortführen.)
PAPAGENO
Der Stärkere bleibt da!
TAMINO
(droht ihm, und geht rechts ab; ist aber links gekommen.)
PAPAGENO
Jetzt will ich mirs erst recht wohl seyn lassen. - Da ich in meinem besten Appetit bin, soll ich gehen. - Das laß' ich wohl bleiben. - Ich gieng' jetzt nicht fort, und wenn Herr Sarastro seine sechs Löwen an mich spannte.
(die Löwen kommen heraus, er erschrickt)
PAPAGENO
O Barmherzigkeit, ihr gütigen Götter! - Tamino, rette mich! die Herrn Löwen machen eine Mahlzeit aus mir.
TAMINO
(bläst sein Flöte, kommt schnell zurück; die Löwen gehen hinein. Tamino winkt ihm.)
PAPAGENO
Ich gehe schon! heiß du mich einen Schelmen, wenn ich dir nicht in allem folge.
(Dreymaliger Posaunenton.)
PAPAGENO
Das geht uns an. - Wir kommen schon. - Aber hör einmal, Tamino, was wird denn noch alles mit uns werden?
TAMINO
(deutet gen Himmel.)
PAPAGENO
Die Götter soll ich fragen?
TAMINO
(deutet ja.)
PAPAGENO
Ja, die könnten uns freylich mehr sagen, als wir wissen!
(Dreymaliger Posaunenton.)
TAMINO
(reisst ihn min Gewalt fort.)
PAPAGENO
Eile nur nicht so, wir kommen noch immer zeitlich genug, um uns braten zu lassen.
(ab)
Das Theater verwandelt sich in das Gewölbe von Pyramiden. Sprecher und einige Priester. Zwey Priester tragen eine beleuchtete Pyramide auf den Schultern; jeder Priester hat eine transparente Pyramide in der Größe einer Laterne in der Hand.
[N. 18 - Chor der Priester]
CHOR
O Isis und Osiris, welche Wonne!
Die düstre Nacht verscheucht der Glanz der Sonne.
Bald fühlt der edle Jüngling neues Leben;
bald ist er unserm Dienste ganz gegeben.
Sein Geist ist kühn, sein Herz ist rein,
bald wird er unser würdig seyn.
Tamino, der hereingeführt wird. Vorige.
SARASTRO
Prinz, dein Betragen war bis hieher männlich und gelassen; nun hast du noch zwey gefährliche Wege zu wandern. - Schlägt dein Herz noch eben so warm für Pamina - und wünschest du einst als ein weiser Fürst zu regieren, so mögen die Götter dich ferner begleiten. - - Deine Hand - Man bringe Paminen!
(Eine Stille herrscht bey allen Priestern, Pamina wird mit eben diesem Sack, welcher die Eingeweihten bedeckt, hereingeführt, Sarastro löst die Bande am Sacke auf.)
PAMINA
Wo bin ich? - Welch eine fürchterliche Stille! - Saget, wo ist mein Jüngling? -
SARASTRO
Er wartet deiner, um dir das letzte Lebewohl zu sagen.
PAMINA
Das letzte Lebewohl! - wo ist er? - Führe mich zu ihm! -
SARASTRO
Hier! -
PAMINA
Tamino!
TAMINO
Zurück!
[N. 19 - Terzett]
Sarastro, Pamina, Tamino.
PAMINA
Soll ich dich, Theurer! nicht mehr seh'n?
SARASTRO
Ihr werdet froh euch wieder seh'n! -
PAMINA
Dein warten tödtliche Gefahren! -
Sarastro und Tamino.
Zusammen
SARASTRO
Die Götter mögen ihn bewahren! -
TAMINO
Die Götter mögen mich bewahren! -
PAMINA
Du wirst dem Tode nicht entgehen;
mir flüstert Ahndung dieses ein! -
Sarastro und Tamino.
Zusammen
SARASTRO
Der Götter Wille mag geschehen;
ihr Wink soll ihm Gesetze seyn! -
TAMINO
Der Götter Wille mag geschehen;
ihr Wink soll mir Gesetze seyn! -
PAMINA
O liebtest du, wie ich dich liebe,
du würdest nicht so ruhig seyn! -
Sarastro und Tamino.
Zusammen
SARASTRO
Glaub mir, er fühlet fühle gleiche Triebe,
wird' ewig dein Getreuer seyn!
TAMINO
Glaub mir, ich fühle gleiche Triebe,
werd' ewig dein Getreuer seyn!
SARASTRO
Die Stunde schlägt, nun müßt ihr scheiden;
Tamino muß nun wieder fort!
Tamino und Pamina.
Zusammen
TAMINO
Wie bitter sind der Trennung Leiden!
Pamina, ich muß wirklich fort!
PAMINA
Wie bitter sind der Trennung Leiden!
Tamino muß nun wirklich fort!
SARASTRO
Nun muß er fort!
TAMINO
Nun muß ich fort!
PAMINA
So mußt du fort! -
TAMINO
Pamina, lebe wohl!
PAMINA
Tamino, lebe wohl!
SARASTRO
Nun eile fort!
Dich ruft dein Wort.
SARASTRO UND TAMINO
Die Stunde schlägt; wir seh'n uns wieder! -
PAMINA
Ach, goldne Ruhe, kehre wieder!
(entfernen sich)
Papageno.
PAPAGENO
(von aussen)
Tamino! Tamino! willst du mich denn gänzlich verlassen?
PAPAGENO
(er sucht herein)
Wenn, ich nur wenigstens wüßte, wo ich wäre - Tamino! - Tamino! - So lang' ich lebe, bleib' ich nicht mehr von dir - - nur diessmal verlaß mich armen Reisgefährten nicht!
(er kommt an die Thüre, wo Tamino abgeführt worden ist.)
EINE STIMME
(ruft)
Zurück!
(Dann ein Donnerschlag, das Feuer schlägt zur Thüre heraus; starker Accord.)
PAPAGENO
Barmherzige Götter! - Wo wend' ich mich hin? - Wenn ich nur wüßte, wo ich herein kam.
(Er kommt an die Thüre, wo er herein kam.)
DIE STIMME
Zurück!
(Donner, Feuer, und Accord wie oben.)
PAPAGENO
Nun kann ich weder zurück, noch vorwärts!
(weint)
Muß vieleicht am Ende gar verhungern. - Schon recht! - Warum bin ich mitgereist.
Sprecher. (mit seiner Pyramide) Vorige.
SPRECHER
Mensch! du hättest verdient, auf immer in finstern Klüften der Erde zu wandern; - die gütigen Götter aber entlassen der Strafe dich. - Dafür aber wirst du das himmlische Vergnügen der Eingeweihten nie fühlen.
PAPAGENO
Je nun, es giebt ja noch mehr Leute meines Gleichen. - Mir wäre jetzt ein gut Glas Wein das größte Vergnügen.
SPRECHER
Sonst hast du keinen Wunsch in dieser Welt?
PAPAGENO
Bis jetzt nicht.
SPRECHER
Man wird dich damit bedienen!
(ab)
(Sogleich kommt ein großer Becher, mit rothem Wein angefüllt, aus der Erde.)
PAPAGENO
Juchhe! da ist er ja schon!
(trinkt)
Herrlich! - Himmlisch! - Göttlich! - Ha! ich bin jetzt so vergnügt, daß ich bis zur Sonne fliegen wollte, wenn ich Flügel hätte. - Ha! - mir wird ganz wunderlich ums Herz. - Ich möchte - ich wünschte - ja was denn?
(er schlägt dazu)
[N. 20 - Arie]
Ein Mädchen oder Weibchen
wünscht Papageno sich!
O so ein sanftes Täubchen
wär' Seligkeit für mich! -
Dann schmeckte mir Trinken und Essen;
dann könnt' ich mit Fürsten mich messen,
des Lebens als Weiser mich freu'n,
und wie im Elysium seyn.
Ein Mädchen oder Weibchen
wünscht Papageno sich!
O so ein sanftes Täubchen
war' Seeligkeit für mich! -
Ach kann ich denn keiner von allen
den reitzenden Mädchen gefallen?
Helf' eine mir nur aus der Noth,
sonst gräm' ich mich wahrlich zu Tod'.
Ein Mädchen oder Weibchen,
wünscht Papageno sich!
O so ein sanftes Täubchen
wär' Seligkeit für mich.
Wird keine mir Liebe gewähren,
so muß mich die Flamme verzehren!
Doch küßt mich ein weiblicher Mund,
so bin ich schon wieder gesund.
Die Alte (tanzend, und auf ihren Stock dabey sich stützend) Vorige.
WEIB
Da bin ich schon, mein Engel!
PAPAGENO
Du hast dich meiner erbarmt?
WEIB
Ja, mein Engel!
PAPAGENO
Das ist ein Glück!
WEIB
Und wenn du mir versprichst, mir ewig treu zu bleiben, dann sollst du sehen, wie zärtlich dein Weibchen dich lieben wird.
PAPAGENO
Ey du zärtliches Närrchen!
WEIB
O wie will ich dich umarmen, dich liebkosen, dich an mein Herz drücken!
PAPAGENO
Auch ans Herz drücken?
WEIB
Komm, reiche mir zum Pfand unsers Bundes deine Hand.
PAPAGENO
Nur nicht so hastig, lieber Engel! - So ein Bündniss braucht doch auch seine Überlegung.
WEIB
Papageno, ich rathe dir, zaudre nicht. - Deine Hand, oder du bist auf immer hier eingekerkert.
PAPAGENO
Eingekerkert?
WEIB
Wasser und Brod wird deine tägliche Kost seyn. - Ohne Freund, ohne Freundinn mußt du leben, und der Welt auf immer entsagen. -
PAPAGENO
Wasser trinken? - Der Welt entsagen? - Nein, da will ich doch lieber eine Alte nehmen, als gar keine. - Nun, da hast du meine Hand, mit der Versicherung, daß ich dir immer getreu bleibe,
(für sich)
so lang' ich keine schönere sehe.
WEIB
Das schwörst du?
PAPAGENO
Ja, das schwör' ich!
(Weib verwandelt sich in ein junges Weib, welche eben so gekleidet ist, wie Papageno.)
PAPAGENO
Pa - Pa - Papagena!
(er will sie umarmen)
Sprecher (nimmt sie hastig bey der Hand) Vorige.
SPRECHER
Fort mit dir, junges Weib! er ist deiner noch nicht würdig.
(er schleppt sie hinein, Papageno will nach)
Zurück, sag ich! oder zittre.
PAPAGENO
Eh' ich mich zurück ziehe, soll die Erde mich verschlingen.
(er sinkt hinab)
O ihr Götter!
Das Theater verwandelt sich in einen kurzen Garten, die drey Knaben fahren herunter.
[N. 21 - Finale]
DIE DREY KNABEN
Bald prangt, den Morgen zu verkünden,
die Sonn' auf goldner Bahn, -
bald soll der finstre Irrwahn schwinden,
bald siegt der weise Mann. -
O holde Ruhe, steig hernieder;
kehr in der Menschen Herzen wieder;
dann ist die Erd' ein Himmelreich,
und Sterbliche den Göttern gleich. -
ERSTER KNABE
Doch seht, Verzweiflung quält Paminen!
ZWEYTER KNABE UND DRITTER KNABE
Wo ist sie denn?
ERSTER KNABE
Sie ist von Sinnen!
ZWEYTER KNABE UND DRITTER KNABE
Sie quält verschmähter Liebe Leiden.
Laßt uns der Armen Trost bereiten!
Fürwahr, ihr Schicksal geht mir nah!
O wäre nur ihr Jüngling da! -
Sie kommt, laßt uns beyseite geh'n,
damit wir, was sie mache, seh'n.
(gehen beyseite)
Pamina halb wahnwitzig mit einem Dolch in der Hand. Vorige.
PAMINA
(zum Dolch)
Du also bist mein Bräutigam?
Durch dich vollend' ich meinen Gram. -
DIE DREY KNABEN
(beyseite)
Welch' dunkle Worte sprach sie da?
Die Arme ist dem Wahnsinn nah.
PAMINA
Geduld, mein Trauter! ich bin dein;
Bald werden wir vermählet seyn.
DIE DREY KNABEN
(beyseite)
Wahnsinn tobt ihr im Gehirne;
selbstmord steht auf ihrer Stirne.
(zu Paminen)
Holdes Mädchen, sieh uns an!
PAMINA
Sterben will ich, weil der Mann
den ich nimmermehr kann hassen,
Seine Traute kann verlassen.
(auf den Dolch zeigend)
Dies gab meine Mutter mir.
DIE DREY KNABEN
Selbstmord strafet Gott an dir.
PAMINA
Lieber durch dies Eisen sterben,
Als durch Liebesgram verderben.
Mutter, durch dich leide ich,
und dein Fluch verfolget mich.
DIE DREY KNABEN
Mädchen, willst du mit uns gehen?
PAMINA
Ja des Jammers Maas ist voll!
Falscher Jüngling, lebe wohl!
Sieh, Pamina stirbt durch dich;
dieses Eisen tödte mich.
(sie holt mit der Hand aus)
DIE DREY KNABEN
(halten ihr den Arm.)
Ha, Unglückliche! halt ein;
sollte dies dein Jüngling sehen,
würde er für Gram vergehen;
denn er liebet dich allein.
PAMINA
(erhohlt sich)
Was? Er fühlte Gegenliebe,
und verbarg mir seine Triebe;
wandte sein Gesicht von mir?
Warum sprach er nicht mit mir? -
DIE DREY KNABEN
Dieses müssen wir verschweigen!
Doch wir wollen dir ihn zeigen,
und du wirst mit Staunen seh'n,
daß er dir sein Herz geweiht,
und den Tod für dich nicht scheut.
Pamina und Die drey Knaben.
Zusammen
PAMINA
Führt mich hin, ich möcht ihn seh'n.
DIE DREY KNABEN
Komm, wir wollen zu ihm geh'n.
PAMINA UND DIE DREY KNABEN
Zwey Herzen, die von Liebe brennen,
kann Menschenohnmacht niemahls trennen.
Verloren ist der Feinde Müh;
die Götter selbsten schützen sie.
(gehen ab)
Das Theater verwandelt sich in zwey große Berge; in dem einen ist ein Wasserfall, worin man sausen und brausen hört; der andre speyt Feuer aus; jeder Berg hat ein durchbrochenes Gegitter, worin man Feuer und Wasser sieht; da, wo das Feuer brennt, muss der Horizont hellroth seyn, und wo das Wasser ist, liegt schwarzer Nebel. Die Scenen sind Felsen, jede Scene schließt sich mit einer eisernen Thüre. Tamino ist leicht angezogen ohne Sandalien. Zwey schwarz geharnischte Männer führen Tamino herein. Auf ihren Helmen brennt Feuer, sie lesen ihm die transparente Schrift vor, welche auf einer Pyramide geschrieben steht. Diese Pyramide steht in der Mitte ganz in der Höhe nahe am Gegitter.
Tamino ist leicht angezogen, ohne Sandalen. Zwey schwartz Geharnischte Männer führen Tamino herein. Auf ihren Helmen brennt Feuer. Sie lesen ihm die transparente Schrift vor, welche auf einer Pyramide geschrieben steht. Diese Pyramide steht in der Mitte ganz in der Höhe, nahe am Gegitter.
ZWEY MÄNNER
Der, welcher wandert diese Straße voll Beschwerden,
wird rein durch Feuer, Wasser, Luft und Erden;
wenn er des Todes Schrecken überwinden kann,
schwingt er sich aus der Erde Himmel an. -
Erleuchtet wird er dann im Stande seyn,
sich den Mysterien der Isis ganz zu weih'n.
TAMINO
Mich schreckt kein Tod, als Mann zu handeln, -
Den Weg der Tugend fort zu wandeln.
Schließt mir des Schreckens Pforten auf!
PAMINA
(von innen)
Tamino, halt, ich muß dich seh'n.
Tamino und Die Geharnischten.
Zusammen
TAMINO
Was höre ich, Paminens Stimme?
Ja, ja, das ist Paminens Stimme!
Wohl mir nun kann sie mit mir gehn.
Nun trennet uns kein Schicksal mehr,
wenn auch der Tod beschieden wär.
DIE GEHARNISCHTEN
Was höre ich, Paminens Stimme?
Ja, ja, das ist Paminens Stimme!
Wohl dir nun kann sie mit dir gehn.
Nun trennet euch kein Schicksal mehr,
wenn auch der Tod beschieden wär.
TAMINO
Ist mir erlaubt, mit ihr zu sprechen?
GEHARNISCHTE
Dir sey erlaubt, mit ihr zu sprechen.
Tamino und Die Geharnischten
Zusammen
TAMINO
Welch Glück, wenn wir uns wieder seh'n,
froh Hand in Hand in Tempel geh'n.
Ein Weib, das Nacht und Tod nicht scheut,
ist würdig, und wird eingeweiht.
DIE GEHARNISCHTEN
Welch Glück, wenn wir euch wieder seh'n,
froh Hand in Hand in Tempel geh'n.
Ein Weib, das Nacht und Tod nicht scheut,
ist würdig, und wird eingeweiht.
(Die Thüre wird aufgemacht; Tamino, Pamina umarmen sich.)
PAMINA
Tamino mein! O welch ein Glück!
TAMINO
Pamina mein! O welch ein Glück!
Hier sind die Schreckenspforten,
die Noth und Tod mir dräun.
PAMINA
Ich werde aller Orten
an deiner Seite seyn.
Ich selbsten führe dich;
die Liebe leite mich!
(nimmt ihn bey der Hand)
Sie mag den Weg mit Rosen streu'n,
weil Rosen stets bey Dornen seyn.
Spiel du die Zauberflöte an;
sie schütze uns auf unsrer Bahn;
es schnitt in einer Zauberstunde
mein Vater sie aus tiefstem Grunde
der tausendjähr'gen Eiche aus
bey Blitz und Donner, Sturm und Braus.
Tamino und Pamina.
Zusammen
TAMINO
Nun komm, ich spiel' die Flöte an.
PAMINA
Nun komm, und spiel' die Flöte an.
Tamino und Pamina, Zwey Geharnischte.
Zusammen
TAMINO UND PAMINA
Sie leitet uns auf grauser Bahn.
Wir wandeln durch des Tones Macht
froh durch des Todes düstre Nacht.
ZWEY GEHARNISCHTE
Sie leitet euch auf grauser Bahn.
Ihr wandelt durch des Tones Macht
froh durch des Todes düstre Nacht.
(Die Thüren werden nach ihnen zugeschlagen; man sieht Tamino und Pamina wandern; man hört Feuergeprassel, und Windegeheul, manchmal den Ton eines dumpfen Donners, und Wassergeräusch. Tamino bläst seine Flöte; gedämpfte Paucken accompagniren manchmal darunter. Sobald sie vom Feuer heraus kommen, umarmen sie sich, und bleiben in der Mitte.)
PAMINA
Wir wandelten durch Feuergluthen,
bekämpften muthig die Gefahr,
(zu Tamino)
dein Ton sey Schutz in Wasserfluthen,
so wie er es im Feuer war.
(Tamino bläst; man sieht sie hinunter steigen, und nach einiger Zeit wieder herauf kommen; sogleich öffnet sich eine Thüre; man sieht einen Eingang in einen Tempel, welcher hell beleuchtet ist. Eine feyerliche Stille. Dieser Anblick muß den vollkommensten Glanz darstellen. Sogleich fällt der Chor unter Trompeten und Paucken ein. Zuvor aber)
TAMINO UND PAMINA
Ihr Götter, welch ein Augenblick!
Gewähret ist uns Isis Glück.
CHOR
Triumph, Triumph! du edles Paar!
Besieget hast du die Gefahr!
Der Isis Weihe ist nun dein!
Kommt, tretet in den Tempel ein!
(alle ab)
Das Theater verwandelt sich wieder in vorigen Garten.
PAPAGENO
(ruft mit seinem Pfeifchen)
Papagena! Papagena! Papagena!
Weibchen! Täubchen! meine Schöne!
Vergebens! Ach sie ist verloren!
Ich bin zum Unglück schon geboren.
Ich plauderte, - und das war schlecht,
darum geschieht es mir schon recht.
Seit ich gekostet diesen Wein -
seit ich das schöne Weibchen sah -
so brennts im Herzenskämmerlein,
so zwickt es hier, so zwickt es da.
Papagena! Herzenstäubchen!
Papagena! liebes Weibchen!
'S ist umsonst! Es ist vergebens'
müde bin ich meines Lebens!
Sterben macht der Lieb' ein End
wenns im Herzen noch so brennt.
(nimmt einen Strick von seiner Mitte)
Diesen Baum da will ich zieren,
mir an ihm den Hals zuschnüren,
weil das Leben mir missfällt.
Gute Nacht, du schwarze Welt!
Weil du böse an mir handelst,
mir kein schönes Kind zubandelst,
so ists aus, so sterbe ich:
schöne Mädchen, denkt an mich.
Will sich eine um mich Armen,
eh' ich hänge, noch erbarmen,
wohl, so lass ichs diesmal seyn!
Rufet nur - ja, oder nein! -
Keine hört mich; alles stille!
(sieht sich um)
Also ist es euer Wille?
Papageno, frisch hinauf!
Ende deinen Lebenslauf.
(sieht sich um)
Nun ich warte noch; es sey!
Bis man zählt: eins, zwey, drey!
(pfeift)
Eins!
(sieht sich um, pfeift)
Zwey!
(sieht sich um)
Zwey ist schon vorbey!
(pfeift)
Drey!
(sieht sich um)
Nun wohlan, es bleibt dabey,
weil mich nichts zurücke hält!
Gute Nacht, du falsche Welt!
(will sich hängen)
DIE DREY KNABEN
(fahren herunter)
Halt ein, o Papageno! und sey klug.
Man lebt nur einmal, dies sey dir genug.
PAPAGENO
Ihr habt gut reden, habt gut scherzen;
doch brennt' es euch, wie mich im Herzen,
ihr würdet auch nach Mädchen geh'n.
DIE DREY KNABEN
So lasse deine Glöckchen klingen;
dies wird dein Weibchen zu dir bringen.
PAPAGENO
Ich Narr vergaß der Zauberdinge.
Erklinge Glockenspiel, erklinge!
Ich muß mein liebes Mädchen sehn.
Klinget, Glöckchen, klinget!
Schafft mein Mädchen her!
Klinget, Glöckchen, klinget!
Bringt mein Weibchen her!
(Unter diesem Schlagen laufen Die drey Knaben zu ihrem Flugwerk, und bringen das Weibheraus.)
DIE DREY KNABEN
Komm her, du holdes, liebes Weibchen!
Dem Mann sollst du dein Herzchen weihn!
Er wird dich lieben, süsses Weibchen,
Dein Vater, Freund, und Bruder seyn!
Sey dieses Mannes Eigenthum!
(im Auffahren)
Nun, Papageno, sieh dich um!
(Papageno sieht sich um; beyde haben unter dem Ritornell komisches Spiel.)
Duetto.
PAPAGENO
Pa - Pa - Pa - Pa - Pa - Pa - Papagena!
WEIB
Pa - Pa - Pa - Pa - Pa - Pa - Papageno.
Zusammen
PAPAGENO
Pa - Pa - Pa - Pa - Pa - Pa - Papagena!
WEIB
Pa - Pa - Pa - Pa - Pa - Pa - Papageno!
PAPAGENO
Bist du mir nun ganz gegeben?
WEIB
Nun bin ich dir ganz gegeben.
PAPAGENO
Nun so sey mein liebes Weibchen!
WEIB
Nun so sey mein Herzenstäubchen!
WEIB UND PAPAGENO
Welche Freude wird das seyn,
wenn die Götter uns bedenken,
unsrer Liebe Kinder schenken,
so liebe kleine Kinderlein.
PAPAGENO
Erst einen kleinen Papageno.
WEIB
Dann eine kleine Papagena.
PAPAGENO
Dann wieder einen Papageno.
WEIB
Dann wieder eine Papagena.
PAPAGENO UND WEIB
Es ist das höchste der Gefühle,
wenn viele, viele, viele, viele,
pa, pa, pa, pa, pa, pa, geno
pa, pa, pa, pa, pa, pa, gena
der Segen froher Eltern seyn;
wenn dann die kleinen um sie spielen,
die Eltern gleiche Freude fühlen,
sich ihres Ebenbildes freun.
O welch ein Glück kann grösser seyn?
(Beyde ab.)
Der Mohr, die Königinn mit allen ihren Damen, kommen von beyden Versenkungen; sie tragen schwarze Fackeln in der Hand.
MONOSTATOS
Nur stille! stille! stille! stille!
Bald dringen wir in Tempel ein.
KÖNIGINN, DAMEN
Nur stille! stille! stille! stille!
Bald dringen wir in Tempel ein.
MONOSTATOS
Doch, Fürstinn, halte Wort! - Erfülle -
dein Kind muss meine Gattinn seyn.
KÖNIGINN
Ich halte Wort; es ist mein Wille.
Alle Weiber.
Zusammen
KÖNIGINN
Mein Kind soll deine Gattin seyn.
DAMEN
Ihr Kind soll deine Gattin seyn.
(Man hört dumpfen Donner, Geräusch von Wasser.)
MONOSTATOS
Doch still, ich höre schrecklich rauschen,
wie Donnerton und Wasserfall.
KÖNIGINN, DAMEN
Ja, fürchterlich ist dieses Rauschen,
wie fernen Donners Wiederhall.
MONOSTATOS
Nun sind sie in des Tempels Hallen.
ALLE
Dort wollen wir sie überfallen, -
die Frömmler tilgen von der Erd
mit Feuersgluth und mächt'gem Schwert.
Dir, große Königinn der Nacht,
sey unsrer Rache Opfer gebracht.
Man hört den stärksten Accord, Donner, Blitz, Sturm. Sogleich verwandelt sich das ganze Theater in eine Sonne.
Sarastro steht erhöht; Tamino, Pamina, beyde in priesterlicher Kleidung. Neben ihnen die ägyptischen Priester auf beyden Seiten. Die drey Knaben halten Blumen.
MONOSTATOS, KÖNIGINN
Zerschmettert, zernichtet ist unsere Macht,
wir alle gestürzet in ewige Nacht.
(sie versinken)
SARASTRO
Die Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht,
zernichten der Heuchler erschlichene Macht.
CHOR VON PRIESTERN
Heil sey euch Geweihten! Ihr drangt durch die Nacht,
dank sey dir, Osiris und Isis, gebracht!
Es siegte die Stärke, und krönet zum Lohn
die Schönheit und Weisheit mit ewiger Kron'.
Ende.
Ende.
Generazione pagina: 04/06/2017
Pagina: ridotto, rid
Versione H: 3.00.40
(D)